Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)
Mama, mir ham atmen gelernt.«
»Atmen? Warum, hast des noch ned können? Tsssss.«
»Äh, doch, aber wie man beim Sprechen atmet, also, locker lässt, den …, äh, Mama, des lässt sich ganz schwer beschreiben.«
Die Skepis meiner Eltern gegenüber meinem neuen »Beruf« verbesserte sich etwas, als ich bei der Iberl-Bühne anfing, denn nachdem ich circa ein halbes Jahr auf der Schauspielschule war, bekam die Schulleitung einen Anruf von Georg Maier, der meinte: »Is’ bei euch an der Schule a so a Freche aus Erding, a große Blonde? Mir is’ nämlich grad eine Schauspielerin ausgefallen, und da is’ mir die wieder in den Sinn kommen.«
Also fuhr ich nochmals zur Iberl-Bühne, die nur zehn Minuten von der Schauspielschule entfernt war, sprach vor und wurde mit einem Textbuch von Georg Maier wieder heimgeschickt. Zum Lernen. Die Schulleitung erlaubte mir, nebenbei dort zu spielen, denn Frau Behrmann war es lieber, ich verbrachte Zeit im berufsnahen Bereich als im Nachtleben.
Auf den Brettern der Iberl-Bühne habe ich auch zum ersten Mal eine selbst geschriebene »Stand-up«-Nummer vor Nicht-Schauspielschülern und -lehrern aufgeführt, und zwar beim sechzigsten Geburtstag von Georg Maier. Ich hätte gern den Text der Laudatio an dieser Stelle abgedruckt, aber leider scheint sie wohl in den Untiefen meines Schreibtisches oder in irgendeinem virtuellen Mülleimer verschollen zu sein. Jedenfalls kam die Laudatio offensichtlich so gut an, dass mich anschließend ein Regisseur des Bayerischen Fernsehens ansprach und mich fragte, ob ich mir denn nicht vorstellen könne, etwas in dieser Art auch fürs Fernsehen zu machen: Ich könne mir eine Figur ausdenken, die in jeweils drei bis fünf Minuten ihren satirischen Blick auf ein bestimmtes Thema meiner Wahl dem Fernsehpublikum zum Besten gibt. Natürlich konnte ich mir das vorstellen, und ich wusste auch sofort, wie diese Figur heißen würde, nämlich »Kellnerin Monique«, also genau so wie ich selber in meinem Paralleldasein als Bedienung. Diese Figur gab mir die Möglichkeit, über alles zu reden, was das Leben hergibt: verzogene Kinder, Feiertage, das ewige Mann-Frau-Thema, Politik, einfach alles. Einer meiner ersten von vielen Drehtagen, die ich fürs Fernsehen zusammen mit dem Regisseur Helmut Milz hatte, der inzwischen ein enger Freund ist, war bei gefühlten zwanzig Grad unter null an einem Sonntagmorgen um halb acht vor der Iberl-Bühne. Und ausgerechnet an diesem wichtigen Tag hatte ich auch noch verschlafen, sodass das kleine, aber völlig durchgefrorene Team um Helmut vor den Türen des Iberls warten musste, bis ich schließlich mit halbstündiger Verspätung angewackelt kam, denn ich hatte als Einzige einen Schlüssel. Einen der drei Texte, die ich damals mit blauen Lippen in die Kamera sprach, habe ich noch finden können:
Kellnerin Monique: »Es weihnachtet sehr …«
(Es ist ein kalter, trüber Nachmittag
in der Vorweihnachtszeit. Monique
steht in dicker Jacke, aber mit ihrer
Kellnerschürze vor dem Lokal und
macht eine Zigarettenpause …)
Is des ned ein Wahnsinn: Jetzt hamma bald schon wieder Weihnachten ! Ich nenn’s immer das »Fest der 3 großen Ks«, weil da für jeden was dabei is’: Kerzenschein-Romantiker, Konsumjunkies und Katastrophenfreaks! Es fängt alles relativ harmlos damit an, dass einem irgendwann, wenn man die ersten Lebkuchen und Schokonikoläuse im Supermarkt sieht (also so ungefähr Ende August …) der vage Gedanke durch die sonnenverkohlten Gehirnzellen wabert, dass irgendwann gegen Ende des Jahres wieder dieses »Fest der Liebe« auf einen lauert. Und im gleichen Moment nimmt man sich vor, dass man heuer ausnahmsweise die Geschenke rechtzeitig kauft, und es passiert das, was jedes Jahr passiert: nämlich NIX ! … Mit dem Ergebnis, dass man ein paar Tage vor Weihnachten geschenketechnisch noch überhaupt’s keinen Peil hat. Logisch! Weil man ja die letzten Wochen vollauf damit beschäftigt war, sämtliche Weihnachtsfeiern von der Mutter-Kind-Gruppe bis zum Kegelverein abzuklappern.
(ironisch) Mei, wie’s halt so is’… in der »staaden Zeit«! Unsereins is’ natürlich happy, weil da Umsatz stimmt und ’s Trinkgeld auch, und der Durchschnittsarbeitnehmer is’ aa happy, weil er sich auf Firmenkosten so richtig schön vollaufen lassen kann …
Und mit dem ganzen Gefeiere merkst gar ned, dass plötzlich der D-Day vor der Tür steht: Heiligabend! Panik macht sich breit, die Nerven liegen blank. Da
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