Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
Vom Netzwerk:
reingehe?«
    »Sicher.«
    »Ich wollte Sie fragen … Denken Sie, dass die mich trotz allem zum Abschlussball gehen lassen würden, wenn ich in die Schule zurückkomme? Bloß weil ich Josie bereits versprochen habe, dass wir zusammen hingehen würden. Sie hat sich extra ein Kleid gekauft und so.«
    Mr. Riley starrt ihn an. »Du bist im Begriff, verhaftet zu werden, und machst dir Gedanken über den Abschlussball?« Er schüttelt verwundert den Kopf. »Du bist wirklich ein verdammt erbärmlicher Krimineller, weißt du das?«
    »Ja, das weiß ich.« Richie nickt. »Sie haben recht.«
    »Warum lässt du es dann nicht einfach bleiben? Hör auf, diesen Dreck zu verkaufen. Du hast der Welt mehr zu bieten. Du bist ein erstklassiger Schüler.« Mr. Riley hält inne, um meinen Freund zu mustern. In den Augen meines Trainers funkelt eine Mischung aus Erheiterung, Bedauern und – was sonst noch? Fast scheint es mir, als sei es Faszination. In Richie steckt so viel mehr, als er all diese Jahre über geglaubt hat, und er wirkt, als würde ihm das jetzt gerade bewusst werden.
    Richie lächelt. »So bin ich nun mal. Es ist zu spät, das zu ändern.«
    »Nein, ist es nicht. Es ist nie zu spät.«
    Mein Freund erwidert nichts darauf. Er ist im Moment offensichtlich nicht in der Stimmung, ein Gespräch über seine Zukunft zu führen.
    Mr. Riley räuspert sich. »Willst du damit etwa sagen, dass du Josies Gefühle nicht verletzen möchtest? Dass du dir Gedanken darüber machst, dass sie ihr Abschlussballkleid möglicherweise wieder zurückgeben muss?«
    »Nicht darüber, dass sie es zurückgeben muss. Sie würde einen anderen finden, der mit ihr hingeht, da bin ich mir sicher.« Richie streckt die Hand nach dem Türgriff aus. »Ich habe Josie gegenüber ein schlechtes Gewissen. Ich habe der ganzen Familie gegenüber ein schlechtes Gewissen. Aber ich nehme an, das kümmert Sie nicht, richtig? Ich meine, warum sollte es auch?«
    Bevor Mr. Riley die Möglichkeit hat, darauf etwas zu erwidern, steigt Richie aus dem Wagen. »Danke, dass Sie mir heute einen Platz gegeben haben, an dem ich mich verkriechen konnte. Wünschen Sie mir Glück.«

18
    Nachdem Richie sich gestellt hat, unterziehen sie ihn einem stundenlangen Verhör, das nirgendwo hinzuführen scheint. Es stimmt: Wohlhabende Menschen werden anders behandelt, besonders in unserer Stadt. Richies Vater kommt mit ihrem Rechtsanwalt ins Polizeirevier, und nach einer Unterredung mit dem Richter kommt Richie mit zwei Jahren auf Bewährung davon. Zu seinem Glück hat Mr. Wilson der Gemeinde einige Jahre zuvor eine beträchtliche Spende zukommen lassen, und seine Großzügigkeit erlaubte es der Stadt, ein neues Polizeigebäude zu errichten. Daher hat er bei den hiesigen Ordnungshütern einen ziemlichen Stein im Brett. Da dies Richies erste Straftat ist und da die Waffe nicht geladen war und er sie Mr. Riley freiwillig aushändigte, der sie seinerseits den Cops übergab, sind sich alle einig, dass es am besten ist, die Situation nicht unverhältnismäßig aufzubauschen. Die Drogen werden als Beweismittel beschlagnahmt, die Waffe wird Richies Vater zurückgegeben (der ihr rechtmäßiger Besitzer ist), und die Speicherkarte verbleibt in Joe Wrights Besitz.
    Nachdem Joe sich nach Richies Verhör in sein Büro auf dem Revier zurückgezogen und die Jalousien an den Fenstern heruntergelassen hat, sieht er sich diese Fotos an; sein Widerwille, mich in derart kompromittierenden Posen zu sehen, ist offenkundig. Es sind dieselben Bilder wie auf meinem Computer: Vince und ich. Als ich sie mir von neuem anschaue, wird mir voller Abscheu klar, dass Josie Richie die Speicherkarte gegeben haben muss, um ihn für sich selbst zu gewinnen.
    »Bitte«, flehe ich Alex an, während wir hinter Joe stehen. »Bitte, schau nicht hin.«
    Er sagt nichts; er nickt bloß und dreht sich um.
    Der Gedanke, dass Richie mich so gesehen hat, bricht mir das Herz. Seit wann hat er die Fotos? Schon Wochen bevor ich starb? Monate? Wie konnte er mir mit dem Wissen, was ich getan hatte, überhaupt in die Augen schauen? Wie konnte er mich trotzdem weiter lieben? Die einzige Antwort, die mir darauf einfällt, ist, dass er nun mal Richie ist. Er kennt mich seit Ewigkeiten. Genauso wenig, wie ich aufhören kann, ihn zu lieben, bloß weil er so töricht war, hinter meinem Rücken mit Josie herumzumachen, kann er vermutlich seine Gefühle für mich einfach abschalten.
     
    Nach Richies Verhaftung werden Tage zu Wochen, ohne dass viel

Weitere Kostenlose Bücher