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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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mich hilflos und frustriert, ich fühle mich so … tot.
    Meine Freundinnen Mera und Caroline sind in meinem begehbaren Kleiderschrank, der so groß ist, dass er beinahe die Hälfte meines Zimmers einnimmt. Josie ist auch dabei.
    »Oh, das kann doch nicht wahr sein«, sagt Alex, als er sie sieht. Alle drei tragen bloß BHs und Unterwäsche, bereit, mit dem Anprobieren meiner Klamotten zu beginnen. Er schenkt mir ein niederträchtiges Grinsen. »Wenn dies die Hölle ist, macht ruhig weiter und kettet mich an die Wand.«
    Ich schaue ihn stirnrunzelnd an. »Ich dachte, du hasst sie.«
    In gespielter Nachdenklichkeit kratzt er sich am Kopf. »Ja, aber das bedeutet doch noch lange nicht, dass ich sie nicht halbnackt sehen will.«
    Caroline scheint die Einzige zu sein, die gewisse Hemmungen bei dem hat, was sie hier gerade machen. Sie betrachtet die sorgsam arrangierten Reihen mit Kleidung, die im Gegensatz zu meinem ansonsten unordentlichen Zimmer ordentlich aufgehängt sind, und streckt eine perfekt manikürte Fingerspitze aus, um zaghaft den Ärmel eines roten Kaschmirpullis zu berühren.
    »Bist du sicher, dass das okay ist?« Sie wirft Josie einen besorgten Blick zu. »Mir kommt das komisch vor. Was, wenn deine Mom uns hier drin entdeckt?«
    Josie. Meine Stiefschwester. Meine beste Freundin. Sobald ich ihr ins Gesicht schaue, erkenne ich, dass sie ebenfalls aufgewühlt ist. »Aber es war doch sogar Moms Idee«, sagt sie, während sie ein schwarzes Leinenkleid vom Bügel nimmt.
    Sie starrt das Kleid einige Sekunden lang an. Dann hält sie den Stoff an ihr Gesicht und atmet tief ein, riecht daran. Auf der Suche nach mir. Als sie ihn wieder sinken lässt, stehen ihr Tränen in den Augen.
    »Josie?« Caroline spricht sehr sanft. »Bist du sicher, dass du das jetzt machen willst?«
    Meine Stiefschwester nimmt einen weiteren tiefen Atemzug. Sie hat einen versonnenen Ausdruck auf dem Gesicht. »Jeden Morgen, wenn ich aufwache, rechne ich damit, dass sie daheim ist«, murmelt sie. »Ich mache die Augen auf und schaue auf meinen Wecker und denke: ›Vermutlich ist Liz schon von ihrem Morgenlauf zurück.‹ Und dann fällt mir ein, dass sie … nicht hier ist.« Sie starrt das zu einem Knäuel zerknautschte Kleid an. »Ich glaube nicht, dass ich mich je an den Gedanken gewöhnen werde. Wir kannten einander unser ganzes Leben lang, wisst ihr?«
    Mera und Caroline wechseln einen besorgten Blick. Caroline geht zu Josie hinüber und legt ihr eine Hand auf den Rücken. »Ich weiß, Josie. Das Ganze ist schrecklich. Im Ernst, heben wir uns die Sache hier für ein andermal auf. Wir können jetzt genauso gut auch etwas anderes unternehmen. Wir lassen dich heute nicht allein, okay?«
    Josie runzelt die Stirn. Sie schüttelt das Kleid aus und hält es in die Höhe, um es einen Moment lang zu betrachten, bevor sie es gegen ihren Körper drückt, fast, als würde sie es umarmen. »Nein. Ich will es jetzt machen. Ich will es hinter mich bringen. Abgesehen davon: Was sollen wir sonst mit alldem machen? Es der Wohlfahrt spenden? Dieses Zeug ist ein Vermögen wert.« Sie wischt sich mit einer Hand die Tränen fort und blinzelt ein paarmal rasch hintereinander. Sich zu einem breiten Lächeln zwingend, sieht sie Caroline und Mera an. »Ist schon gut. Ich bin in Ordnung.«
    Was meine Klamotten angeht, hat sie jedenfalls recht. Obwohl es mich schmerzt zu sehen, wie meine Freunde meine gesamten irdischen Besitztümer durchwühlen, weiß ich, dass es besser ist, wenn sie sie sich nehmen. Praktisch alles wirkt, als würde es aus Luxusboutiquen stammen. Sogar meine Laufausrüstung ist erstklassig, das Neueste in Sachen Elastan und Mikrofaser.
    »Was ist mit Liz’ Dad?«, fragt Caroline. »Was würde er davon halten? Ich meine, wäre er damit einverstanden, dass wir das hier machen?«
    Ich weiß bereits, dass es meinem Dad vermutlich egal wäre. Im Gegensatz zu Nicole ist er das vollkommene Gegenteil eines Träumers: Er hält sich für einen ausgesprochen vernünftigen Menschen und glaubt weder an Geister noch ans Jenseits oder irgendetwas dergleichen. Daher ist es wahrscheinlich, dass meine Kleider für ihn keinerlei Bedeutung mehr haben.
    Schon komisch; eigentlich würde man denken, dass Nicole und er schlecht zusammenpassen. Aber das tun sie nicht. Ihre Faszination für den Spiritismus amüsiert meinen Dad. Er findet das niedlich und harmlos; zumindest früher. Ich weiß nicht, wie er jetzt darüber denkt.
    Josie wirft Caroline einen scharfen Blick

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