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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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ist noch ganz frisch.“
    „Ich will wissen, warum du im Knast warst.“
    „Was ist mit deinem Ohr? Hat da Mike Tyson dran geknabbert? Oder hast du so wenig zu essen, dass du dich jetzt selber frisst?“
    „Warum warst du im Knast, Shane?“
    „Ich hab mit David n Auto geknackt, so nen richtig geilen Alfa. Wir waren blau, der Besitzer war nüchtern. Der tauchte aus dem Nichts auf und wollte uns die Karre nicht überlassen. Ich hab ihm eins mit dem Knie in’ Bauch gegeben, vielleicht ein bisschen zu heftig. Ist irgendwas geplatzt da drin, war nicht schlimm, war echt nicht schlimm, aber der Richter war anderer Meinung. David und ich, wir haben uns die Zeit im Bau geteilt. Er hat mich nicht verraten.“
    „Ich kann nicht glauben, dass Marion so nen Assi als Bruder hat.“
    „Die hat’s doch selber faustdick hinter den Ohren.“
    „Was soll das heißen?“
    „ …“
    „Was ist mit Marion?“
    „Die kommt aus nem Haus, da ist alles schief gelaufen, was schief laufen konnte.“
    „Wer von uns tut das nicht?“
    „David hat mir im Knast Geschichten von ihr erzählt, die waren reinster Porno.“
    „Mich interessiert kein alter Kram. Mich interessiert, was jetzt läuft.“
    „Als Marion 14 war, hat sie es mit drei Klassenkameraden …“
    „Ich will keine alten Geschichten hören!“
    „… in der Umkleidekabine des Turnsaals …“
    „Leck mich“, sagte ich und legte mir die Hände auf die Ohren, aber Shane brüllte so laut, dass ich jedes Wort verstand:
    „… gleichzeitig! Dann platzte der Hausmeister rein, vertrieb die drei, weil er dachte, das wär ne Vergewaltigung – und was macht die Kleine? Was macht die?“
    „LECK MICH!“
    Shane ging zum Fenster und versuchte es zu kippen.
    „Das Fenster ist kaputt“, sagte ich.
    „Wie alles hier.“
    „Ich zahl nicht die volle Miete.“
    „Hier würde ich nicht einmal umsonst wohnen. Die Wände schimmeln.“
    Shane sprang zu meiner Matratze, hob die Decke. „Sogar die Matratze schimmelt.“
    „Willst du ein Bier?“
    „Du brauchst endlich eine neue Wohnung. Das ist doch kein Leben hier!“
    „Bier?“
    „Es ist nicht mal 10.“
    „Es ist nie zu früh.“
    „Lass uns lieber was rauchen.“
    „Ich trink n Bier.“
    „Hier stinkt’s“, sagte Shane und sah zum Fenster raus.
    „Das sind die Nazis über mir.“
    „Nein, das kommt von der Brauerei dort drüben! Wenn du da vorbeigehst, hast du immer den seltsamen Geruch in der Nase.“
    „Bier stinkt nicht. Die Nazis stinken.“
    Shane fing an, meine Bücher durchzustöbern, die in unzähligen Stapeln dalagen, viele von ihnen verstaubt und vergilbt. „Warum schmeißt du die Staubfänger nicht endlich weg?“
    „Erinnern mich an bessere Zeiten.“
    Shane nahm ein Buch und las den Text auf dem Umschlag.
    „Langweilig“, sagte er.
    Er nahm ein anderes Buch.
    „Die haben ja alle einen Stempel der Bücherei!“
    „Die verkaufen die Dinger um einen Euro, wenn sie zu alt und verdreckt sind.“
    „Die hast du geklaut.“
    „Ich heiße nicht Shane.“
    Während Shane in Pascals Pensées blätterte und gähnte, ging ich zum Kühlschrank und holte ein Bier. Ich öffnete die Flasche und trank. Es schmeckte nach Blut, nach schwarzem Blut, nach meinem eigenen Blut.
    „Was läuft jetzt mit dir und Burcak?“
    „Wenn ich das wüsste.“
    „Verknallt?“
    „ …“
    „Du bist verknallt in sie.“
    „Ich weiß nicht.“
    „Und der Arsch stört nicht mehr?“
    „Was sie mit dem anstellt, ist gar nicht so übel.“
    Shane lehnte sich mit dem Rücken an die Wand, machte aber sofort wieder einen Schritt nach vorne. Er berührte mit seiner rechten Hand die schimmligen Flecken. Er betrachtete die Flecken an der Decke und schüttelte den Kopf. „Was würdest du tun, wenn dir ein Orakel sagen würde, dass du für den Rest deines Lebens so hausen müsstest?“
    „Ich würde dem Orakel den Arsch versohlen.“
    „Was, wenn du hier niemals rauskommst? Wenn du dein Leben so verbringen müsstest. In so nem Dreckloch. Ohne Möbel. Ohne Küche. Ohne funktionierende Heizung. Ohne Internet und ohne Fernseher. Mit nem kaputten Boiler und Nazis über dir.“
    „Wenn ich die Schulden los bin, bin ich glücklich, Shane. Wenn das vorbei ist, dann fang ich nochmals von vorne an. Dann nehm ich mit Marion ne Wohnung, dann ist der Albtraum vorbei.“
    „Wie ernst ist das mit der Kleinen?“
    „Bei mir ist’s immer ernst.“
    „Genau das ist dein Fehler, Babyface.“
    Ich nahm meine Halskette in den Mund und kaute

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