Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
Vom Netzwerk:
Akrobaten ge- hörten, bei der Vorstellung am Abend zuvor seinen Teddy in unserem Zelt vergessen hatte. Der erste Typ verstand kein Englisch. Der zweite zeigte uns direkt den Wohn- wagen der Xias.

    Shao öffnete uns die Tür. Er trug ein weißes T-Shirt und weite schwarze Hosen mit Zugband. Seine Haare standen wild vom Kopf ab, als hätte er sie sich immer wieder ge- rauft. Seine Augen waren rot und geschwollen. Oh Gott, Ge hat ihn verlassen.
    Doch sie kam ebenfalls an die Tür und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Seine Muskeln an Hals und Schul- tern entspannten sich sofort. Puh! Mir war nicht bewusst gewesen, wie sehr ich mir wünschte, dass diese Familie zu- sammenblieb. Und zwar wegen des kleinen Kerls, den ich im Hintergrund sehen konnte, in seinem Hochstuhl, wie er mit einem Plastiklöffel auf seinen Teller einschlug, ganz der zukünftige Schlagzeuger der Cornflakes Crushers.
    Ich hielt ihnen den Bären entgegen. »Ihr Baby hat den gestern Abend bei uns im Zelt vergessen. Wir wollten ihn zurückbringen, weil wir uns dachten, dass er ohne ihn vielleicht nicht schlafen kann.« Lächelnd stand ich da und hoffte, dass sie mitspielen würden. Was sie auch taten. Verdammt schnell.
    Shao verbeugte sich tief. »Vielen Dank. Vielen Dank. Bitte Sie eintreten?«
    Ich warf einen Seitenblick auf Cole. »Ja, warum nicht, ein wenig Zeit haben wir noch.«
    Ich würde das innenarchitektonische Design des Xia’schen Wohnwagens als Früher Krabbler bezeichnen. Ansonsten sauber und staubfrei, war der Raum kunstvoll mit Bällen, Rasseln, Sesamstraßenpuppen und Beißringen ausgestattet. Ge machte sich daran, die Dekoration weg- zuräumen, während Shao uns zu einem rostfarbenen Zweisitzer führte, der fast bis zum Boden durchsank, als wir uns setzten. Sobald ich meine Knie von meiner Kehle entfernt hatte, sagte ich: »Ich habe gerade mit Ihrem Bru- der gesprochen.«

    Shaos Gesicht bebte. Er ließ sich neben uns auf einen Stuhl fallen. »Mein Bruder ist nicht mehr.«
    Aha. »Was meinen Sie damit?«
    Er stützte die Ellbogen auf die Knie und vergrub das Gesicht in den Händen. Eine Weile lang saß er einfach nur so da; dann fuhr er sich mit den Fingern durch die wirren Haare und schaute hoch. »Er war gut, als er aus Flugzeug stieg. Er selbst, ja?«
    Ich nickte, als würde ich Wu jederzeit erkennen.
    »Wir sagen Hallo. Wir umarmen uns. Er muss auf Toi- lette. Also ich warte auf ihn. Als er rauskommt …« Shao schüttelte den Kopf.
    Man rechnet nie damit, dass sich der böse Mann in der Toilette versteckt. Aber es ist das beliebteste Versteck von allen. Er scheint in der Kabine herumzulungern, an der das Außer-Betrieb-Schild hängt, und nur darauf zu war- ten, dass dir die Hose um die Knöchel hängt und die an- deren Besucher alle gegangen sind. »Haben Sie gesehen, ob direkt nach ihm irgendjemand hineingegangen oder herausgekommen ist? Jemand, der, Sie wissen schon, ko- misch aussah?«
    Shao schüttelte den Kopf.
    »Mir ist klar, dass Sie durch Wus seltsames Verhalten und Ihren Verdacht abgelenkt waren, aber versuchen Sie, sich an diesen Moment zu erinnern. Sie standen wo ge- nau? Neben der Tür der Herrentoilette?«
    Er nickte. »An eine Wand gelehnt. Wus Taschen vor meinen Füßen.«
    »Warten Sie, ein paar Schritte zurück. Wu stellt seine Taschen ab. Tut er noch irgendetwas, bevor er in die Toi- lette geht?«
    Shao drückte die Lider aufeinander. »Er mich in die Wange zwickt. Sagt, ich immer noch so niedlich wie klei-
ner Hase. Will ihn am liebsten in Schwitzkasten nehmen, wie damals, als wir noch Kinder. Als er sich umdreht, um in Toilette zu gehen, er fast mit altem Mann zusammen- stößt.«
    Ich beugte mich vor. »Beschreiben Sie ihn«, forderte ich.
    »Weißes Haare, so.« Shao hielt seine eigenen Haare in die Höhe, dann nach unten. »Augen, ah …« Er stand auf, ging in die Küche und griff nach einer Pfanne. Dann zeig- te er auf die silberne Außenseite und sagte: »Wie diese Farbe, aber mit ein bisschen Blau. Auch hier überall Haa- re.« Shao wischte sich mit schnellen Bewegungen durch das Gesicht. »Überall. Und ein funkelnder Ring in seinem Ohr.«
    Ich hätte ein Jahresgehalt darauf verwettet, dass Xia Wu dem Schröpfer Desmond Yale begegnet war.
    Shao kehrte zu seinem Stuhl zurück, während er fort- fuhr: »Als Wu aus Toilette kommt, etwas Neues hinter seinen Augen.« Er schüttelte den Kopf. »Nicht gut be- schreiben. Auch ein Gefühl.« Er tippte sich mit den Fin- gern mehrmals gegen die Brust, sagte

Weitere Kostenlose Bücher