Manche Maedchen muessen sterben
erlaubt hätte, mir zu erzählen, was los ist –, dass sie dann vielleicht noch am Leben wäre. Weißt du, was für ein Gefühl das ist, Karen?«
Sie schüttelt den Kopf. »Nein. Ich habe keine Ahnung.«
»Ich kann nicht einfach nichts tun. Nicht jetzt.« Er schluckt. »Ich muss Richie helfen. Das bin ich Liz schuldig.«
Im Wohnzimmer über Richie und Hope aufragend, klatscht Mr. Riley in die Hände. »In Ordnung, Kumpel. Zeit aufzubrechen. «
Richie schaut mit einer Miene verwirrter Unschuld auf. »Wo wollen wir hin?«
»Zum Polizeirevier. Du musst dich stellen. Jeder Cop in der Stadt sucht nach dir. Weißt du, dass sie beinahe den Unterricht hätten ausfallen lassen?«
Karen lässt sich ein letztes Mal blicken, um Hope auf den Arm zu nehmen, bevor sie sich wieder in die Küche zurückzieht. Sie sagt weder Richie noch ihrem Ehemann auf Wiedersehen.
Sobald sie zusammen im Wagen sitzen, sagt Richie: »Ich bin jeden Morgen gelaufen.«
»Das ist großartig. Wenn du nicht im Gefängnis landest, solltest du darüber nachdenken, dieses Frühjahr Leichtathletik zu belegen.«
»Ich laufe immer zum selben Ort. Es ist wie ein Zwang … als würde mich irgendeine Kraft dazu drängen, dorthin zu gehen. Es ist dieses einfache Haus am Stadtrand, bei dem ich noch nie zuvor gewesen bin. Keiner meiner Freunde lebt dort in der Nähe. Die wohnen alle in schönen Häusern, wissen Sie?« Er hält inne. »Ich stamme aus einer guten Familie, Mr. Riley. Ich bin ein guter Junge.«
»Du bist ein Drogendealer, Richie.«
»Okay, mal abgesehen davon. Aber Sie hören mir nicht zu. Jedes Mal, wenn ich laufe, lande ich bei diesem Haus. Eine Zeitlang, bei den ersten paar Malen, habe ich es einfach bloß angestarrt. Ich wusste nicht, warum ich dort bin. Doch vor einigen Wochen fing ich an, mich umzuschauen. Ich habe ein bisschen nachgeforscht.«
Sie haben das Polizeirevier fast erreicht.
»Ach, ja?« Mr. Riley wirkt, als würde ihn das überhaupt nicht interessieren. »Was hast du gemacht? Bist du in das Haus eingebrochen?«
»Nein. Ich habe durch die Fenster geschaut. Ich habe in den Briefkasten gesehen. Wissen Sie, wessen Haus das ist?« Er wartet nicht auf die Antwort. »Es ist das Elternhaus dieses Jungen – dessen, der letztes Jahr gestorben ist. Alex Berg. Immer wenn ich lief, war es, als würde mich irgendetwas geradewegs zu dem Haus führen, und dann stellt sich heraus, dass es das Zuhause eines anderen toten Jugendlichen ist. Was glauben Sie, was das bedeutet? Das ergibt überhaupt keinen Sinn, oder?« Er zögert. Dann sagt er: »Mr. Riley, ich weiß, dass sich das verrückt anhört, aber … Denken Sie, Liz könnte dahinterstecken? Vielleicht ist sie immer noch hier. Vielleicht will sie aus einem bestimmten Grund, dass ich dorthin gehe, wie um mir etwas zu zeigen.«
»Ich bin es«, flüstere ich. Ich erschauere und sehe Richie mit nichts als Liebe im Herzen und dem drängenden Verlangen an, ihm näher zu sein. »Ich habe über Alex nachgedacht, und du hast es gefühlt. Du fühlst es noch immer.«
Mr. Riley biegt auf den Schotterparkplatz vor dem Polizeirevier ein. »Ich sage dir, was ich denke, Richie. Ich denke, dass ihr Kinder euch auf das Leben konzentrieren solltet. Was spielt es für eine Rolle, dass es das Haus von Alex war? Er ist tot.«
»Er wurde getötet«, sagt Richie. »Sie haben nie jemanden verhaftet. Es ist immer noch eine Belohnung ausgesetzt.«
Mr. Riley stellt die Automatik des Wagens auf Parken. »Zeit auszusteigen. Ich gehe mit dir rein, wenn du dich dann besser fühlst.«
»Mr. Riley?«
Der Blick meines Trainers ist auf die Wagendecke gerichtet. »Was, Richie?«
»Sie haben meine Fragen nicht beantwortet. Wegen Liz.«
»Dass du denkst, Liz habe dich irgendwie dazu gebracht, zu Alex’ Haus zu laufen? Dass du denkst, in Noank findet eine großangelegte Verschwörung statt?« Mr. Riley schüttelt den Kopf. »Nein. Ich glaube nicht daran. Und du solltest das auch nicht tun. Es ist bloßer Zufall, nichts weiter. Ich glaube nicht an Verschwörungen, und ich glaube auch nicht an Gespenster.«
Ich lehne mich vom Rücksitz nach vorn und lege meine Hände auf Mr. Rileys Schultern. Dann packe ich fest zu und konzentriere mich. Meine Bemühungen haben nicht einmal annähernd denselben Effekt wie bei Richie. Fast kann ich spüren, wie das Blut durch die Venen unter seiner Haut fließt – aber nicht ganz. Er zuckt nicht einmal mit der Wimper.
»Einen Moment. Darf ich Sie noch etwas fragen, bevor ich da
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