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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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zu. »Was meinst du damit: Liz’ Dad? Er ist auch mein Vater.«
    »Oh.« Caroline sieht aus, als habe sie ihren Kaugummi verschluckt. »Stimmt.« Ich sehe, wie sie einen weiteren Blick mit Mera wechselt. Doch keine der beiden sagt etwas.
    »Hält sie ihn etwa für ihren richtigen Vater?«, fragt Alex.
    Ich versuche, den Gedanken abzutun, als wäre er so unwichtig wie eine lästige Fliege. Doch er ist noch da, jetzt offen ausgesprochen, und ich weiß, dass mir keine andere Wahl bleibt, als Alex die Angelegenheit ein bisschen näher zu erklären. »Ich sagte dir doch, dass wir darüber nicht viel reden. Sie denkt … Ja, ich schätze, sie denkt, er ist ihr Dad. Aber sie irrt sich. Josies wirklicher Vater ist ein echter Loser. Ständig verlor er seine Arbeit. Nachdem er und Nicole geschieden waren, hat er Josie praktisch nie mehr besucht.«
    »Aber stört es dich nicht, dass sie denkt, dein Dad und ihre Mom hätten all diese Jahre über allen anderen etwas vorgemacht? « Alex wirkt ungläubig. Mir wird klar, dass er irgendwie recht hat; was Josie betrifft, ist das eine ziemlich gewagte Unterstellung, und jetzt kommt es mir seltsam vor, dass ich nie versucht habe, sie vom Gegenteil zu überzeugen.
    Ich sehe meine Stiefschwester an, die ihre Finger mit niedergeschlagenem, traurigem Gesichtsausdruck über meine Garderobe gleiten lässt. Sie weint jetzt jeden Tag. Als ich meinen Blick über ihren Körper schweifen lasse, fällt mir auf, dass sie immer noch ihr »Beste Freundinnen«-Armband trägt.
    »Das schien einfach undenkbar«, erkläre ich ihm. »Ich habe niemals daran geglaubt. Ich weiß nicht, Alex. Sie wollte unbedingt einen Dad. Ich denke, dass sie tief in ihrem Innern weiß, dass es nicht so ist. Das muss sie wissen. Es ist, als hätte dieses hässliche Gerücht uns unser ganzes Leben lang verfolgt. Keiner von uns sprach gern darüber. Und wir hatten mit Sicherheit nicht vor, Dad oder Nicole zu fragen, ob es stimmt. Es ist, als hätte es keinen Sinn gehabt, darüber zu diskutieren.«
    Sein Tonfall ist zweifelnd. »Kann schon sein.«
    »Jetzt spielt es ohnehin keine Rolle mehr«, sage ich. »Pass auf. Lass uns zusehen.«
    Sobald jede meiner Freundinnen einen Haufen Kleider zusammengetragen hat, beginnen sie, Sachen anzuprobieren; sie stehen inmitten meines Zimmers und werfen die Kleidungsstücke, die sie nicht haben wollen, nachlässig zu Boden.
    »Du bist viel dünner als die«, merkt Alex an. »Ich hätte nicht gedacht, dass ihnen deine Klamotten passen.«
    »Richie sagte, ich hätte in kurzer Zeit viel Gewicht verloren«, erinnere ich ihn. »Ich denke, dass viele der alten Sachen einige Nummern größer sind.«
    Josie schlüpft in ein Paar Jeans und ein schwarzes Ein-Schulter-Top. Sie betrachtet sich im Spiegel.
    »Mir steht das nicht so gut wie Liz«, sagt sie und beißt sich in einem halben Lächeln auf die Unterlippe. Sie hält einen Strang ihres langen, blondes Haars hoch und mustert stirnrunzelnd die Spitzen, von denen ich zufällig weiß, dass sie fast immer brüchig sind, ganz gleich, wie oft sie es schneiden lässt. All die Chemikalien des Bleichmittels, das alle sechs Wochen aufgetragen wird – plus die ganze Wärme, die sie braucht, um es zu stylen –, fordern von ihren Locken wirklich ihren Tribut. »Liz sah in allem großartig aus. Ihr hat immer alles perfekt gepasst.«
    Mera setzt sich an meinen Schminktisch und durchstöbert die Schublade. Sie holt ein nagelneues Paar falscher Wimpern daraus hervor. »Tja, was hast du erwartet? Sie hatte eine Figur wie eine Gameshow-Moderatorin«, sagt sie. Sie wühlt ein paar Sekunden in dem Mascara-Beutel herum, ehe sie ihn umstülpt, um den Inhalt auf dem Boden auszuschütten. »Du kannst dich nicht mit ihr vergleichen.«
    Josie nickt. Ich bemerke, dass sie einen flüchtigen Moment lang die Zähne zusammenbeißt; ihre Kiefermuskeln an ihren Wangen spannen sich sichtlich an, fast, als hätte sie an diesem Gedanken zu kauen. »Ich weiß.« Sie dreht sich vor dem Spiegel zur Seite und betrachtet ihr Profil. »An ihr hätte sogar ein Papierbeutel gut ausgesehen.«
    »Jep.« Mera durchstöbert weiter das Make-up. Sie nimmt einen Lippenstift auf, öffnet ihn und starrt die kastanienbraune Farbe geistesabwesend an. »Doch in den letzten Monaten hat sie sich verändert.« Caroline sucht nach den richtigen Worten. »Das ist euch doch auch aufgefallen … Oder, Josie?«
    Josie nickt. »Sie verkümmerte. Wurde immer dünner. Alle wussten das.« Und dann fügt sie hinzu:

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