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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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Schreckens verdichtet. Ich weiß bereits, was er sagen wird, bevor er spricht. Ich habe keine Ahnung, warum. Im Großen und Ganzen begreife ich nichts von alldem. Alles, was ich weiß, ist, dass ich über Alex nachgedacht habe, während ich Richie beim Laufen zusah. Hier geschieht etwas, das mein Begriffsvermögen übersteigt. Unsere Welten sind miteinander verflochten; meine Gedanken beeinflussen Richie. So viel scheint klar zu sein. Das weiß ich, auch wenn es für mich im Augenblick noch nicht wirklich Sinn ergibt.
    »Weil dies mein Zuhause ist. Ich will nach Hause.«

11
    Ich nehme an, die Menschen gehen auf die unterschiedlichste Art und Weise mit dem Tod um. Es scheint, als würde meine Familie versuchen, mich ohne allzu viel Aufhebens gehen zu lassen: Sie geben meine Sachen weg. Mein Vater ertränkt seinen Kummer im Alkohol. Obwohl meine Stiefschwester offenkundig trauert, beansprucht sie meinen Freund nach wie vor für sich. Sie scheinen sich nicht für das Rätsel zu interessieren, das mein vorzeitiges Ableben umgibt, oder sich auch bloß einzugestehen, dass es da ein Rätsel gibt .
    Einige Leute jedoch lassen nicht so einfach los; sie klammern sich an den Verlust eines geliebten Menschen wie an eine warme Decke. Alex’ Zuhause ist ein Denkmal für ihn, errichtet aus Gipskarton und Linoleumbelag und billigen Gardinen. Sein Foto hängt in jedem Raum, umgeben von religiöser Ikonografie und getrockneten Blumen und in den meisten Fällen von ein paar Kerzen, die alle brennen, obwohl das Haus verlassen ist.
    »Haben sie keine Angst, dass es anfängt zu brennen?« Ich halte meine Handfläche über die Flamme einer blutroten Kerze, auf deren gläsernem Halter eine schlichte Abbildung der Jungfrau Maria gemalt ist, und bin begeistert, als mir bewusst wird, dass ich nichts spüre. Manchmal ist es faszinierend, ein Geist zu sein.
    »Ich glaube nicht, dass sie noch vor irgendetwas Angst haben.«
    »Du sagtest, sie seien religiös. Deine Eltern, meine ich. Sind sie katholisch?«
    Das einzig Religionsähnliche, mit dem ich je näheren Kontakt hatte, war Nicoles angesagte New-Age-Version der Spiritualität. Bei uns zu Hause konnte man mit der anderen Seite bloß dann in Verbindung treten, wenn man die richtige Aufmachung dafür hatte: eng anliegendes Tanktop, ein rustikaler Rock, Türkisschmuck, Henna-Tattoos. Soweit ich das mitbekommen habe, war Nicole seit meinem Tod relativ ruhig und generell eher unmotiviert, die Religion des Monats auszuüben. Das überrascht mich nicht. Wahrer Verlust, der Anblick ihrer Stieftochter in einem Leichensack zum Beispiel sowie das vage Begreifen, dass ich meine letzten Augenblicke unter Wasser untergetaucht zugebracht habe, während Salzwasser in meine gesunde Lunge drang, um mir im besten Falle einen unangenehmen Tod zu bescheren, lässt sich nicht mit dem beiläufigen Umdrehen einer Tarotkarte oder einer absurden Séance-Zeremonie vertreiben.
    Als meine Mutter starb, hatte sie allerdings kein Problem damit, das Ouija-Brett rauszuholen. Warum nicht? Hat sie bloß versucht, mich zu trösten? Falls ja, kommt mir dieses Bestreben jetzt töricht, unsensibel, ja, beinahe grotesk unangebracht vor. Was zur Hölle hat sie sich nur dabei gedacht?
    »Ja, sie sind katholisch. Und ich habe nicht gesagt, dass sie religiös sind«, korrigiert Alex mich. »Ich sagte, dass sie sehr religiös sind. Ich meine, sieh dich um, Liz. Ihr ganzes Leben dreht sich um das Christentum.« Er hält inne. »Nicht dass das etwas Schlechtes wäre. Ich denke, das hat ihnen einen gewissen Trost geschenkt. Religiöse Rituale haben durchaus etwas für sich, meinst du nicht?«
    Ich zögere. Auf mich wirkt das Haus einfach nur gruselig. »Klar«, sage ich. »Ich schätze schon.«
    »Wie bei dir das Laufen«, fügt er hinzu. »Das war ein Ritual, oder nicht? Etwas, das du immer und immer wieder getan hast, damit du dich weiterhin geistig gesund fühlst und so, als hättest du alles unter Kontrolle?«
    »Okay. Ich verstehe, worauf du hinauswillst. Aber das war eigentlich keine Religion. Ich meine, Alex …« Mein Blick schweift durch den Raum. »… das hier verleiht der Andacht für einen Verstorbenen eine ganz neue Dimension.«
    »Ja«, stimmt er zu. »So sind meine Eltern.«
    »Also, sag mir«, frage ich, »was denken deine frommen Eltern, wo du jetzt bist? Im Himmel?«
    »Natürlich. Ich bin getauft.« Er sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an; abgesehen von dem Kerzenlicht ist das Haus dunkel. »Wusstest du das

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