Manche Maedchen muessen sterben
konzentrieren, die in der Frühlingsluft anfangen, Knospen zu treiben, auf die aufblühenden Blumen, auf das Gras, das in der steifen Brise Neuenglands, die das Land zu zerschneiden scheint, in unzähligen entschlossenen einzelnen Halmen wächst. Das Leben bricht sich Bahn.
Allein, wenn ich mich nur ansehe, wird mir klar, dass ich am Verhungern bin. All dieses Leben da draußen steht im Gegensatz zu dem Knoten pochenden Hungers in meinem eingesunkenen Magen. Mein Hunger scheint überall zu sein. Er zeigt sich in meinen Augen. Er zeigt sich in meinem Gesicht. Er füllt im Wagen den Raum zwischen meinem Vater und mir.
Als er spricht, klingt mein Dad, als müsste er mit aller Macht die Tränen zurückhalten. »Du bist nicht deine Mutter«, sagt er.
»Das weiß ich«, erwidere ich.
»Was soll das Ganze dann? Warum machst du das?« Er biegt mit dem Wagen in unsere Garage ein, schaltet den Motor aus und verriegelt die Türen.
»Du kommst hier nicht eher raus, bis du mir darauf eine Antwort gegeben hast«, sagt er.
Doch ich reagiere nicht. Ich starre stur nach vorne, auf die Wand der Garage, wo das Fahrrad meiner Stiefmutter an zwei Haken hängt.
»Therapie«, sagt mein Dad schließlich. »Du wirst zum Arzt gehen. Ich mache einen Termin für dich aus.«
Ich sage nichts dazu.
»Du gehst zum Arzt«, fährt er fort, »oder es gibt Konsequenzen. Verstanden?«
Doch als ich mich selbst beobachte, weiß ich, dass ich nicht die Absicht habe, eine Therapie zu machen. Ich erinnere mich jedenfalls nicht daran, wegen meiner Ess- oder Trainingsgewohnheiten je irgendwelche Ärzte aufgesucht zu haben. Und es war ohnehin nicht so, als wäre mein Dad wirklich imstande gewesen, mich dazu zu zwingen. Dafür war er zu beschäftigt. Vor meinem Tod arbeitete er achtzig Stunden in der Woche, manchmal mehr. Es war nicht so, dass wir das Geld gebraucht hätten; er liebte es einfach zu arbeiten. Er war fast nie zu Hause. Ich bin überrascht, dass er lange genug daheim war, um mich aus dem Krankenhaus abzuholen.
Mein Vater wartet einige Sekunden und blickt mich erwartungsvoll an, bevor er aus dem Wagen steigt, die Tür zuknallt und mich allein in der kühlen Dunkelheit sitzen lässt. Ich drücke meinen Handrücken gegen die Stirn. Während ich mich beobachte, kommt es mir vor, als hätte ich schreckliche Schmerzen. Als könne ich es kaum ertragen, bei Bewusstsein zu sein.
Als die Erinnerung davondriftet, sehe ich, wie Mr. Riley hinter seinem Tisch aufsteht. »Wenn du wirklich laufen willst«, erklärt er Richie, »könntest du dem Cross-Country-Team beitreten. «
»Oh nein. Das könnte ich nicht«, sagt Richie.
»Warum nicht?«
»Oh, ich habe … nun, Sie wissen schon, noch andere Verpflichtungen. Und ich bin nicht unbedingt ein Teamspieler.«
»Natürlich, das bist du nicht.« Mr. Riley schaut auf seine Uhr. »Du kommst zu spät zum Unterricht.«
»Ich habe mich gefragt, ob Sie wohl einen Blick auf meine Schuhe werfen könnten?«
Mr. Riley hält inne. »Wie bitte?«
»Meine Schuhe. Meine Turnschuhe.« Und Richie hebt seinen Fuß und legt ihn auf die Kante von Mr. Rileys Schreibtisch.
»Was willst du wissen?« Mr. Riley gönnt seinen Schuhen bloß einen flüchtigen Blick. »Die sind okay. Ungefähr alle dreihundert Meilen solltest du dir neue besorgen. In denen kannst du noch eine ganze Weile laufen.«
»Ich weiß nichts über das alles«, sagt Richie. »Ich laufe erst seit anderthalb Wochen, und schon sind meine Füße ziemlich angeschlagen.« Er starrt auf die Schuhe. »Wissen Sie, die hat Liz mir vor über einem Jahr geschenkt. Sie wollte, dass ich mit ihr laufen gehe. Aber ich bin nie mitgekommen.«
Mr. Riley ist sichtlich unbehaglich zumute. »Ich bin sicher, es würde sie freuen, dass du jetzt läufst.«
»Auf einmal glauben alle, sie wüssten, was mich jetzt freuen würde«, flüstere ich Alex zu.
Er nickt zustimmend. »Ja. Wenn man tot ist, neigen die Leute dazu.«
»Ich denke«, sagt Richie, »dass es vielleicht nicht passiert wäre, wenn ich mehr Zeit mit ihr verbracht hätte. Wäre ich in dieser Nacht nicht eingeschlafen, dann wäre sie jetzt noch am Leben. Sie wissen doch, dass es heißt, schon die kleinste Kleinigkeit könnte das Schicksal eines Menschen verändern? So was wie in der Art, dass jemand drüben in Afrika einen Moskito platthaut, und das löst auf einem anderen Kontinent einen Tsunami aus? Wenn ich mit ihr laufen gegangen wäre oder auch nur versucht hätte, mehr mit ihr zu reden, hätte ich
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