Man lebt nur ewig
abgefunden, dass ich den Großteil meines Lebens mit Maschinen verbringen wer- de. Und das ist okay, denn ich liebe sie. Ich liebe einfach alles an ihnen. All diese winzigen Teile, die perfekt zu- sammenarbeiten müssen, damit das Ganze genau so funk- tioniert, wie es geplant war. Ich liebe den gesamten Pro- zess, vom ersten Konzept bis zur Anwendung. Ich liebe sogar die Rückschläge.«
»Mit anderen Worten, du bist vergeben.«
»Stimmt.«
»Bist du glücklich?«
Er nickte. »Meistens.«
Wow. Wieder eine Premiere. Ich hätte nie gedacht, dass von uns beiden ich einmal diejenige sein würde, die Berg- man beneidet.
16
A ls Miles und ich gerade die letzten Vorbereitungen für unsere Show trafen, wurde die Eingangsklappe zum Zelt angehoben und die Chinesin, mit der Cole und ich uns angefreundet hatten, kam herein. Grinsebaby trug sie auf der Hüfte.
»Hallo«, grüßte ich sie freundlich und sprang von der Bühne.
Sie verbeugte sich mehrmals und lächelte breit, als sie sagte: »Hallo, hallo.«
»Wissen Sie, ich glaube, wir haben uns gar nicht vorge- stellt. Ich bin Lucille Robinson«, sagte ich und zeigte auf mich, da ich noch immer nicht sicher war, wie gut sie Englisch verstand. Dann verbeugte ich mich.
»Mein Name Xia Ge«, erwiderte sie liebenswürdig. Dann zeigte sie auf das Baby. »Das Xia Lai.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen.«
»Ist Cole da?«
Ich schaute über die Schulter. Oh, sie meinte …
»Hat man nach mir gerufen?«, fragte Cole, als er durch den Hintereingang ins Zelt stolzierte und Ge und ihren kleinen Jungen mit einem Grinsen begrüßte. Er hatte ge- duscht und sein Kostüm angezogen - enge schwarze Stoffhosen, passendes Hemd, und eine rote Glitzerweste mit riesigen Knöpfen.
Lai streckte sofort die Händchen nach ihm aus, und Cole gehorchte, indem er ihn fest unter den Armen pack-
te und sich mit ihm im Kreis drehte, bis das Baby kicherte und jauchzte.
»Ihr macht heute Abend Show?«, fragte Xia Ge ihn schüchtern. Ich konnte sehen, dass ihr sein Outfit gefiel.
»Ja. Ihr kommt doch, oder? Falls ich genug Zeit habe, kann ich Lai vielleicht in meine Jonglage einbauen.«
Sie nickte beglückt. »Ja, wir werden da sein.« Dann streifte sie kurz seine Hand, bevor sie hinzufügte: »Dann kommst du und siehst Akrobatenshow Ende der Woche. Ja? Du hast noch Karten?«
Cole nickte. »Ja, natürlich, wir werden ganz bestimmt kommen.« Er gab Baby Lai an seine Mutter zurück, diese verbeugte sich noch ein wenig und ging dann.
Hmm, soll ich ihm eine Predigt halten oder darüber hinwegsehen? »Hast du immer diese Wirkung auf Frauen und Kleinkinder?«, fragte ich.
Cole steckte die Hände in die Hosentaschen und muster- te betreten seine Zehen in den Turnschuhen. »So ziemlich.«
»Du bist ein Gewohnheitsflirter, weißt du das?«
»Ich flirte nicht mit verheirateten Frauen«, sagte er mit absolut ernster Miene. Wirklich? Ich konnte ihm das nicht so ganz glauben, und das musste er gemerkt haben. »Sah das für dich etwa wie ein Flirt aus?«, wollte er wissen.
Ich ließ seine Mimik und seine Körpersprache Revue passieren, die sich nicht sehr von seinem üblichen Verhal- ten unterschieden hatten. Andererseits flirtete er übli- cherweise ständig. »Vielleicht.«
Sofort sprang er mit einem irren Grinsen auf mich zu. »Dann habe ich in letzter Zeit nicht genug mit dir geflir- tet.« Er schnappte sich meinen Arm und küsste ihn von oben bis unten ab, wobei er den französischen Liebhaber mimte: »Moi, moi, moi, meine ravissant mademoiselle.«
»Oh mein Gott, du bist so ein Hirni!« Es kitzelte, und
so lachte ich trotz guter Absichten lauthals, als er meine Hand erreichte, wo er entsetzt innehielt.
»Was zur Hölle …?« So viel zum Thema Spaß. Mein Kichern versickerte wie ein Bach in der Wüste.
»Schröpferfalle«, erklärte ich knapp.
»Ich hoffe mal, dass er schlimmer aussieht als du.«
»Äh, wahrscheinlich nicht. Er hat die Fliege gemacht, bevor ich ihm echten Schaden zufügen konnte.«
»Frau, du brauchst einen Aufpasser.«
»Wahrscheinlich war ich selbst schuld. Er war sauer wegen des Schröpfers, den ich gestern Abend gekillt ha- be«, erklärte ich. »Du weißt doch, was man sagt: erst schauen, dann schießen.«
»Sagt man das?«
»Jawohl. Und das gilt auch, wenn es darum geht, ob man während eines Jobs Freundschaften schließen sollte. Ist dir eigentlich klar, dass deine neuen Freunde wahr- scheinlich mit Chien-Lung zusammen im Publikum sit- zen werden?«
»Stell dir
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