Man tut, was man kann (German Edition)
Frau werden stolz auf ihn sein.
Als er mein Büro verlässt, erscheint Frau Hoffmann in der Tür. «Ihre Tochter ist am Telefon.»
Meine Tochter ist eigentlich nicht meine Tochter. Sophie ist das Kind meiner Exfrau Lisa. Sophies leiblicher Vater hat Lisa noch während der Schwangerschaft sitzenlassen. Als ich Lisa kennenlernte, war Sophie gerade sechs, heute ist sie fünfzehn, fast sechzehn. Bei der Trennung haben Lisa und ich beschlossen, dass Sophie und ich weiterhin Kontakt halten. Schien mir auch irgendwie selbstverständlich, denn Sophie sieht mich als ihren Ersatzvater, und ich sehe sie als meine Ersatztochter.
«Hi, was gibt’s?»
«Ich wollte nur wissen, ob wir uns heute Abend sehen.»
Sie kann das einfach nicht lassen. Ich glaube, ich hab sie vor knapp zwei Jahren ein einziges Mal versetzt, seitdem lässt sie sich unsere Verabredungen immer zuvor nochmal bestätigen. Ich versuche, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich das auf die Palme bringt, und antworte: «Selbstverständlich sehen wir uns heute Abend. Überleg dir doch schon mal, was wir machen wollen, okay?»
«Okay. Ich freu mich.»
«Ich freu mich auch, Sophie.»
Derweil ich mich durch meine Mails wühle, geht mir Engelkes nicht aus dem Kopf. Vielleicht ist er ja deshalb so arrogant, weil er schon ein paar entscheidende Stimmen im Vorstand gesammelt hat. Ich denke, er wird nicht gewagt haben, direkt an Görges ranzugehen, Raakers ist für strategische Spielchen nicht zu haben, Schamski interessiert sich nur für Fragen, die sein Hoheitsgebiet betreffen, und meine Meinung kennt Engelkes ja.
Bliebe noch Burger.
Ich rufe ihn kurzerhand an.
«Ja, stimmt, Herr Engelkes hat mir sein Motivationskonzept für die Zeitungsausträger in groben Zügen vorgestellt.»
Tja, Engelkes, netter Versuch.
«Und? Wie finden Sie es?»
Burger zögert. «Ich finde es prinzipiell keine schlechte Idee, wenn jeder in einem Unternehmen Vorschläge machen kann, damit der Betrieb besser läuft. Wobei man das ja immer von zwei Seiten sehen muss …» Burger tastet sich offensichtlich an die Antwort heran, er ist nicht sicher, wie sie ausfallen muss, damit ich seinen Plan, ein Unternehmen für Werbemittel zu gründen, unterstütze. Das heißt aber auch, er ist willens zu verhandeln.
«Ich sehe das ja ein klitzekleines bisschen skeptisch», sage ich unschuldig.
Burger versteht sofort. «Zum jetzigen Zeitpunkt stimme ich Ihnen da völlig zu, vielleicht kann man über den Vorschlag nochmal in zwei oder drei Jahren diskutieren, aber jetzt ist das alles etwas verfrüht.»
Geht doch.
«Ja. Da bin ich ganz Ihrer Meinung», erwidere ich, «zumal wir ja momentan andere wichtige Aufgaben haben wie etwa die Realisation Ihres Werbemittelkonzepts.»
Ich sehe förmlich vor mir, wie Burgers Augen hinter seiner Otternbrille zu leuchten beginnen. «Heißt das etwa, Sie werden meinen Vorschlag unterstützen?», fragt er freudig.
«Sagen wir, ich halte den richtigen Zeitpunkt, Ihr Konzept in die Tat umzusetzen, für gekommen, Herr Dr. Burger.»
«Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr mich das freut, Dr. Schuberth.»
O doch, kann ich sehr wohl, zumal der Handel mit Hasenohren ein hoher Preis dafür ist, Engelkes in den Arsch treten zu können. Aber darauf kann ich jetzt im Moment leider keine Rücksicht nehmen.
Auf dem Weg zum Konferenzraum geht mein Handy. Im Display erscheint Kathrins Nummer. Ich lasse den Anruf auf die Mailbox laufen und schalte das Handy stumm.
Engelkes’ Präsentation ist mittelmäßig. Er hat offenbar ordentlich recherchiert und die Fakten gut aufbereitet, aber sein Vortrag ist langatmig und vor allem pointenlos. Ich sehe mich dezent um.
Görges langweilt sich. Er ist ein rundlicher Typ Mitte fünfzig, seine vornehmste Aufgabe besteht darin, die Familie, die das Unternehmen mehrheitlich besitzt, daran zu hindern, die jährlichen Gewinne vollständig mit Yachtkäufen und Strandpartys zu verprassen. Görges leitet den Laden seit fast zwanzig Jahren und hat es immer wieder verstanden, die sinkenden Auflagen der regionalen Tageszeitung, die das Herzstück des Unternehmens bildet, durch neue Printprodukte zu kompensieren. Um die Abverkaufszahlen der diversen Zeitungen und Zeitschriften kümmert er sich persönlich. Zwar ist der Betrieb unter seiner Führung ein Gemischtwarenladen geworden und bringt nun auch Titel heraus, auf die man nicht unbedingt stolz sein muss, aber immerhin, der Laden läuft.
Raakers, Görges’ Stellvertreter und
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