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Man lebt nur zweimal

Man lebt nur zweimal

Titel: Man lebt nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Lauterbach
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vorstellen kann: Auf einmal macht es einem nichts mehr aus, nichts zu trinken.
    Es ist ein bisschen so wie Liebeskummer. Da denkt man ja auch, dass sich das niemals ändern wird, dass man sterben muss, dass man nie mehr schlafen und fröhlich sein kann – und irgendwann lacht man darüber.
    So beginnt man, sich Tag für Tag immer wohler und wohler zu fühlen.
    Wir Menschen sind schon unglaubliche Routinetiere. Wehren uns mit Händen und Füßen gegen Veränderungen, auch gegen die zum Besseren. Manchmal denke ich: Man könnte uns auch mit einer Kette am Fuß an der Heizung festbinden. Bände man uns nach drei Jahren los, würde uns vermutlich etwas fehlen.
    Wenn man aufhört zu saufen, ist es auch nicht so, dass man sich einfach nur an die Langeweile gewöhnt, das wäre viel zu negativ gedacht. Man schafft sich vielmehr eine neue Basis. Ich habe zum Beispiel angefangen, den Tag anders aufzuteilen. Mir neue Beschäftigungen, Werte und Rhythmen gesucht.
    Und so wurden erst sieben Tage Abstinenz daraus, dann vier Wochen, schließlich ein Vierteljahr und dann ein Jahr und viele Jahre.
    Ich hatte nie vor, danach für immer auf alles völlig zu verzichten. Ich wollte nur sicher sein, dass mir das Leben ohne Alkohol auch wirklich besser gefiel. Ich habe mich nie für alkoholkrank gehalten. Nach sechs, sieben Jahren stieß ich auch mal wieder mit einem Glas Rotwein an. Ich war gespannt, was passieren würde. Ich genoss die angenehme Wärme des Alkohols und den guten Geschmack. Das war’s. Nach einem Glas beendete ich das Experiment. Kein Rückfall, kein Trinkgelage, kein Tremor in den Unterarmen, nix.
    Früher hätte ich gedacht: Zehn Bier sind rausgeschmissenes Geld. Da bist du ja gar nicht besoffen, das müssen schon fünfzig sein. Heute trinke ich hin und wieder ein schönes Glas Wein, das war’s.
    Das muss natürlich auch nicht sein. Manchmal darf es sogar nicht sein. Es gibt Menschen, die nach einem Alkoholentzug nie mehr trinken sollten, weil sie sonst sofort rückfällig werden. Na und? Das Leben bietet einem Millionen Möglichkeiten glücklich zu sein – ohne Alkohol.
    RAUSCH-GIFTE
    Viele Wissenschaftler behaupten, dass der einzige Unterschied zwischen einem Medikament und einem Gift in der Dosierung liegt. Selbst Heroin wird in einigen Ländern als Schmerzmittel verabreicht. Aber auch wenn einige Leute versuchen, das Thema schönzureden – meine bedingungslose, uneingeschränkte Haltung zu Drogen ist: Finger weg! Und zwar von sämtlichen Drogen, egal ob hart, weich, mittel oder was sonst noch. Ich will auch gar nicht sonderlich viele Worte über meinen vergangenen Drogenkonsum verlieren. Ich glaube es reicht, wenn ich allgemein gehalten sage: Ich will die Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe, nicht missen. Einige von ihnen waren auch auf den Konsum von Drogen zurückzuführen. Ich habe diese Dinge ohne größere Schäden überlebt, und auch das hatte sehr viel mit Glück zu tun. Rückblickend kann ich nur sagen, dass der Preis für diese Erlebnisse viel zu hoch ist. Und ich habe noch nicht einmal den vollen Preis bezahlt. Es ist unglaublich gefährlich, mit Drogen zu experimentieren. Ich habe viele Freunde um mich herum sterben sehen. Also noch einmal für alle die, die vielleicht wankelmütig sind und von einem der weiß, worüber er spricht: Lasst die Finger weg! Das ist meine ehrliche Meinung und soll nicht populistisch klingen.
    Auf Drogen zu verzichten ist mir von allen lebensverändernden und lebensverlängernden Maßnahmen sicherlich am wenigsten schwergefallen.
    Wenn die heute modernen Gute-Laune-Drogen überhaupt das Bewusstsein erweitern oder die Wahrnehmung verändern, dann wohl vor allem in der Hinsicht, dass man sein eigenes Gequassel auf einmal für überdurchschnittlich interessant hält und einen Kaugummi mit einer solchen Aggressivität bearbeitet, dass der Gesprächspartner mitunter schon vom Zugucken Muskelkater in den Kiefergelenken bekommt. Kurz: Eigentlich gibt es kaum etwas vergleichbar Bescheuertes, als Drogen zu nehmen, und wenn es noch so viele tun. Obwohl ich wirklich kein Kind von Traurigkeit gewesen bin, muss ich sagen, dass ich es tief im Herzen eigentlich schon immer bescheuert fand, bestimmte Partydrogen zu nehmen, um dann nächtelang dummes Zeug zu sabbeln. Vom depressiven Gejammer am nächsten Morgen gar nicht erst zu reden. So wie ich jetzt vom Kopf ja eigentlich schon Vegetarier bin, war ich eigentlich schon immer gegen Drogen.
    Da war es dann nicht mehr so

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