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Man lebt nur zweimal

Man lebt nur zweimal

Titel: Man lebt nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Lauterbach
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Tag ein Ei oder unvorstellbare Mengen an Milch zu produzieren – und sie dafür auch noch quälen und aufessen – das ist schon alles sehr obszön.
    Obwohl mir das klar ist, schaffe ich es ehrlich gesagt nicht, meinen theoretischen Fleichverzichtswunsch in die Tat umzusetzen.
    Als ich mich in den 80er Jahren schon einmal als Vegetarier versuchte, wäre ich in den Wirtshäusern und Kneipen fast verhungert. Damals war ich viel unterwegs, und es war noch weitaus weniger verbreitet als jetzt, dass man auch mal ein Hauptgericht ganz ohne Fleisch auf der Karte fand. »Vegetarier? Da haben wir nur Kartoffelsalat«, hieß es von den Bedienungen dann, um gleich nachzuschieben: »Ach Mist, da ist ja Speck drin.« Immerhin kannten sie das Wort und mussten es nicht mehr im Brockhaus nachschlagen.
    Nach einer Woche mit Sauerkraut und Kartoffelsalat relativierte sich mein Mitgefühl mit den Tieren und wich sehr egoistischen Gefühlen.
    Am schwersten fällt es aber, den Hunger zu bezähmen, wenn man wie ich das Fleisch immer schön zubereitet und dampfend vor die Nase gesetzt bekommt. Ich sage der Viktoria ständig, dass wir weniger Fleisch essen sollten, aber sie ist der Meinung, die Kinder bräuchten das. Früher hieß es noch in der Werbung einer bekannte Fruchtjoghurtmarke: »So wertvoll wie ein kleines Steak.« Heute würden die Hersteller einen Teufel tun, die Güte ihrer Produkte durch einen Fleischvergleich hervorzuheben. So ändern sich die Werte. Nur bei meiner Frau nicht. Die hat im wahrsten Sinne des Wortes immer noch Angst, wir könnten vom Fleisch fallen.
    DIE ALKOHOL-DIÄT
    Konkret betraf dann die erste spürbare und auch sichtbare Veränderung in meinem Leben das Gewicht. Zehn Kilo habe ich bestimmt verloren. Natürlich hat es etliche Leute brennend interessiert, wie ich das so schnell geschafft habe und ob ich ihnen ein paar Diättipps geben könnte. Das kann ich gerne tun. Es gab auch hier kein Geheimnis. Das war wirklich einfach – es passierte nämlich von ganz allein, indem ich mit dem Trinken aufhörte und mit dem Sport anfing.
    Mein ideales Gewicht liegt bei 78 Kilo. Zumindest, was die Optik betrifft. Wenn ich mit 78 Kilo eine Nacktszene drehe, müsste ich nicht mal mehr den Bauch einziehen, um optimal zu erscheinen. Nicht, dass man in meinem Alter noch viele Nacktszenen drehen muss. In meinen letzten zehn Drehbüchern kam glücklicherweise nicht mehr eine einzige vor. Ich hab das eigentlich nie gerne gemacht.
    Ich hab es lieber wie John Wayne gehalten, der einmal gesagt hat: »In meinen Filmen ist nur das Pferd nackt.«
    Aber mittlerweile quäle ich mich nicht mehr für das Idealgewicht. Mit 82 Kilo fühle ich mich bedeutend wohler.
    Damals aber wog ich an die 90 Kilo. Das ist jetzt nur ein geschätzter Wert, eine Dunkelziffer sozusagen. Denn ich hörte irgendwann auf, mich zu wiegen. Bei 86 fing ich an, meiner Waage zu misstrauen. Bei 88 war das Vertrauensverhältnis zwischen mir und dem Messgerät so zerstört, dass ich die Benutzung vollständig einstellte. Alles anschreien, dass ich hier betrogen und belogen wurde, und das in meinem eigenen Haus und von meiner eigenen Badezimmer-Waage, half nichts mehr. Ich musste von dem Wiegen Abstand nehmen – aus Selbstschutz. Dennoch spürte ich, wie die Schwerkraft an meinen überzähligen Kilos zog.
    Jeder, der ein bisschen übergewichtig ist und dann abnimmt, weiß, wovon ich rede. Es mag dicke Menschen geben, die damit glücklich sind, und ich gönne es ihnen von Herzen. Aber das Körpergefühl, das sich einstellt, wenn man nur 10 Kilo Ballast abgeworfen hat, das möchte ich nicht missen.
    Eigentlich habe ich mich nie wirklich schlecht ernährt, zumindest was die feste Nahrung betraf. Getrunken habe ich wohl ein wenig einseitig. Interessanterweise half es auch nichts, dass ich mit unterschiedlichen Farben und Geschmacksrichtungen für Abwechslung auf dem Speiseplan sorgte: Weiß, grün, rot, Wodka, Absinth, Rum – alle diese Flüssignahrungsmittel waren für meinen Körper vermutlich vergleichbar arm an nützlichen Inhaltsstoffen. Und auch die anderen, chemischen Substanzen, mit denen ich mich zwischendurch versorgte, werteten die Vitamin- und Nährstoffbilanz nicht längerfristig auf. Das war alles, um es mal mit einem Modewort zu sagen, das ich besonders gerne mag: nicht wirklich nachhaltig. Im Gegenteil. Ich machte eigentlich alles, um meinen Körper in eine schlechte, untrainierte Verfassung zu bringen. Ich war, wenn man so will, das Gegenmodell zu

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