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Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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Finanzchef, macht sich Notizen auf dem vor ihm liegenden Block. Er ist ein hochgewachsener, dünner Mann mit ernsten Gesichtszügen, ein Puritaner durch und durch. Raakers ist der Einzige in der Runde, den ich nicht mag. Er mag mich auch nicht, ich habe aber von ihm keine krummen Touren zu erwarten, weil er ein Mann mit christlichen Prinzipien ist.
    Schamski, Vertriebschef und der einzige Nichtakademiker im Vorstand, starrt wie üblich unbewegt auf seine Tasse. Er ist derjenige in der Runde, zu dem ich den besten Draht habe. Wir treffen uns häufiger auf einen Drink und haben inzwischen ein freundschaftliches Verhältnis zueinander. Ich weiß, Schamski hört zwar zu, interessiert sich aber nicht die Bohne für Engelkes’ Ideen. Als Vertriebschef befehligt Schamski ein Heer von fast zweihundert Anzeigenverkäufern. Er ist nicht interessiert an gutgemeinten Vorschlägen, sondern ausschließlich an gutgemachten Umsätzen. Die personelle Fluktuation in seiner Abteilung erinnert mich immer ein wenig an Napoleons Russlandfeldzug, ich glaube deshalb nicht, dass Schamski für demokratische Strukturen zu erwärmen ist.
    Burger hört überhaupt nicht zu, er ist offenbar mit seinem eigenen Vortrag beschäftigt, sortiert Papiere, macht sich hier und da noch letzte Notizen. Vor ihm liegen die Hasenohren.
    Engelkes kommt langsam zum Ende, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er bereits Gelegenheit hatte, mit Dr.   Burger über seine Vorschläge zu reden, der diese vollumfänglich unterstütze.
    Burger sieht auf, etwas erstaunt.
    Ich habe geahnt, dass Engelkes versuchen würde, Burger durch einen kleinen Überraschungsangriff ins Boot zu holen.
    Also, Ihr Auftritt, Dr.   Burger.
    «Ja, ich finde Ihre Vorschläge in der Tat sehr interessant, nur haben Sie mich offenbar missverstanden, wenn Sie glauben, dass ich eine sofortige Umsetzung favorisiere. Ich denke, das Thema sollte man eher perspektivisch angehen.» Ich vermute, Burger hat sich den Text aufgeschrieben und sorgfältig einstudiert. So hört er sich zumindest an.
    Ich sehe eine leichte Bestürzung in Engelkes’ Gesicht. Instinktiv schaut er zu mir herüber, ich nicke ihm aufmunternd zu. Wer wird denn so schnell aufgeben, lieber Herr Engelkes?
    «Also mir gefallen Ihre Ideen gut», sagt Dr.   Raakers. Wahrscheinlich spürt er, dass er mich ärgern kann, wenn er sich auf Engelkes’ Seite schlägt.
    Burger fürchtet um sein Hasenohrengeschäft. «Das sehe ich ja genauso wie Sie, lieber Herr Dr.   Raakers, nur momentan stehen eine Menge anderer Aufgaben an, und ich denke, wir müssen Prioritäten setzen.»
    Jovial mischt sich nun Dr.   Görges ein. «Was meint denn unser Personalvorstand zu der Sache?»
    «Ich bin ehrlich gesagt ein wenig skeptisch», sage ich. «Wir haben bislang unseren Zeitungsausträgern immer nur Sozialleistungen zukommen lassen, die gesetzlich unabdingbar waren. Warum sollten die Leute uns also jetzt den Gefallen tun und darüber nachdenken, wie man das Unternehmen verbessern kann? Ich denke, eine Chance hat das Konzept nur, wenn wir spürbare finanzielle Anreize für die Mitarbeiter schaffen. Dann allerdings halte ich Herrn Engelkes’ Ideen für durchaus praktikabel.»
    Ich sehe aus den Augenwinkeln Engelkes, der ebenso überrascht wie erfreut ist, dass ich mich für ihn starkmache. Damit hat er wohl überhaupt nicht gerechnet.
    Schamski hebt den Kopf, wirft mir einen kurzen, blitzenden Blick zu und schaut im nächsten Moment wieder auf die vor ihm stehende Tasse. Ich unterdrücke ein Lächeln. Schamski hat kaum eine Sekunde gebraucht, um zu erraten, was ich im Schilde führe. Raakers wird nämlich alles tun, um den sozialen Frieden im Unternehmen nicht zu gefährden. Wenn die Zeitungsverteiler heute mehr Geld bekommen, um nach Feierabend bei Cervelatwurstbroten und Dosenbier neue Geschäftsmodelle auszuknobeln, dann stehen morgen die Anzeigenverkäufer und übermorgen die Callcentermitarbeiter auf der Matte und wollen ebenfalls Zulagen fürs Mitdenken.
    Engelkes hält das kurze Schweigen im Konferenzraum für ein produktives Innehalten, Hoffnung keimt in ihm auf. Tatsächlich ist er kaum zwanzig Sekunden von seinem Waterloo entfernt, denn Görges lässt jetzt kurzerhand abstimmen.
    Ich hebe als Einziger die Hand, um für Engelkes’ Vorschläge zu stimmen, und glaube im gleichen Moment ein Lächeln über Schamskis Gesicht huschen zu sehen. Engelkes kassiert vier Gegenstimmen und verlässt den Konferenzsaal wie ein geprügelter Hund.
    «Vielen

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