Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)
braucht’s dann schon einen minutiös ausgeklügelten Schlachtplan, damit man den Überblick nicht verliert und der Familienfrieden gewahrt wird:
So gegen sieben Uhr morgens beginnt Phase 1: Lebensmittelhamsterkäufe, die in dem Maß auszuführen sind, dass sie selbst dem Einbruch des 3. Weltkriegs bzw. einer Invasion der Russen standhalten würden … das volle Programm quasi: Bäcker, Metzger, Super- und Getränkemarkt, wahlweise auch Feinkost- oder Weinhändler.
Phase 2: Sicherung eines adäquaten, den häuslichen Gegebenheiten angemessenen Weihnachtsbaumes, wobei ois erlaubt ist – vom Plastikbaam bis zur geklauten Freilandtanne.
Phase 3 des »X-mas survival plans«: der Sturm auf örtliche Parfümerien und Juweliergeschäfte. Ziel: der alljährliche, unkontrollierte Last-minute-Erwerb von Verlegenheitsgeschenken für die Menschen, die einem am nächsten stehen, unter völliger Außer-Acht-Lassung des individuellen Geschmacks der zu Beschenkenden. Nach dem Motto: Her mit dem Glump, wurscht, was es kostet, Hauptsache, es macht wos her, weil was drin ist, wird eh nach Weihnachten wieder umtauscht!
Auf diese kritische Phase folgt Phase 4: Schmücken des Weihnachtsbaumes aus Phase 2, wobei es durchaus zu empfehlen is’, dass man sich hierbei mithilfe von Glühwein oder Punsch promillemäßig schon amal an kleinen Vorsprung verschafft.
Phase 5 ist dann der übliche Schmarrn: festtägliche Raubtierfütterung gefolgt von der alljährlichen Geschenkorgie. Da muss dann ein jeder a bisserl gute Miene zum bösen Spiel machen: Die Kinder zum Beispiel, weil d’Mama unbedingt will, dass sie auf ihrem alten Akkordeon a paar Weihnachtslieder spielen, weil’s gar so schee is … Und da Papa, weil er sich – wie jedes Jahr – furchtbar freuen muss, dass er wieder so a schön’s Aftershave kriegt hat, dass er’s gleich gar nicht auspackelt.
Aber nach dem ganzen Bescherungskrampf kommt der beste Teil des Abends: die Christmette! Des vorher war alles nur’s Pflichtprogramm, aber der Besuch der Christmette is’ die Kür! Wos, Sie gehen seit Jahren nicht mehr hin?? Ja, weil Sie nicht mehr up to date san und einfach des Beste verpassen: das Schaulaufen der teuersten und exklusivsten Weihnachtsgeschenke präsentiert am lebenden Objekt. Da flaniert dann bei Weihrauchgeruch in sanftem Kerzenlicht die lokale Damenwelt mit Pelzmänteln, Schmuck und exklusiven Lederwaren an einem vorbei und offenbart, wer den Göttergatten mit der meisten Kohle beziehungsweise mit dem schlechtesten Gewissen hat. Wichtig ist dabei, dass man mindestens eine halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienstes da sein muss, weilst dann noch an Logenplatz am Laufsteg kriegst, wo dann alle Weiber wie wandelnde Christbäume an dir vorbeischweben … beschwingt vom Schampus und vom Wert ihrer teuren Geschenke. Wennst dann nach circa einer Stund’ wach wirst und der Chor zum Abschluss »Stille Nacht, heilige Nacht« singt und du eingehüllt von Duft der Kerzen und deines neuen Parfüms im Kirchenstuhl sitzt, dann weißt wieder: Des war heuer wieder amal das schönste Weihnachtsfest aller Zeiten!
In diesem Sinne, Herrschaften: Merry Christmas … wie der Bayer sagt. Und … Ciao-ciao, bussi, servus!
Dieser Gruß zum Schluss war nach einigen Sendungen irgendwie zu meinem Markenzeichen geworden, sodass sogar Verkäuferinnen in der Metzgerei mich mit »Ciao-ciao, Bussi, Servus« verabschiedeten. Wir produzierten unzählige dieser »Kellnerin Monique«-Sketche, und irgendwann fragte mich Helmut, ob ich nicht Mitglied der Fernsehsendung »Die Komiker« werden möchte, denn der damaligen Truppe um Günter Grünwald, Andreas Giebel, Michael Altinger und Eva Mähl sei grad eine Kollegin abgesprungen und sie hätten bei der zu besetzenden Position an mich gedacht. Und da war ich nun umringt von Kollegen, die ich bisher nur selbst am Bildschirm bewundert hatte. Ich weiß noch, dass ich vor dem ersten Kennenlernen etwas Panik hatte, sie könnten mich nicht für gut genug halten. Aber nach dem anfänglichen Beschnuppern freundeten wir uns ziemlich schnell an, und die Außendrehs, die wir über die Jahre gemeinsam immer in Helmuts alter Heimat Kempten hatten, gehören zu den schönsten, lustigsten und familiärsten Drehtagen, die ich erleben durfte.
Das Basislager dieser Drehtage war immer das Haus von Helmuts Schwester Petra, die uns zusammen mit Mann, Kindern und Mama so herzlich umsorgte, bekochte und verwöhnte, dass uns die Abreise jedes Jahr schwerfiel,
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