Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
Vom Netzwerk:
Messerspitze näher kam, ich schloss die Augen und tappte mit der linken Hand nach meinem Eisen.
    Ein Baby, das schreit und schreit, jede Nacht, und eine Freundin, die nur rauchend und zugedröhnt vor der Glotze und dem PC hockt und nicht weiß, was tun. Die keine Kraft hat, diesen Scheißkerl von Mann zu verlassen.
    Shane hatte mir in all den Jahren so viel erzählt von dem Lucky Punch, von dem Glückstreffer, der dem Schwachen gegen den Starken gelingt in einer schier aussichtslosen Position. Der Lucky Punch gelingt nur dem, der daran glaubt, hat er mir immer gepredigt. Nur dem, der dranbleibt, der die Fäuste oben behält.
    Nur dem.
    „Verpiss dich!“, schrie ich und drückte ihm das Eisen in die Brust.
    Gasteiger war so verdattert, dass er erst gar nicht reagieren konnte. Er glotzte nur auf das Eisen.
    „Ich knall dich ab.“
    „ …“
    „Ich schwör! Ich knall dich ab.“
    „Du? Du knallst mich ab?“
    „Ich sag, du bist mit nem Messer aufgetaucht und hast mich überfallen. Ich knall dich ab und keiner wird mich verurteilen. Das ist Notwehr!“
    „Der kleine Jud will mich abknallen. Dazu ist er nicht fähig.“
    „Steh auf, sofort, oder ich bring dich um.“
    „Du warst doch immer n Luschi, wo hast du das Ding her? Bestimmt von dem Kanaken.“
    „Ich zähl bis fünf.“
    „Du drückst nicht ab. Niemals“, sagte Armin, trotzdem klappte er das Messer zu, steckte es weg und stand auf. Ich lag immer noch auf dem Boden. Er blickte auf mich runter. „Du lebst wie ne Ratte, Samweber. Sieh dich doch um! Sieh dich doch an! Ich würde mich schämen.“
    Armin klopfte sich den Staub von den Jeans und stiefelte seelenruhig zur Tür. Ich sprang auf, er drehte sich um. Ich stand da, mit dem Eisen in der Hand, und dann drückte ich ab, einmal, zweimal, dreimal, aber nichts geschah. Ich schrie nur, und mein Schreien war unmenschlich, und der Gasteiger riss die Tür auf und rannte davon.
    Ich griff an mein Ohr, meine Hand war voller Blut, aber ich spürte keinen Schmerz. Ich schloss die Tür, nahm mein Handy, ging zum Fenster und wartete, bis der Hurensohn draußen die Straße überquerte. Keine Ahnung, ob er mich sehen konnte, jedenfalls drehte er sich noch einmal um und sah hoch zu meinem Fenster.
    Als Burcak in Rensings Büro abnahm, verstellte ich meine Stimme. „Könnte ich bitte mit Dr. Rensing sprechen? … Es ist dringend! … Danke! … Rensing? Rensing! Hier spricht Kai Samweber. Hören Sie mir gut zu, Sie Pfeife! Sie kennen den Deckerfritz ja doch! Sie haben mir doch … Hallo?! … HALLO?! RENSING?!“
    Der hatte einfach aufgelegt, der Schweinehund. Ich warf das Handy auf meine Matratze, nahm mein Feuerzeug und fackelte das Holzkreuz an der Wand ab. Aber Jesus wollte nicht brennen. Das Kreuz wurde schwarz, aber Jesus blieb weiß. Die Flamme konnte ihm nichts anhaben. Der Jesus am Kreuz war aus Plastik.
    Ich legte mich auf meine Matratze, öffnete die Wodkaflasche und trank daraus. In einer Viertelstunde soff ich die halbe Flasche. Ich kippte etwas Wodka über mein verletztes Ohr, und der Schmerz ließ mich aufjaulen. Und obwohl ich dachte, die Bande wäre mit Mann und Maus verschwunden, dröhnte von oben schon wieder diese Nazischeiße aus den Boxen.
    Wir sind arisch, wir sind die Herrenrasse.
    ***
    Ich wachte auf, kaputt im Schädel, kaputt im Herzen, wusste nicht, wo und wer ich war. Wusste nur, dass ich so nicht weitermachen konnte, aber genau so weitermachen würde. Nur langsam kam die Erinnerung, kam mein Leben zurück. Morgen würde ich in die Schweiz fahren. Morgen würde ich wieder einen Dealer in St. Gallen treffen und die ganze Hinfahrt über beten, der Mann mit der Laptoptasche am Bahnhof würde nicht Abdelkader sein. Und wenn ich in München die Tasche vor Rugby auf den Boden stelle, dann würde das Heim für mich leer sein, denn Marion wäre nicht dort.
    „Woher kennst du Marion?“, fragte ich Shane, den ich irgendwo in der Wohnung vermutete, weil es nach Zigarettenrauch und Duschgel stank. Ich hörte die Klospülung, die Tür ging auf und Shane kam heraus.
    „Der verdammte Boiler erschlägt dich noch“, sagte er.
    „Woher kennst du Marion?“
    „Lass den Boiler reparieren!“
    „Woher kennst du sie?“
    „Ich kenne sie nicht.“
    „Leck mich.“
    „Ich kenn sie nur flüchtig, Ehrenwort!“
    „Ach, leck mich, Shane.“
    „Ich kenne ihren Bruder, David.“
    „Du warst mit ihm im Knast?“
    „Woher kommt das Blut?“
    „Warum warst du im Knast?“
    „Da klebt Blut, Kai. Das

Weitere Kostenlose Bücher