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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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der Erste sein.« Er schluckt. »Ich will der Einzige sein. Für immer.«
    »Das wirst du.«
    »Versprichst du es?«
    Er weiß bereits von Vince; das begreife ich jetzt. Und als ich uns beide zusammen beobachte, wird mir klar, dass ich wusste , dass er nichts von dem glaubte, was ich zu ihm sagte.
    Aber warum stellt er mich dann nicht zur Rede? Warum küsst er mich und liebt mich weiterhin, wo doch alles, was wir uns im Laufe der Jahre gemeinsam aufgebaut haben, zu einer Lüge verkommt?
    »Ich verspreche es«, flüstere ich. Vielleicht will er die ganze Wahrheit überhaupt nicht wissen. Wie auch immer die aussehen mag, für mich war sie zu schrecklich, um sie mit Richie zu teilen.
    Und wenn ich sie ihm gesagt hätte, wären die Dinge dann anders gelaufen? Könnte ich dann noch am Leben sein? Oder waren die Ereignisse, die zu meinem Tod führen sollten, bereits in vollem Gange, zu weit fortgeschritten, um noch vereitelt werden zu können, ganz gleich, was ich getan hätte, um das Schlimmste zu verhindern?
     
    Sobald die Erinnerung davondriftet, ergreift Alex meinen Arm, um mich irgendwo anders hinzubringen. »Da wären wir«, sagt er.
    Als ich mich umschaue, erkenne ich, dass wir uns in der Gegenwart befinden. Alex und ich sind nirgends zu sehen. Und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich annehmen, es sei bloß ein gewöhnlicher Tag an einer gewöhnlichen Highschool. Wir sind in der Kantine.
    »Es ist Pizzatag«, sagt er.
    Unverzüglich entdecke ich meine Freunde, die an ihrem üblichen Tisch sitzen, der sozusagen den VIP-Bereich im Speisesaal markiert: ein großer, runder Tisch in der hinteren rechten Ecke des Raums, gleich neben der Kartoffeltheke, am dichtesten bei der Doppeltür, die auf den Parkplatz hinausführt.
    »Ich dachte, du hast das Mittagessen gehasst«, sage ich zu Alex.
    »Nun, ich dachte, du möchtest vielleicht ein paar vertraute Gesichter sehen.« Er lächelt knapp. »Habe ich echt gesagt, ich würde das Mittagessen hassen?«
    »Ja. Wegen mir und meiner Freunde. Du hast mir erzählt, du hättest manchmal in der Bibliothek gegessen, um uns aus dem Weg zu gehen.« Ich sehe ihn an. »Ich erinnere mich. Es tut mir leid.«
    »Hör auf, ständig zu sagen, dass dir irgendwas leidtut.«
    »Ich kann nicht anders.« Das stimmt; ich kann nicht anders.
    Wir begeben uns in die Nähe meiner Freunde. Für die anderen Schüler mag vielleicht Pizzatag sein, doch für meine Freundinnen ist jeder Tag Salattag.
    Josie stochert in ihrem Capresesalat herum und knabbert an den Blättchen eines Basilikumstängels.
    »Bist du okay?« Mera nippt an einer Diätcola. »Machst du dir Gedanken wegen Richie?«
    Josie nickt. »Sie werden ihn verhaften.«
    »Josie, würdest du dich bitte mal entspannen?« Topher streckt sich träge und schlingt einen Arm um Mera. »Dann verhaften sie ihn eben. Sollen sie ruhig, seine Eltern werden ihn schon auf Kaution rausholen. Am Ende kriegt er dann eine Bewährungsstrafe. Ist doch keine große Sache, er ist noch minderjährig.«
    »Lass sie in Ruhe«, sagt Caroline. »Er ist ihr Freund. Sie sorgt sich um ihn.«
    »Oh, er ist nicht ihr Freund«, sagt Mera und wirft Topher einen raschen Blick zu, der desinteressiert tut. Den geschwätzigen Informanten, den er zuvor Joe gegenüber gespielt hat, sieht man ihm gar nicht mehr an. »Richie ist durchgedreht. Du hättest ihn am Morgen bei Topher zu Hause erleben müssen. Er will rausfinden, wer Liz ermordet hat.«
    Als sie die Worte laut ausspricht – wer Liz ermordet hat –, senkt sich Schweigen über den Tisch. Josie senkt den Blick. Caroline beißt sich so fest auf die Unterlippe, dass ich fast denke, sie fängt jeden Moment zu bluten an.
    Dann richtet sich Josie ruckartig in ihrem Stuhl auf, als würde sie ihre gesamte Überzeugung zusammennehmen. Mit einer beinahe trotzig wirkenden Geste wirft sie sich ihr Haar über die Schulter. Sie sieht jeden ihrer Freunde mit finsterer Miene an, einen nach dem anderen, um sie mit einem harten, autoritären Blick zu bedenken. »Niemand hat meine Schwester umgebracht«, verkündet Josie. »Sie ist gestürzt. Es war ein Unfall, das wissen alle.«
    »Tatsächlich?« Mera hält inne. »Sieh uns an. Wir sitzen hier ganz für uns. Sogar meine Lehrer behandeln mich anders. Und damit meine ich nicht bloß, dass sie mich bedauern, weil meine Freundin tot ist. Die Leute reden über uns. Weißt du das nicht?« Sie wendet sich an Josie. »Da ist es auch wenig hilfreich, dass wir praktisch jeden Tag in der Schule

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