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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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Regalen mit frisch gebackenem Brot gesäumten Wände, die bezaubernden schmiedeeisernen Zwei-Personen-Tische im vorderen Teil des Ladens, die großen Schaufenster, durch die man einen großartigen Blick auf den Strand hat.
    Und da ist Alex, der aus dem Hinterzimmer kommt und sich die Hände an seiner schmutzigen Schürze abwischt, als er zum Tresen eilt. Er ist jünger, aber nicht viel. Natürlich sind wir im Mystic Market.
    »Mrs. Boyden.« Er schenkt der Frau an der Theke ein breites Lächeln. »Wie geht es Ihnen?«
    Bei seinem Anblick wird ihr geschliffenes, eiskaltes Auftreten ein bisschen weicher. »Alex. Schön, dich zu sehen.« Sie schaut sich um. »Ich habe heute jemanden mitgebracht, aber offensichtlich ist sie schüchtern. Chelsea? Wo versteckst du dich?«
    Ich sage zu Alex: »Du nimmst mich nie mit, wenn du dich an Dinge erinnerst.«
    Er zuckt die Schultern, doch ich weiß, dass er bloß versucht, gleichgültig zu wirken; er ist offensichtlich nervös. »Ich mache so was nicht allzu oft. Wir waren so auf das konzentriert, was dir widerfahren ist. Ich hatte ein ganzes Jahr lang Zeit, um zurückzugehen und mir selbst über Dinge klar zu werden.«
    Ich schüttle den Kopf. »Das ist nicht der Grund. Du hast selbst gesagt, dass du nicht weißt, wer dich getötet hat. Du musst dich an Dinge erinnern, aber du willst mich einfach nicht daran teilhaben lassen, oder? Nicht das kleinste bisschen. Wir waren die ganze Zeit zusammen, Alex. Ich habe dir so viel von mir gezeigt. Aber du willst nicht, dass ich irgendwas aus deinem Leben sehe. Das ist nicht fair.«
    »Liz«, sagt er mit zunehmender Ungeduld. »Nichts zwingt mich dazu, dir mein Leben zu zeigen. Ich brauche deine Hilfe nicht, bei nichts. Das hier ist privat, okay? Verstehst du das nicht?«
    Zwischen zwei Regalreihen mit Lebensmitteln taucht ein hübsches junges Mädchen auf und kommt auf die Theke zu. Sie trägt eine katholische Schuluniform, komplett mit marineblauen Kniestrümpfen und Slippern. Ihr braunes Haar ist zu einem hohen, schlichten Pferdeschwanz gebunden. Sie trägt Make-up, aber nur ein bisschen, vermutlich nichts weiter als etwas Rouge und Lipgloss. Fast augenblicklich fällt mir auf, dass ihre Ohren nicht durchstochen sind. Ihre Fingernägel sind kurzgeschnitten und unlackiert.
    »Aber du arbeitest doch bloß«, sage ich schmollend. »Jeder kann hier reinkommen und dich sehen. Was ist daran so ungeheuer privat?«
    »Nichts. Es ist bloß … nichts.« Er seufzt. »Das hier gehört mir . Und dabei möchte ich es belassen.« Er zögert, dann fügt er hinzu: »Ich möchte nicht, dass irgendetwas diese Erinnerung kaputtmacht.«
    »Du denkst, dass du mich mit hergenommen hast, könnte sie kaputtmachen?« Ich runzle die Stirn. »Wie das?«
    Der andere Alex – der hinter dem Tresen – lächelt das Mädchen an. Chelsea. »Hey«, sagt er. »Wo hast du gesteckt? Lange nicht gesehen.«
    Irgendetwas an Alex’ Gesichtsausdruck ist seltsam, am Klang seiner Stimme, ja, sogar am Glanz in seinen Augen. Und das ist noch nicht alles; irgendwie wirkt er sogar größer. Er stützt seine Arme oben auf den Tresen und bettet sein Kinn lässig in seine Hände.
    Mrs. Boyden schaut zwischen den beiden hin und her. »Ich habe Chelsea heute von der Schule abgeholt«, sagt sie. »Sie verbringt das Wochenende bei mir.«
    »Ich kenne sie nicht«, erkläre ich Alex. »Sollte ich? Warum trägt sie eine Schuluniform?«
    »Sie geht auf die katholische Schule in Groton«, murmelt er, eindeutig wenig bestrebt, mir irgendetwas über die Szene zu erklären.
    »Ach ja?« Der Alex hinter der Theke nickt interessiert. »Irgendwelche großen Pläne fürs Wochenende?«
    Dann wird mir klar, was in dieser Erinnerung so anders an ihm ist. Er ist zufrieden. Ruhig. Entspannt. Doch vor allem ist er selbstbewusst.
    »Nun schau dich an«, sage ich und grinse ihn an. »Flirtest wie ein Profi.«
    »Hör auf damit.« Er sieht aus, als würde er gleich losheulen.
    »Alex, was soll das? Ist doch alles okay. Wir stecken zusammen hier, weißt du? Wir sind beide tot. Ich werde mich nicht über dich lustig machen, das verspreche ich.«
    »Wie auch immer.« Er blickt zu Boden. »Es ist nicht das, wofür du es hältst.«
    »Dann erklär’s mir«, fordere ich. »Was ist hier los?«
    Doch er ignoriert meine Frage; stattdessen beschließt er, sich auf sein früheres Selbst zu konzentrieren, das sich mit Mrs. Boyden und Chelsea unterhält. »Oh, ich versuche nicht mehr, mir einzureden, dass Chelsea ihre

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