Man Down
Mich trifft keine Schuld. Die Firma trifft keine Schuld. Es ist dein Bier!“
Er sah mich an. Völlig irr. Diese roten Augen. Völlig irr.
„Leck mich am Arsch“, sagte ich und schüttelte den Kopf. „Du bist n Verräter.“
„NEIN, NEIN! “, schrie er, und seine Stimme überschlug sich. „Du bist der Verräter, Samweber. Lass die Finger vom Meyer. Der gibt uns Arbeit. Ich brauch die Arbeit. Der hat jetzt keinen Cent zu verschenken. Da geht es um unser Überleben, verstehst du?“
„Los, verschwinde.“
Armin machte einen Schritt zurück. Dann stieß er mit dem rechten Bein heftig gegen die Tür. „Soll ich dir was verraten? Dein Anwalt, dieser Rensing, und unser Meyer, das sind Golffreunde. Was glaubst du, was die beiden ausgeschnapst haben? Was glaubst du, wie die über dich gelacht haben! Der Meyer hat uns erzählt, du hättest bei dem Rensing so rumgesponnen, dass er schon nach den Herren mit der Zwangsjacke rufen wollte. Der hat dich ja nur nicht rausgeworfen, weil du mit seiner Tippse befreundet bist und er scharf ist auf die Braut. Auf jeden Fall hätten deine Aussagen beim Rensing Meyer geholfen, keinen Fehler zu machen. Du Depp hast dir dein eigenes Grab geschaufelt und es nicht mal bemerkt.“
Er hatte Ringe unter den Augen.
Zu viel Red Bull.
22 Jahre und Ringe unter den Augen.
Wegen der Überstunden. Wegen dem schreienden Baby zu Hause, mit dem seine Alte nicht fertig wird. Wegen den vielen Nächten in den Discos und den Quickies mit den anderen Weibern.
„Der Meyer spielt Golf mit dem Rensing? Der trampelt dem Wenzel doch auf seine weißen Schuhe!“
„Das sind Spezis, hat er uns selbst erzählt, der Meyer. Ganz dicke Freunde sind das.“
Ich ließ mir die Enttäuschung nicht anmerken.
„Was hast du eigentlich mit den scheiß Nazis zu tun, Armin?“
„Du ziehst mit dem Türken um die Ecke, ich mit den Rechten. Jeder, wie er mag.“
„Arbeitet Emre nicht mehr bei euch?“
„Mir sind die Türken egal, Samweber. Wenn sie mich in Frieden lassen, sind die mir scheißegal. Aber die meisten von denen, die wollen’s halt wissen.“
„Was wollen sie wissen?“
„Die führen sich hier auf wie die Chefs, nehmen uns die Arbeit weg, ficken unsere Frauen, kriegen das Geld vom Staat in den Arsch geschoben, die kriegen ne Wohnung, bevor unsereins eine kriegt. Die bauen hier Moscheen, größer als unsere Kirchen. Die melden sich arbeitslos und arbeiten schwarz.“
„Hast du das auswendig gelernt?“
„Ich hab das mitbekommen, Kai. Ich krieg das jeden Tag aufs Neue mit.“
Ich schlug die Tür zu. Er hämmerte mit den Fäusten und Schuhen dagegen. Ich dachte, der zerschlägt sie mit seinen fetten Pratzen. Als der Kerl nicht aufhörte, riss ich die Tür auf und Gasteiger kam reingeflogen. Er hatte versucht, mit Anlauf die Türe einzutreten. Er landete auf allen vieren. Ich gab ihm zwei kräftige Fußtritte in die Leber, sodass er zur Seite rollte, aber ich trug keine Schuhe und die Tritte waren zu schwach, um ihn außer Gefecht zu setzen, also warf ich mich auf ihn, aber er war stärker, ich war nur n Gummiball für ihn, er schleuderte mich gegen die Wand, zog ein Messer und hockte schon auf meinem Brustkorb.
„Na, du kleiner Jud“, lachte er böse. „Kleiner Jud, was machst du jetzt? Alle ficken dich, kleiner Jud!“
„Mann, bist du krank.“
„Alle ficken dich. Der Rensing, der Meyer, sogar ich! ALLE FICKEN DICH!“
„Dir haben sie ins Hirn geschissen, Armin. Was ist aus dir geworden?“
Meine ganze Wohnung füllte sich mit seinem Lachen. „Kleiner Jud! Du bist doch nur n kleiner Jud!“
Er fuchtelte mit der Klinge vor meinem Gesicht, ich konnte den Arm nur mit größter Kraftanstrengung fernhalten.
„JUD! JUD! JUD!“ Er konnte seine Hand losreißen und fing an, wie wild das Messer in den Boden zu hauen. Immer knapp an meinem Kopf vorbei. Ich dachte mir, der bringt mich um. Ich dachte wirklich, der sticht mich ab. Einmal riss ich den Kopf zur Seite, und er erwischte mich. Ich spürte erst nur einen stechenden Schmerz an meinem Ohr, dann sah ich das Blut und ein Fetzen Fleisch an dem Messer. Er steckte die Klinge in den Mund, leckte sie ab und spuckte mir das Zeug ins Gesicht. Der Typ war ja noch irrer als ich. Er schwitzte und hielt mit zitternder Hand das Messer über meinem Gesicht.
Zu viel Wodka-Red Bull.
Er starrte mich an.
Zu viel Überstunden.
„Wenn du frech wirst, hol ich mir deine Augen, kleiner Jud“, sagte er und ich wehrte mich nicht mehr, als die
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