Manche Maedchen raechen sich
nicht, dass Sie sich damit selbst schaden?“
„Und wenn schon. Schlimmer als das Gelaber meiner Mutter können die Konsequenzen ja wohl nicht sein. Die versucht doch sowieso bloß, ihren guten Ruf zu wahren“, antworte ich. Ich lege meinen Burger auf den Teller und schneide ihn in zwei Hälften. „Ich hätte übrigens nichts dagegen, wenn ihr guter Ruf den Bach runtergeht. Und wer ist überhaupt diese Anwältin?“
„Nova Devangari.“
„Die Lippenstift-Lesbe.“
„Sie ist eine der besten Verteidigerinnen, die es gibt. Und sie nimmt mit Vorliebe Fälle wie den Ihren an. Fälle, die emotional extrem aufgeladen sind.“
„Ich bin kein emotional extrem aufgeladener Fall. “
„Da wäre ich mir nicht so sicher, Eliza. Ich glaube, Sie versuchen die ganze Zeit, mein Mitleid zu erregen. Andernfalls säßen wir jetzt nicht hier und würden uns unterhalten. Sie wären schon so gut wie schuldig gesprochen. Aber ich glaube nicht, dass das in Ihrem Fall so einfach ist. Sie sind nicht einfach nur schuldig. Auch wenn Sie selbst nicht daran glauben, Eliza.“
„Wenn Sie meinen“, sage ich und starre auf meinen Teller.
„Man hat mir auf der Wache vorübergehend ein Büro eingerichtet. Da könnte ich auch arbeiten.“
„Wenn Sie bei mir bleiben, verspreche ich Ihnen, dass ich weitererzähle.“
„Sie erzählen weiter und ich werde mir die Sache durch den Kopf gehen lassen.“
In unserer Einfahrt parkte der beigefarbene Mercedes mit dem unverwechselbaren Wunschkennzeichen: YES MAN. Die Botschaft war unmissverständlich: „Seht nur, was ich bei der Scheidung abgestaubt habe!“
Zu der Gucci-Handtasche am Garderobenständer hatten sich ein Louis-Vuitton-Koffer und eine kleine Reisetasche gesellt.
„Mum?“
Auf dem Esstisch lag eine Plastiktüte mit mehreren Schachteln, daneben standen drei ungeöffnete Flaschen Wein. Sie sahen glatt und bedrohlich aus. Wie Bomben.
„Ich bin hier, Liebling.“
Ich folgte der Stimme und ging in die Küche. Meine Mutter stand vor dem Schrank mit den Weingläsern. Sie trug ein schwarzes Jersey-Klei d – Armani, was sonst ? – und Cavalli-Stiefel mit Leopardenmuster und Zehn-Zentimeter-Absätzen.
Die Leute sagen, wir würden uns total ähnlich sehen. Finde ich nicht. Sie trägt ihr Haar lockig und kinnlang, meine Haare sind länger und glatt. Die Strähnchen hat sie sich beim Friseur in der King Street machen lassen, der auch einige bekannte Moderatoren stylt. Wir haben seit zwölf Jahren nicht mehr dieselbe Haarfarbe. Manchmal kommt es mir so vor, als würde meine Mutter mit aller Gewalt versuchen, sich von mir abzugrenzen.
Lexi sagt immer, wir könnten glatt als Geschwister durchgehen. Ich will aber keine Schwester. Ich will eine Mutter.
„Ich hab uns zum Abendessen was von diesem neuen Japaner mitgebracht. Ich dachte, wir könnten mal zu Hause bleiben. Oder möchtest du lieber auswärts essen?“
„Nein“, antwortete ich. „Ich hab morgen Schule.“
Meine Mutter betrachtete ihr wunderschönes Spiegelbild in der Glasscheibe hinter der Spüle. Das wunderschöne Spiegelbild runzelte die Stirn.
„Da sind Flecken drauf! Und das, obwohl diese Putz…, die Reinigungskraft so viel Geld von mir kriegt! Da bezahlt man die Leute anständig und was bekommt man dafür? Alle verlangen immer mehr Geld, aber sie wollen immer weniger dafür tu n …“
„Das war ich“, sagte ich. „Ich wohne während deiner Abwesenheit nämlich hier, falls du’s vergessen hast.“
„Oh“, antwortete meine Mutter.
Sie ging zurück ins Esszimmer, um eine Weinflasche zu öffnen.
„Trotzdem muss ich mal mit ihr reden. Mich stört, dass sie immer sonntags kommt. Wie soll man sich denn entspannen, wenn jemand die ganze Zeit durchs Haus poltert?“
Ich hätte sie am liebsten daran erinnert, dass sie den letzten Sonntag am anderen Ende der Welt verbracht hatte, aber ich hielt den Mund.
„Wie war’s auf Geschäftsreise?“, fragte ich stattdessen. „Ich dachte, du wolltest zwei Wochen wegbleiben? Und jetzt bist du schon wieder da.“
„Ach ja, die Geschäftsreise“, sagte Mum. Sie schenkte mir ein strahlendes Lächeln. „Möchtest du auch ein Gläschen, Liebling?“
„Nein. Ich darf noch keinen Alkohol trinken. Das verstößt gegen das Gesetz.“
„Blödsinn. Die Jugendlichen in Europa trinken alle Rotwein in deinem Alter.“
„Wir sind aber nicht in Europa.“
„Du liebe Zeit, seit wann bist du denn so provinziell? Aber gut, wie du meinst.“
Meine Mutter ging mit ihrem
Weitere Kostenlose Bücher