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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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Verstand.
    Ich hatte noch vier Fahrten in die Schweiz, aber ich wusste nicht, wie ich die jetzt noch schaffen sollte. Wie ich jemals wieder das Heim betreten sollte. Ja, ich hatte Angst vor dem, was jetzt kommen würde. Meine Gefühle waren so viel mächtiger als ich. Ich war ihnen ausgeliefert. Sie würden mich zerreißen.
    Es war nur eine Frage der Zeit.
    Egal, was ich jetzt noch tun würde. Wohin ich laufen würde. Wie sehr ich kämpfen, schreien, heulen würde. Das, was jetzt kam, würde mehr weh tun als die gebrochenen Knochen und geprellten Rippen nach dem Sturz vom Dach. Schmerzhafter sein als der kaputte Rücken oder die Tritte und Schläge der vermummten Typen.
    Von der Stunde an, als ich erfahren hatte, dass Marion überlebt hatte, schmiss ich mir nichts mehr ein, ich soff nicht mehr, aß nichts mehr, trank nur mehr unzählige Espressos am Tag, schüttete Unmengen von billigem Kaffeepulver in heißes Wasser. Die ersten Tage waren hart, aber irgendwann fühlte es sich gut an. Ich war gar nicht richtig bei mir, aber es fühlte sich anders an als das Weggetretensein, wenn ich zugedröhnt war.
    Ich fuhr auch in dieser Woche nicht in die Schweiz. Ich schloss mich in der Bude ein und fuhr nicht in die verdammte Schweiz. Ich saß auf der Matratze, das Eisen in meiner Hand.
    Sollten sie doch kommen.
    Ich wartete auf sie.
    Mit dem Eisen in der Hand. Wartete ich auf sie.
    Ich wollte die schimmligen Wände mit ihrem Blut bemalen.
    Shane rief mich mehrmals an, und als ich schließlich abnahm, sagte er kein Wort.
    „Shane?“
    „ …“
    „Shane … Ich bin krank, Shane.“
    „ …“
    „Scheiße, ich schwör. Ich bin krank.“
    „Was du nicht sagst“, sagte er, und seine Stimme machte mir Angst. Sie klang so kalt und monoton. Wie von nem verdammten Psychokiller in nem Computerspiel.
    „Ich konnte nicht fahren. Und wenn mich deine Brüder jetzt kaputt machen wollen, sollen sie kommen. Ich habe keine Angst.“
    „Die Marokkaner sind verdammt sauer. Die brauchen unsere Kohle, verstehst du? Verkaufen die ihre Ware nicht, haben ihre Familien nichts zu fressen.“
    „Mir geht’s dreckig, Shane.“
    „Warum hast du mich nicht angerufen?“
    „Ich habe Fieber, Shane. Hohes Fieber. Ich seh Englein fliegen.“
    „Fuck.“
    „Ich krepier, Shane, ich schwör.“
    „Ich komm vorbei.“
    „Nein.“
    „Klar komm ich vorbei.“
    „Ich möchte alleine sein und schlafen.“
    „Scheiße, wie hoch ist denn das Fieber?“
    „Hoch, Shane, verdammt hoch.“
    „39? 40?“
    „Was weiß ich? Denkst du, ich schieb mir nen Fiebermesser in’ Arsch?“
    „Soll ich nicht doch vorbeikommen?“
    „Von dir lass ich mir schon gar nichts in’ Arsch schieben.“
    „Hast du Aspirin?“
    „Ich habe Schmerztabletten, da kann sich ne ganze Armee ins Jenseits beamen.“
    Ich hörte Shane atmen und schmatzen. Er sagte nichts mehr. Ich auch nicht. Wir schwiegen ne ganze Weile. Dann meinte er: „Nächste Woche ist das große Heimfest.“
    „Nächste Woche fahre ich nach Innsbruck.“
    „Wann?“
    „Donnerstag.“
    „Das Fest ist Mittwoch. Da brauch ich dich, Kai. Da kannst du nicht schon wieder blau machen. Außerdem wird das die Nacht der Nächte, das darfst du nicht verpassen.“
    „Ich werde nicht blau machen.“
    „Da kommen viermal so viele Leute wie sonst. Du kannst dir denken, was das heißt.“
    „Viermal so viel Drogen?“
    „Das wird deine letzte Fahrt werden, Kai. Nur noch nächste Woche, dann hast du’s geschafft.“
    „Scheiße“, sagte ich und mein Herz schlug ganz fest bei dem Gedanken. „Das wär geil, Shane. Wenn die Kacke vorbei wär. Das wär echt geil.“
    Am fünften Tag schrieb Marion mir eine SMS . warum verschwindest du immer wieder aus meinem leben? ich muss dich immer suchen. du bist doch der einzige mensch auf dieser welt, den ich lieben kann.
    Für einen Augenblick durchströmte mich ein Gefühl von absolutem Glück, ich bildete mir ein, alles wäre bloß ein Traum gewesen. Marion war nicht Michelle . Marion war niemals in Shanes Wohnung gewesen. Shane würde mich doch niemals so hintergehen. Marion würde mich doch niemals so betrügen.
    Und für einen kurzen, unwirklichen Moment erweckte mich die SMS wieder zum Leben. Die Verzweiflung und der Schmerz, die sich so schwer auf mich gelegt hatten, waren verschwunden. Noch eine Fahrt und ich war meine Schulden los. Noch eine Fahrt. Nur noch eine einzige Fahrt. Und ich war aus dem Schneider.
    ***
    Shane und ich verabredeten uns für den nächsten

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