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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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ihre Sachen tragen. Oder dass du es auf ihren Freund abgesehen hast.«
    Josie kneift die Augen zusammen. Sie scheint ihre Emotionen vollkommen unter Kontrolle zu haben, gänzlich unbeeindruckt von Meras Kommentaren. »Ich sagte euch doch, dass Richie und ich anfingen, uns zu sehen, bevor … na ja, ihr wisst schon.« Josie schiebt ihren Salat von sich. »Und ich war ihre Schwester. Ich finde es gut, ihre Klamotten zu tragen.« Eine Sekunde lang lässt ihre Überzeugung ein wenig nach. »Auf diese Weise fühle ich mich ihr näher.«
    Unterkühltes Schweigen. Als ich mich umschaue, wird mir bewusst, dass der halbe Speisesaal meinen Freunden verstohlene Blicke zuwirft. Meine Freunde wiederum starren alle die unbesetzten Stühle am Tisch an. Richies freien Platz. Meinen freien Platz.
    »Mera, wag es ja nicht, mir zu sagen, wie ich mich jetzt zu verhalten habe. Sag mir nicht, wie ich mich fühlen soll. Du weißt nicht, wie es bei mir daheim ist«, sagt Josie. »Mein Dad ist vollkommen durch den Wind.« Sie nimmt eine lange Haarsträhne und wickelt sie um ihren Zeigefinger. »Er schläft auf dem Boot. Er denkt, ich wüsste das nicht. Er wartet, bis meine Mom und ich im Bett sind, und dann geht er da runter und …« Sie schaudert. »Das ist so morbide.«
    Auch das stimmt. Die vergangene Woche über habe ich meinen Vater spät nachts allein zur Elizabeth gehen sehen. Manchmal trug er schon seinen Schlafanzug. Mehr als einmal habe ich ihn in seinem Morgenmantel die Straße hinunterwandern sehen. Ich glaube allerdings nicht, dass er viel schläft; meistens sitzt er auf dem Pier, raucht Zigarren und starrt aufs Wasser. Es kommt mir unglaublich vor, dass er so viel Zeit an den Orten verbringen kann, an denen er sowohl seine Frau, als auch seine Tochter verloren hat: in seinem Haus und bei seinem Boot. Nach dem Tod meiner Mom sind wir nicht umgezogen oder so was. Wir haben nicht einmal sofort das Badezimmer neu dekoriert. Mein Dad hat lediglich die Türe zur Duschkabine und den Schlafzimmerteppich ersetzen lassen.
    »Ich weiß ja nicht, wie es mit euch anderen ist, aber ich muss dringend eine rauchen.« Topher steht so hastig auf, dass er beinahe seinen Stuhl umkippt. »Ich habe nicht vor, hier die nächsten zwanzig Minuten weiter zu hocken und mich wie ein Ausgestoßener zu fühlen.« Er schaut meine Freunde an, die ihn mit verständnislosen Mienen ansehen. Sogar Mera bedenkt ihren Freund mit einem Stirnrunzeln.
    »Kommt schon!«, sagt er. »Das haben wir doch überhaupt nicht nötig. Wir alle wissen, dass keiner von uns Liz etwas getan hätte. Diese Sache zieht unsere guten Namen in den Dreck.« Er deutet auf das auf seine Jacke genähte Schul- N . »Ich bin Christopher Allen Paul der Dritte, verflucht nochmal. Mein Vater ist der angesehenste Zahnarzt und Kieferchirurg dieser Stadt. Meine Mutter war Miss Connecticut 1978! Mera, steh auf. Du kommst mit mir.« Er starrt die anderen an. »Ihr alle. Sofort.«
     
    Natürlich ist es niemandem erlaubt, auf dem Schulgelände zu rauchen. Doch bei meinen Freunden und mir war das schon immer etwas anderes; was uns betrifft, so neigt die Fakultät dazu, ein Auge zuzudrücken. Sportler, hübsche Mädchen, die Kinder der angesehensten Fachkräfte der Stadt (ungeachtet der Tatsache, dass Tophers Dad zufällig auch Noanks einziger Zahnarzt ist und damit ganz automatisch auch der angesehenste) geben uns einen Freifahrtschein für eventuelles Fehlverhalten.
    Meine Freunde versammeln sich auf dem Schülerparklatz hinter Meras Wagen. Topher steckt sich eine Zigarette an, nimmt ein paar tiefe Züge und reicht sie Mera. Sie reckt ihren Hals vor und beugt sich beim Inhalieren so weit von ihrem Körper weg wie nur möglich; ihr Haar ist unter einen rosa Kordhut gestopft, um zu verhindern, dass es später nach Rauch riecht.
    »Es gibt da etwas, das ich euch erzählen muss«, sagt Caroline. Sie rümpft angesichts der in der Luft hängenden Rauchwolke die Nase. »Mein Dad hat vor einigen Wochen seinen Job verloren.«
    Josie, die auf einem Stück Kaugummi herumgekaut und Blasen gemacht hat, die sie dann platzen ließ, so dass sich in ihren Mundwinkeln winzige rosa Fetzen gesammelt haben, erstarrt. »Aber er arbeitet an der Wall Street.«
    »Das weiß ich.« Obgleich die Sonne scheint, schlingt Caroline ihre Arme um sich und reibt sich die Schultern, als wäre ihr kalt. »So etwas kommt vor, Josie.«
    »Aber … Er ist Börsenmakler . Wie kann er da einfach seinen Job verlieren? Es ist ja nicht so, als

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