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Manche moegen's reicher

Manche moegen's reicher

Titel: Manche moegen's reicher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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Lotossitz neben Samir auf einer Bambusmatte, im Hintergrund dudeln fernöstliche Zupfinstrumente, und Samir gibt mir mit ruhiger Stimme und deutlichem Akzent seine Anweisungen.
    »Tiiieeef einatmen …«
    Ich tue, wie mir geheißen, und kämpfe gleichzeitig gegen den Hustenreiz an, den die Räucherstäbchen mir bereiten.
    »… ausatmen … und wieder einatmen … Fühlst du es, Molly, fühlst du, wie die Entspannung von deinem Körper Besitz ergreift?«
    »Aber so was von«, nicke ich eifrig und nehme zur Bestätigung noch einen tiefen Atemzug – der mich diesmal aber wirklich husten lässt.
    »Geht’s?« Samir mustert mich besorgt von der Seite.
    »Klar, alles bestens. Ich fühle mich schon total entspannt«, verkünde ich.
    Und ich bin froh darüber, denn ehrlich gesagt hatte ich das dringend nötig.
    Wir haben am Freitagabend nach Dienstschluss noch im Down Under gleich um die Ecke ein paar Gläser Sekt auf unsere Expansionspläne gekippt, und danach wollte ich eigentlich ganz relaxt ins Wochenende gehen, um mal wieder so richtig abzuschalten. Bloß, das hat dieses Mal irgendwie nicht funktioniert. Es ist mir nicht eine verdammte Sekunde lang gelungen, mich auch nur ansatzweise zu entspannen. Und irgendwann ist mir klar geworden, woran es lag: Mir sind einfach zu viele belastende Gedanken durch den Kopf gegangen.
    Die bevorstehende Aktionärsversammlung zum Beispiel, und auch die geschäftliche Entwicklung der Firma. Frank hat bei unserem Zusammentreffen gesagt, dass der Aktienkurs gefallen sei und dass wir keine Gewinne schreiben würden. Ich habe später bei meiner Hausbank und bei unserer Buchhaltung die genauen Daten abgefragt, und zu meinem Schrecken musste ich dabei feststellen, dass die Aktien in den letzten Monaten über dreißig Prozent an Wert eingebüßt haben, was bedeutet, dass sich auch mein Barvermögen, das ich zur Gänze in Winners only investiert habe, von stattlichen eineinhalb Millionen auf unter eine Million reduziert hat. Mit anderen Worten: Ich habe fünfhunderttausend Euro verloren, und das in drei Monaten! Als mir das bewusst wurde, stand ich knapp vorm Umkippen, aber dann gelang es mir, mich wieder zu beruhigen, indem ich mir einredete, dass Aktienkurse lediglich Momentaufnahmen seien, die sich ebenso schnell wieder erholen können, sobald ein Unternehmen positive Zahlen liefert. Der nächste Schock ließ allerdings nicht lange auf sich warten: Auch bei unserer laufenden Geschäftstätigkeit schreiben wir nicht nur keine Gewinne, sondern sogar einen kleinen Verlust, und sollte das bei der Aktionärsversammlung bekannt werden, ist eine weitere Talfahrt der Aktien und damit auch meines Vermögens vorprogrammiert. Frank hat also vollkommen recht gehabt. Winners only steigert zwar ständig die Umsätze – das war übrigens die einzige gute Nachricht –, aber wenn wir unsere Ausgaben nicht besser in den Griff kriegen, kann das auch sehr schnell ein ziemlich hässliches Ende nehmen.
    »Molly, hörst du mir überhaupt zu?« Das kam von Samir, der mich streng anguckt.
    »Aber sicher, Samir, ich bin voll bei der Sache«, behaupte ich.
    »So? Und was habe ich gerade gesagt?«, fragt er im Oberlehrertonfall.
    »Äh … es geht um die Atmung. Du hast gesagt, dass die Chakren ohne Atmung nicht arbeiten können.« Ich kichere. »Wie übrigens der Rest auch nicht.«
    »Wie bitte?«, fragt er verwirrt.
    »Na, der Rest des Körpers … der ganze Mensch. Ohne Atmung, verstehst du?« Ich zwinkere ihm zu.
    »Das Einzige, was ich verstehe, ist, dass du mir nicht zuhörst, Molly«, erwidert er humorlos. »Ich rede schon lange nicht mehr von der Atmung, wir sind inzwischen bei der Imagination – oder zumindest könnten wir das sein, wenn du mir freundlicherweise zuhören würdest.«
    »Echt? Ähm, ich meine, das weiß ich natürlich, es ist nur … ich kann mich in dieser Haltung nicht richtig entspannen, weißt du?«
    Das ist übrigens nicht gelogen. Mir tun wirklich die Beine weh, und mein Rücken ist jetzt noch verkrampfter als zu Beginn unserer Übung. Ich habe keine Ahnung, wer sich ausgerechnet den Lotossitz als Entspannungshaltung ausgedacht hat, aber der Typ muss entweder Knie aus Gummi gehabt haben oder ein ausgesprochener Witzbold gewesen sein.
    »Ach ja, ist das so?« Samir betrachtet mich skeptisch. »Also schön, von mir aus, wenn dir diese Asana nicht behagt, können wir auch gerne eine andere wählen. Wir haben vierundachtzigtausend verschiedene zur

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