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Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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vor, das ist mir klar. Soweit ich weiß, ist der Vater einer seiner Akrobaten, sie sind also schon seit einer Weile unter seiner Knute. Was ebenfalls bedeutet, dass sie vielleicht etwas wissen, das uns weiterhelfen könnte.«
    »Du scheinst ja nicht viel Vertrauen in Bergmans Erfin- dungen zu setzen.«
    »Ich plane einfach nur für alle Fälle.«
    Ich musterte ihn nachdenklich: Ein sechsundzwanzigjäh- riger Traumkerl, der Frauen und Kinder liebte, aber nicht verheiratet war; der sein Geschäft verloren, aber einen Weg gefunden hatte, weiterzumachen; der Kaugummi kaute wie ein Sechstklässler, aber vernünftige, ausgereifte, professio- nelle Entscheidungen traf. »Kein Wunder, dass du so gut reinpasst. Du bist genauso verdreht wie der Rest von uns!«
    Er wackelte anzüglich mit den Augenbrauen. »Du hast ja ziemlich lange gebraucht, um das herauszufinden. Apro- pos, es ist fast dunkel, schöne Dame. Solltest du nicht in etwas schlüpfen, das wesentlich durchsichtiger ist?«
    Das Kostüm. Meine Verweigerungshaltung zum Thema Bauchtanz ging so tief, dass ich es mir noch nicht einmal angesehen hatte. Oh Mann, wenn ich noch irgendwelche Veränderungen an dem wahrscheinlich zu aufreizenden Outfit vornehmen wollte, sollte ich mich besser daranma- chen. Ich rannte aus dem Zelt und wünschte mir fast, meine neu entdeckte Tollpatschigkeit würde dafür sorgen, dass ich mir den Knöchel brach, bevor ich den Kleiderschrank - und damit meinen drohenden Untergang - erreichte.
     
    Als ich zum Wohnmobil kam, war Vayl bereits erwacht. Und mürrisch. Seine ersten Worte, als ich die Küche be- trat, waren: »Ich will mir dir reden. Draußen.«
    Am liebsten hätte ich auf irgendetwas eingedroschen, denn trotz meiner verletzten Gefühle reagierte ich immer noch erfreut (okay, erregt) auf seine Erscheinung. Für die Show hatte er sich in ein so altertümliches Outfit gewor- fen, dass er am Set von Dickens’ Weihnachtsgeschichte nicht weiter aufgefallen wäre. Doch die Hose war gerade eng genug, die Jacke gerade lang genug, und das Hemd ge- rade weit genug aufgeknöpft, um gerade genug Brusthaare zu zeigen, sodass ich nur noch an der Wand entlangrut- schen und starren wollte.
    Während ich ihm nach draußen und ans Wasser folgte, versuchte ich, nicht schuldbewusst zu schlurfen, und musste gegen das Gefühl ankämpfen, vom Rektor beim Rauchen in der Mädchentoilette erwischt worden zu sein.
    »Was ist heute passiert?«, wollte er wissen. »Weder Cas- sandra noch Bergman wollten mir Näheres sagen.«

    »Das überrascht mich nicht. Du siehst so aus, als wärst du jederzeit bereit, jemanden anzufallen.«
    »Das bin ich auch!« Als ihm klar wurde, dass er fast geschrien hätte, senkte er die Stimme. »Betrachte das hier als formellen Bericht. Lass nichts aus. Los.«
    Los? Was bin ich, ein Hürdenläufer? Und was zur Hölle soll dieser Agentenspruch? Mit wachsendem Zorn lie- ferte ich ihm seinen verdammten Bericht: Traum, Schröp- fer, Krankenhaus, Killerpille, Xia Lai und so weiter.
    Als ich fertig war, starrte er mich wortlos an. Eine Hand hatte er in der Hosentasche verborgen, doch mit der an- deren umklammerte er seinen Spazierstock so fest, dass ich fast damit rechnete, dass gleich der Edelsteingriff ab- brechen würde.
    »Und warum riechst du nach Cole?«
    »Ach, wir haben nur rumgealbert.« Vayls Augen er- glühten in dunklem Grün, in dem immer wieder goldene Flecken explodierten. »Nicht so . Nur aus Spaß.«
    Er begann hin und her zu laufen und bei jedem zweiten Schritt seinen Stock mit einem irritierenden Klack gegen die Mauer zu schlagen. Hinzu kamen Gemurmel und ei- nige scharfe Gesten, die nicht weit von Luftboxen ent- fernt waren.
    Als er sich ruckartig zu mir umdrehte, zuckte ich zu- sammen, was meiner Laune nicht gerade zuträglich war. Kein bisschen.
    »Du machst mich noch wahnsinnig!«, donnerte er. »Kannst du dich denn nicht einmal zurückhalten?«
    »Du warst es doch, der vorgeschlagen hat, ich solle mich vor Horden von Spinnern zur Schau stellen!«
    »Das hat nichts mit dem Bauchtanz zu tun!«
    »Und wie das etwas mit dem Bauchtanz zu tun hat!« Im weiteren Sinne, aber trotzdem.

    »Wenn du gestern Abend nicht diesen Schröpfer getötet hättest …«
    »Hätte der arme Mann, den er umgebracht hat, seine Seele verloren!«
    Vayl rammte seinen Stock so heftig gegen den Beton, dass er zitterte. »Du hättest heute sterben können! Und wie hätte ich davon erfahren? Vielleicht durch eine weite- re, zufällige Lästerrunde

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