Man lebt nur ewig
von Mary-Kate hoch und lief auf mich zu. »Geht es dir gut? Es tut mir so leid. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass du einschlafen könntest. Ich war außer mir!«
Cole kam aus der Küche geschlendert. »Sie war wirk- lich völlig außer sich. Im wahrsten Sinne des Wortes; sie ist so oft hin und her gerannt, dass sie sich dabei wahr- scheinlich selbst über den Weg gelaufen ist.«
»Jaz geht es gut«, raunzte Bergman. »Seht sie euch an. Es ist doch offensichtlich, dass man sich gut um sie ge- kümmert hat und dass sie wieder in Ordnung kommt, sonst hätte man sie schließlich nicht entlassen. Könnten wir uns jetzt also bitte das hier ansehen?«
»Oh Gott«, sagte ich, als ich das Wohnzimmer sah, in dem der Teppich von der Küche bis zur Fahrerkabine mit schmutzigen Fußabdrücken übersät war. »Seht euch
nur diese Flecken an! Weiß irgendjemand, wie man das wieder rauskriegt? Ich nicht.« Ich griff in meine Jacke und schloss die Finger um das Kartenspiel, das ich ein- gesteckt hatte. Allein die Berührung der Karten sorgte dafür, dass ich mich ein wenig besser fühlte. Aber wenn ich daran dachte, wie Pete auf diese Fußabdrücke re- agieren würde, überkam mich das dringende Bedürfnis, sie zu mischen. Konnte man gefeuert werden, wenn man eine Kaution verlor?
»Ich werde morgen einen Teppichreinigungsservice an- rufen«, sagte Cassandra. »Das sollte sich leicht entfernen lassen.«
»Wirklich?«
»Bestimmt.«
Okay … mach weiter und atme durch, Jaz . Ich zog die Hand aus der Tasche und ließ sie hängen.
Bergman ließ uns hinter dem Tresen Aufstellung neh- men, der an den Essbereich grenzte, Cole an der Wand, dann Vayl, ich, und Cassandra neben Bergman an der Tür. »Seht alle gut hin, ja?«, bat er uns und zeigte auf das mitt- lere Bild auf dem Monitor. Die Einstellung, auf die er unsere Aufmerksamkeit lenkte, zeigte Lung, Pengfei und Li, wie sie von einem kleinen, blauweißen Schnellboot auf das Heck der Jacht stiegen. Sie sahen aus, als wären sie durch eine Müllhalde gejagt worden.
Sie erklommen die Leitern zu dem Deck, wo am Abend zuvor das Partymassaker stattgefunden hatte. Seitdem waren einige Liegestühle mit blauen Kissen aufgestellt worden, die nun vier Gesprächsecken bildeten, eine da- von an der Bar. Sie durchquerten diesen Bereich und gin- gen direkt in die Lounge, wo jeder von ihnen sich auf eine Couch fallen ließ. Pengfei hatte die ganze Zeit auf Chine- sisch geschwatzt, und ihre Stimme war immer lauter und
wütender geworden. Ihre Schusswunde hatte sich bereits geschlossen.
»Was sagt sie?«, fragte ich Cole. Er stützte die Ellbogen auf den Tresen und beobachtete aufmerksam den Bild- schirm.
»Sie ist offenbar stinksauer. Sie beschimpft Lung und Li; Lung, weil er die Kontrolle verloren hat, und Li, weil er abgehauen ist.« Er hörte weiter zu. »Sie sagt ihnen, dass es ein Riesenunterschied ist, ob man ein paar chinesische Rebellen abschlachtet oder wahllos Amerikaner tötet. Sie sollten sich an den Plan halten. Sie ist wütend, dass die Polizei ins Spiel gekommen ist, weil das alles gefährdet, wofür sie gearbeitet hat.«
Er sah mich erstaunt an. » Sie ist der Anführer. Sie be- nutzt Lung nur als Gallionsfigur, weil die Chinesen eine Frau niemals als Boss respektieren oder fürchten wür- den.«
Ich beobachtete Pengfei mit neuem Interesse, als sie auf- stand und durch den Raum tigerte, um erst Li die Leviten zu lesen und sich dann Lung zuzuwenden. Als er ihr wi- dersprach, verpasste sie ihm eine Ohrfeige, die seinen Kopf so hart zurückprallen ließ, dass er gegen die Wand stieß.
»Ich musste die Seherin töten!«, übersetzte Cole Lungs Worte, als der sich den Kopf rieb. »Ich konnte es in ihren Augen sehen. Sie hatte bereits eine Vision von mir gehabt, und ich konnte nicht zulassen, dass sie die Prophezeiung wiederholt.«
»Welche Prophezeiung?«, wollte Pengfei wissen.
Lung verzog das Gesicht. »Die über den weißen Dra- chen«, flüsterte er.
»Ach, weißer Drache, weißer Drache. Du bist krank, völlig irre und besessen davon, dass dieser lächerliche
weiße Drache dich besiegen wird! Warum lässt du zu, dass die Prophezeiung eines einfachen Mönches dich nach fünfhundert Jahren immer noch verfolgt, kannst du mir das mal erklären? Habe ich ihn nicht sorgfältig getötet, für dich?«, fragte Pengfei barsch.
Lung musterte seine Knie und nickte. »Habe ich dich nicht aus dem Kochtopf gerettet und dich wieder gesundgepflegt?«
Wieder ein
Weitere Kostenlose Bücher