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Manche Maedchen raechen sich

Manche Maedchen raechen sich

Titel: Manche Maedchen raechen sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Marr
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seltsam reagiert, sobald jemand den Namen Jane Ayres erwähnt, aber ich habe nie mit ihr darüber geredet. Marianne will die Vergangenheit lieber ruhen lassen.
    In diesem Moment klingelte mein Handy und riss mich aus den Gedanken.
    „Hallo? Du bist schon zurück? Okay. Tschau.“
    Ich tippte Ella auf die Schulter.
    „Ich muss gehen“, flüsterte ich.
    „Gehen?“, wiederholte Ella verwirrt. „Aber es ist doch gerade so schön.“
    „Ja, wirklich schade. Wir sehen uns morgen in der Schule, okay? Und sag deiner Mum noch mal Danke für die Einladung.“
    Ich küsste Ella zum Abschied auf die Wange und hastete zur Treppe.
    „Aber wir haben ja noch nicht einmal Tee getrunken. Mum hat extra gebacken“, hörte ich Ellas Stimme hinter mir verhallen.
    „Danke.“
    Ich gebe mir wirklich alle Mühe, höflich zu sein, als die Kellnerin mir meinen Burger und die Pommes vor die Nase knallt und Dr . Fadden über meinen Kopf hinweg sein Essen reicht.
    Ich picke eine einzelne Pommes vom Teller und schnuppere vorsichtig daran.
    „Meinen Sie, die frittieren die hier in Pflanzenöl? Hoffentlich verwenden sie keine tierischen Fette. Der Bruder von Lenworth Henry hat mal ehrenamtlich in einem Schnellrestaurant gearbeite t – ist ’ne lange Geschicht e –, jedenfalls ließen die da das Schweinefett über Nacht zu einem riesigen Klumpen aushärten und am nächsten Tag schmolzen sie es wieder ein und benutzten es noch mal.“
    Ich stecke mir die Pommes in den Mund.
    „Sie haben bestimmt noch jede Menge Geschichten über andere Leute auf Lager, oder? Aber Sie erzählen fast gar nichts von sich.“
    „Ich rede liebend gern über mich! Ist ja nicht so, als würde ich mich nicht ständig mit mir selbst beschäftigen“, erwidere ich.
    „Na dann! Erzählen Sie mir etwas von sich, was nicht in den Akten steht.“
    „Was denn? Welche Musik ich höre oder wie?“
    Langsam aber sicher werde ich nervös. Hoffentlich will er jetzt keine Diskussion mit mir darüber beginnen, was gerade angesagt ist und was nicht.
    Dr . Fadden kippt seinen Wein in einem Zug herunter.
    „Ja, zum Beispiel. Ich habe kürzlich gelesen, dass Leute über fünfunddreißig keine Popmusik hören. Dann bin ich wohl eine Ausnahme. Ich schaue regelmäßig Channel V und mir gefallen die To p 40.“
    Ich zucke kurz zusammen und nehme ihn dann genauer unter die Lupe. „Sie lügen. Ganz eindeutig.“
    „Okay, erwischt! Ich höre eher die alten Sachen. Richtigen Rhythm and Blues, nicht das Zeug, was sich heutzutage R&B schimpft. Mit Gangster-Rappern und Homies kann ich nichts anfangen.“
    Ich erschaudere zum zweiten Mal.
    „Mein Lieblingssong ist ‚Devil With the Blue Dress‘“, sagt er und sieht mich dabei an. Ich schaue auf meinen blauen Mantel.
    „Wenn man Anthropologie studiert, wollen sie einen immer in die forensische Richtung drängen, damit sie einen später zur Aufklärung von Verbrechen einsetzen können. Dabei finde ich Sozialanthropologie viel spannender. Sie beschäftigt sich zum Beispiel mit der Frage, ob nicht jeder Mensch eine dunkle Seite hat. Vielleicht ist dieser Ansatz viel aufschlussreiche r …“
    Er seufzt wehmütig. Das reicht jetzt. Ich nehme sein Glas und stelle es hinter mir auf den leeren Tisch, ehe er in Versuchung kommt, es wieder auffüllen zu lassen.
    „Was machen Sie denn nun, wenn wir hier fertig sind?“, frage ich ihn. „Treffen Sie sich noch mit der Kollegin , die Sie vorhin erwähnt haben?“
    „Ich gehe in mein Büro und tippe die Notizen ab, die ich mir gemacht habe“, erwidert Dr . Fadden. Meine zweite Frage lässt er unbeantwortet.
    „Sie gehen zurück auf die Wache?“
    „Nein.“
    „Und was ist mit mir?“
    „ Sie bringe ich zurück auf die Wache.“
    „Nein!“
    „Stellen Sie sich vor, die Eltern der Kinder an Ihrer Schule könnten das jetzt sehen! Dass Sie nicht in Ihrer Zelle sind und stattdessen gemütlich Tomaten aussortieren. Was sollen die denn denken?“
    „Ich hasse Tomaten“, antworte ich, klaube noch eine Scheibe aus dem Essen und klatsche sie an den Tellerrand. „Und tun Sie bloß nicht so, als wäre das hier ein wer weiß wie schickes Restaurant! Außerdem ist es mir egal, was die anderen denken. Die kennen ja nur die halbe Wahrheit.“
    „Dann sollten Sie mir langsam mal die andere Hälfte erzählen. Ich weiß zum Beispiel immer noch nicht, warum Sie Ihre Mutter noch kein einziges Mal sehen wollten, seitdem Sie hier sind. Oder die Anwältin, die sie für Sie engagiert hat. Merken Sie denn

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