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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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eine Weihnachtskarte mit einem Foto ihrer Familie, auf dem sie alle wie die Figuren aus einem beliebten Buch oder einem Film kostümiert sind. Letztes Jahr waren sie alle jemand aus Harry Potter ; im Jahr davor aus Star Wars . Carolines Mutter leistet jede Menge ehrenamtlicher Arbeit, und ihr Dad ist so eine Art Finanzzauberer, der unter der Woche in Manhattan arbeitet und bloß am Wochenende bei seiner Familie ist.
    Caroline ist ein guter Mensch, dessen bin ich mir sicher. Daher bin ich mehr als nur ein bisschen überrascht, sie so in meinen Schubladen herumwühlen zu sehen, in aller Heimlichkeit. Das ergibt auch nicht allzu viel Sinn; Josie hat ihnen bereits erlaubt, sich all meine Sachen anzusehen.
    In der obersten Schublade meines Toilettentisches findet sie eine fast volle Dose verschreibungspflichtiger Schmerzmittel — Überbleibsel meiner Gehirnerschütterung. Sie lässt sie in ihre Tasche gleiten. Gerade will sie das Wasser abdrehen, als sie plötzlich innehält und einen genaueren Blick in die Schublade wirft.
    Die Art, wie sie schaut, verrät mir, dass sie eigentlich bloß die Schmerzmittel wollte; doch jetzt ist sie offensichtlich auch noch auf etwas anderes gestoßen.
    Auf Geld. Bargeld. Sie greift in die Schublade und holt eine Handvoll Hundert-Dollar-Scheine daraus hervor. Ihre Hände zittern ein wenig.
    Ich habe keine Ahnung, was ich mit so viel Geld vorhatte. Ich hatte ein Bankkonto, und meine Eltern überwiesen mir jede Woche mein Taschengeld. Sie gaben mir nie Bargeld.
    Doch das Geld, das sie in der Hand hält, war offenkundig für irgendetwas bestimmt; warum hätte ich es sonst in einer Badezimmerschublade verstecken sollen? Während Carolines Augen vor »Schau an, was ich gefunden habe«-Faszination langsam ganz glasig werden, beginnt sie, die Scheine zu zählen. Eins … zwei … drei … vier … Es sind fünfhundert Dollar.
    Ich keuche. Was hatte ich mit dem ganzen Geld vor? Ich habe nicht die geringste Ahnung. Für einen Moment kneife ich die Augen fest zusammen und versuche, mich zu konzentrieren, darum bemüht, mich an etwas zu erinnern. An irgendetwas. Doch ohne Erfolg.
    Es klopft an der Tür. »Caroline? Süße, bist du okay?« Das ist Josie.
    »Ähm … ja, nur eine Sekunde!« Sie starrt das Geld an. Einen flüchtigen Moment lang gebe ich mich dem Gedanken hin, dass sie es in die Schublade zurücklegen wird.
    Doch das tut sie nicht. Stattdessen rollt sie die Scheine zusammen und stopft das Röllchen in ihren BH.
    Sobald sie das Badezimmer verlassen hat, fängt Caroline an, ihre Sachen zusammenzusuchen. »Mir war gar nicht klar, wie spät es schon ist«, erklärt sie und schlüpft in ihre Schuhe. »Ich muss sofort nach Hause.«
    »Aber wir sind noch nicht fertig.« Mera runzelt die Stirn. »Und eigentlich wollten wir anschließend doch Milchkaffee machen und dann hier schlafen.«
    »Tut mir leid, Mädels, ich muss gehen. Wir machen ein andermal Milchkaffee, okay?« Caroline schnappt sich ihre Handtasche. Josie und Mera werfen einander einen unsicheren Blick zu.
    »Was ist los? Du bist irgendwie komisch«, sagt Josie. »Möchtest du nichts von den Klamotten? Wie ich euch schon sagte, meine Eltern wollen , dass wir sie nehmen.«
    Caroline atmet tief ein. Sie schaut sich noch einen Moment in meinem Zimmer um. Ihr Blick verweilt auf meinem Haufen alter Laufschuhe. Einen flüchtigen Augenblick lang sieht sie aus, als würde sie gleich weinen.
    »Ich behalte dieses Jäckchen«, sagt sie und deutet auf das, was sie bereits trägt. »Aber ich will nichts anderes haben. Eine Sache zu nehmen ist okay, aber ihre Klamotten so zu durchwühlen … Ich weiß nicht recht, Josie. Das kommt mir falsch vor. Es kommt mir vor, als würden wir Liz bestehlen.«
    Mera schaut auf ihre Hände hinunter. Sie hat nicht weniger als fünf meiner alten Handtaschen umklammert. Ihr Griff darum lockert sich ein wenig, doch sie lässt sie nicht los.
    Josie sieht Caroline zweifelnd an. »In diesem Jäckchen siehst du klasse aus«, erklärt sie. »Liz hätte gewollt, dass du es bekommst.«
    Das stimmt; sie sieht in dem Jäckchen klasse aus. Und diesmal hat Josie recht. Ich will, dass Caroline es hat. Ich weiß, dass sie gut darauf aufpassen wird.
    »Ich rufe euch später an, in Ordnung?« Caroline haucht meinen Freundinnen einen Kuss zu. Dann ist sie fort.
     
    Als ich Alex erzähle, was ich im Badezimmer gesehen habe, sagt er: »Nun, dein Freund ist Drogendealer. Möglicherweise hast du ein bisschen Bares für ihn

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