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Man lebt nur zweimal

Man lebt nur zweimal

Titel: Man lebt nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Lauterbach
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beispielsweise war sie – nein schlecht würde es nicht treffen. Miserabel auch noch nicht. Gefährlich schon eher. Wenn sie überhaupt mal die Küche betrat, dann um sich einen Schluck Wasser zu holen, damit sie eine Tablette schlucken konnte. Ein einziges Mal ließ sie sich überreden, mir etwas zu kochen: »Es gibt keine Frauen, die nicht kochen können, es gibt nur Frauen, die nicht kochen wollen.« Ihre Bedingung war allerdings, dass ich mich aus der Küche verzog.
    Nach zwei Stunden wurde ich unruhig. In der Wohnung roch es mittlerweile, als hätte jemand alte Autoreifen verbrannt. Ich lugte vorsichtig in die Küche. Ein Schlachtfeld tat sich vor mir auf. Ich kämpfte mich hustend durch den Qualm bis vor den Herd, um mir die Quelle dieses Gestanks zu betrachten. In einer Pfanne schmorten vier Klümpchen, die ich beim besten Willen keiner Speise zuordnen konnte. »Was passt denn am besten zu meinem Hackbraten?«, fragte sie, während sie sich die Tränen aus den Augen wischte und in ein altes Handtuch schniefte. »Ein Notarzt«, hustete ich, öffnete das Fenster, nahm die Klümpchen vom Herd und warf sie in den Müll.
    Ihr Hund war mir zwar nicht sonderlich sympathisch, aber das hätte ich nicht mal ihm angetan. Ute lachte über meine Bemerkung. Das mochte ich an ihr: Sie war hart im Nehmen und hatte Humor. Sie zog mich aus der Küche, Richtung Schlafzimmer. Offensichtlich hatte sie Dinge mit mir vor, die sie besser beherrschte als das Kochen.
    Aber eigentlich wollte ich ja über ein anderes Defizit von Ute sprechen. Also zurück zu unserem Spaziergang.
    Es war sehr schönes Wetter. Wir waren im Englischen Garten in München unterwegs. Utes Hund war dabei. Nennen wir ihn Bello. Bello war so ein Hirtenhund mit ganz langen, zotteligen Haaren. Und Bello war sehr ungezogen. Gerade war er damit beschäftigt, die Enten zu jagen. Mit langem Anlauf sprang er in den See, paddelte dem Federvieh hinterher und bellte fröhlich. Garantiert würde er gleich zu mir galoppieren und sich in dem riesigen Englischen Garten genau den Quadratmeter neben mir aussuchen, um sein wuscheliges Fell zu schütteln. Bello machte das immer so. Manchmal auch bei anderen Spaziergängern, die regten sich natürlich auf. Obwohl ich das schon kannte, war es mir unangenehm. Bello machte ständig Sachen, die mir unangenehm waren.
    Wenn ich schon mal bei Ute übernachtete und wir waren gerade dabei, das zu tun, wozu ich bei ihr übernachtete, sprang er zu uns ins Bett und wollte mitmachen. Ich versuchte ihn unauffällig rauszuschubsen und Ute sagte: »Lass ihn doch. Der tut doch nix.« Und wir hörten auf, das zu tun, wozu ich bei ihr übernachtete. Bello schlief dann die ganze Nacht in unserem Bett. Zwischen Ute und mir. Er lag einfach da und haarte. Morgens sah das Bett aus, als hätten es zwei Yetis darin getrieben.
    Ich hörte dann irgendwann auf, bei Ute zu übernachten. Stattdessen kam sie zu mir. Ohne Bello. Dafür aber mit Klara.
    Klara war Utes Tochter und leider genauso ungezogen wie Bello. Ute war eine echt scharfe Braut, aber in Erziehungsfragen eine Null.
    An einem Morgen saßen wir am Tisch und genossen eines meiner Junggesellen-Frühstücke.
    Einem Besuch sollte man es nicht zu gemütlich machen, wenn man will, dass er irgendwann wieder geht. Das hatte ich bei der Wahl meiner variablen Frühstücksarrangements stets im Hinterkopf. Mal bestanden sie aus einem 12 Tage alten Croissant mit einem Glas nicht ganz taufrischer Buttermilch, mal aus einer Brotkruste und lauwarmem Matetee. Aber Ute gehörte zu der hartgesottenen Sorte hübscher Frauen, mit enormer Widerstandskraft. Ich mag solche Frauen. Typ bildhübsche Schale, zementharter Kern. Ihre Tochter aber schien nach dem Vater gekommen zu sein. Typ nörgelnde Schale, zickiger Kern. Sie war für mein Frühstück nicht zu erwärmen und hatte sich deswegen gar nicht erst zu uns gesetzt. Sie trieb sich stattdessen in meinem Wohnzimmer rum und steckte ihre hübsche Nase in alles, was sie nichts anging. Gerade war sie dabei, die Wände mit einem dicken Filzstift zu bearbeiten. Ich war damals nicht gerade jemand, der direkt in die Küche gespurtet ist, um Salz zu holen, wenn einer meiner Gäste mal ein Glas Rotwein umgekippt hat. Nein, ich habe das damals eher locker gesehen. Unterhalb eines mittleren Zimmerbrandes habe ich mir eigentlich keine erwähnenswerten Gedanken um meine Einrichtung gemacht. (Ich war wohl ein eher unaufgeregter Typ, würde man heute sagen.) Aber was Klara gerade mit

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