Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
Vom Netzwerk:
schneller Blick auf Kummer, die war- tend in meiner Hand lag. Nee. Ich brauche eine heftige, treffsichere Waffe, und das sofort!

    Da! Auf dem Boden, wo Vayl sie fallen gelassen hatte, lag die Armbrust, die Pengfei getötet hatte, so als wartete sie nur auf diesen Moment. Auf mich.
    Ich steckte Kummer weg und griff nach der Armbrust. Als ich sie mir geschnappt hatte, rannte ich auf Lung und Vayl zu. Sie kämpften immer noch, schon halb im lehmi- gen Wasser.
    Ich klammerte mich an den Gedanken, dass ich eine sorgsam geschmiedete Waffe hatte, die einiges aushalten konnte, und rannte wie eine Besessene. Als ich Lung er- reichte, legte ich meine gesamte Kraft in den Schwung, holte mit der Armbrust aus und erwischte ihn von der Seite, als wäre er ein riesiger roter Baseball. Meine Arme zitterten empört, als die Armbrust gegen seine Rüstung prallte. An der rechten Seite löste sich die Sehne, schnalz- te zurück und traf mich mitten auf der Stirn, wo sie eine Wunde schlug, aus der mir das Blut über die Nase floss. Kurz darauf spuckte und schnaubte ich wie ein halbtotes Pferd. Doch ich konnte noch sehen, und das war im Mo- ment alles, was zählte.
    Ich wirbelte die Armbrust herum und verpasste Lung einen weiteren schweren Schlag, wodurch der gesamte Spannmechanismus abbrach. Nun hatte ich einen spitzen Pfahl in der Hand.
    »Fünfzehn Sekunden, Jaz!«, rief Bergman, und durch die Anspannung wurde seine Stimme noch mal um einige Nuancen höher.
    »Vayl!«, schrie ich. Ich sprang auf Lungs zuckenden Körper. »Brauche deine Kraft«, flüsterte ich und hoffte, dass Vayl mich hören konnte und verstand.
    Das hatte er, aber ebenso Lung. Die Stimme, die als Nächstes durch meinen Kopf dröhnte, war weder die von Vayl noch von Bergman. Raoul schrie: DUCK DICH!

    Ich ließ mich auf Lungs gepanzerten Rücken fallen, als sein Schwanz über mich hinwegfegte, und der Luftstrom, den er mit sich brachte, hätte mir fast die Perücke vom Kopf gerissen.
    »Zehn Sekunden!«, jaulte Bergman.
    Ich richtete mich auf. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie sein Schwanz zurückschwang. Dieses Mal wür- de er mich treffen und mich so weit den Hügel hinauf- schleudern, dass ich wahrscheinlich auf der Motorhaube von irgendeinem SUV landen würde. Es sei denn …
    »Vayl! Klammere dich an seinen Kiefer!«
    »Fünf Sekunden!«
    Der Winkel musste genau stimmen. Fast senkrecht. Wie wenn man auf eine Limodose einschlägt. Ich holte mit dem Pfahl aus und rammte ihn tief in die Wunde, die Vayl geschlagen hatte.
    »Jetzt, Vayl! Schlag ihn rein!«
    »Die Zeit ist um, Jaz!«
    Ich sprang rückwärts und landete im Wasser, das so kalt war, dass ich kurz dachte, ich würde an dieser Stelle den Geist aufgeben. Schnell watete ich an Land und schlug einen weiten Bogen um Lungs zuckenden Körper, wäh- rend Vayl mit seinen Fäusten auf den Pfahl einschlug und ihn so immer tiefer in Lungs Körper trieb.
    Es passierte ganz plötzlich.
    Im einen Moment wand sich Lung noch und kreischte. Im nächsten Moment war er verschwunden. In meinen Ohren dröhnte die plötzliche Stille, als ich zusah, wie seine Überreste als Rauch in den Nachthimmel aufstie- gen.
    Rüstung , dachte ich stumpf. Wir müssen die Rüstung holen. Ich hatte meine Stiefel ausgezogen, um das Wasser herauszukippen, also ließ ich sie im Gras liegen, als ich
zum Wasser zurückkehrte. Meine Zehen versanken im Schlamm, während ich nach dem einzigen sichtbaren Stück der Rüstung griff. Der Rest war schneller versun- ken als Blei an einer Angelschnur. Mit dem Blick auf Vayl zog ich die Rüstung nach und nach an Land und fühlte mich wie ein Fischer nach einem langen Arbeitstag.
    »Komm und hol dir deine Rüstung, Bergman. Bring Cole zur Verstärkung mit.« Von seinem Freudenschrei wäre ich fast taub geworden. Doch er zauberte auch ein Lächeln auf mein Gesicht. Wir hatten sein Baby gerettet. Apropos: »Hat Lai sich beruhigt, als du ihn zu seinen Eltern zurückgebracht hast?«, fragte ich Cole, während Vayl sich auf die Füße kämpfte und mühsam an Land kam. Ich holte seinen Stock von dort, wo er ihn neben der Armbrust hatte fallen lassen, und wollte ihn ihm geben.
    Er starrte mich aus verwandelten Augen an. Senkrechte Pupillen, silberne Iris, ein fremdes Territorium, mit dem er es jedoch trotzdem schaffte, mich irritiert anzusehen. Ich glaubte, das läge daran, dass er mit seinen noch immer von Eis überzogenen Händen seinen Stock nicht halten konnte. Als ich ihn linkisch senkte, sagte er: »Ich

Weitere Kostenlose Bücher