Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
Vom Netzwerk:
versucht habe, über das Gelän- der am Telefongebäude zu skaten?«
    Sie schüttelte den Kopf, und ihr schwingender Pferde- schwanz bekräftigte das Nein.
    »Würden Sie mir glauben, dass ich einen Skateboarder verprügelt habe, der versucht hat, über das Geländer am Telefongebäude zu skaten?«
    »Das würde ich Ihnen abkaufen.«
    »Scheint, als hätten wir einen Gewinner«, sagte ich ge- rade, als ein junger Schwarzer mit dem Namensschild »Dr. Darryl« am Kittel auf der Bildfläche erschien. Einen Moment lang schien er unschlüssig zu sein, wer mehr Aufmerksamkeit brauchte, ich oder meine Akte.
    »Ms. Robinson.«
    »Hi Doc. Würden Sie mir glauben, dass ich einen Skate- boarder verprügelt habe …«
    »Nein.«
    Klonk . Ganz plötzlich verpuffte der Adrenalinrausch des Kampfes, mein berauschendes Gefühl, überlebt zu haben, verschwand, und die Don’t-worry-be-happy -Bla- sen in meinem armen, blutleeren Gehirn zerplatzten. »Ich glaube, ich muss mich hinlegen.«
    Cassandra half mir auf den Behandlungstisch und legte ihre Hand unter meine Wange, da irgendeine sadistische Krankenschwester das Kissen mit Zementblöcken gefüllt hatte. Als ich mein Gesicht in ihre Handfläche legte, hatte ich meine ganz eigene Vision. Meine blutüberströmte Lei-
che lag auf dem hölzernen Deck der Constance Malloy . Desmond stand über ihr und betastete mit der Zunge mei- ne zitternde Seele, wobei sein drittes Auge in einem im- mer heller werdenden Blau leuchtete.
    Dr. Darryl stach mit einer Nadel in meine linke Hand, um sie zu betäuben. An diesem Punkt entschied ich, dass der Beruf des Mediziners ein einziger, riesiger Wider- spruch in sich war. Mein Gehirn wollte noch weiter vor sich hin brabbeln, doch die Vision gewann die Oberhand.
    Nun erschien die Tor-al-Degan auf der Jacht. In keiner Weise besiegt, sondern einfach von Miami hierher ver- pflanzt, damit sie den Job zu Ende bringen konnte, den sie begonnen hatte. Sie wackelte auf meine schwindende Seele zu, leckte sich die Lippen und wedelte in Erwartung der Mahlzeit freudig mit ihren Mundwerkzeugen.
    »Können Sie das spüren, Ms. Robinson?«, fragte Dr. Darryl und kniff mich in die betäubte Hand.
    Ob ich es spüren kann? Wollen Sie mich verarschen? Ich befinde mich mitten in einem epischen Moment. Ich, Jasmine Parks, das Mädchen, das kaum genug Verstand hat, um ihre eigene Mikrowelle zu bedienen. Ich sage Ihnen, dieser Kerl, Raoul, hat einen Riesenfehler gemacht, als er mich rekrutiert hat, um diese Freaks zu bekämpfen. Ich komme nicht mehr mit ihnen klar. Es ist ja nicht so, als wollten die mir die Kreditkarte klauen oder mir ein Tütchen Gras verkaufen. Ramos will die verdammte Weltherrschaft an sich reißen, und Chien-Lungs Drachenrüstung könnte sie ihm verschaffen. Und als wäre das noch nicht erschreckend genug, ist Mr. Schlauer Schröpfer auch noch hinter der Quelle her, hinter dem, was mich zu Jaz macht. Und er könnte es schaffen. Er könnte mich fertigmachen, bis ich fertig bin, und was dann? Was dann? WAS DANN?

    Ich begann zu zittern. Das erleichterte das Nähen nicht gerade, weshalb der Arzt es nicht guthieß. Er sah mich stirnrunzelnd an.
    »Sie hat Angst vor Nadeln«, erklärte Cassandra. Als er sie verwundert ansah, zuckte sie nur mit den Schultern, als wollte sie sagen: »Wer versteht schon den menschli- chen Geist?«
    Ich. Er ist eine Fledermaushöhle. Ein Dickicht. Ein Labyrinth. Und ich bin gerade dabei, mich in meinem zu verirren.
    Cassandra lehnte sich vor und flüsterte mir ins Ohr: »Ich habe die Vision auch gehabt, Jaz. Sie wollen, dass du das siehst. Sie wollen dir Angst machen, um dich zu for- men, wie in einem Gipsbett. Denn wenn du dich nicht bewegen kannst, kannst du nicht kämpfen. Du hattest Recht, vorhin. Wir haben eine Wahl. Wir können die Vi- sion verändern. Du hattest Recht.«
    Hatte ich? Langer Moment der absoluten Leere, wäh- rend ich hoffte, dass der mit den essenziellen Antworten ( Hallo, Raoul? ) einspringen und mir zuwinken würde. Raoul ist beschäftigt, Jaz. Also, such es dir aus. Hast du Recht? Oder bist du verrückt?
    Ich musste Recht haben. Musste einfach. Denn falls es nicht so war, würde ich den Rest der Ewigkeit in steinhar- ten Krankenhausbetten verbringen, in Metallschüsseln pinkeln und nach der Schwester schreien, damit sie den Ton beim Glücksrad lauter stellte.
    Ich beobachtete, wie der Faden meine aufgerissene Haut wieder zusammenfügte, ein winziger Stich nach dem ande- ren, und fand es komisch, dabei

Weitere Kostenlose Bücher