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Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Titel: Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Federlein
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geht. Sie auch noch anzulügen, wär jetzt zu viel für mich. Obwohl ich das ja eigentlich tue, weil ich ihr nicht die Wahrheit sage. Aber zurzeit geht es ihr nicht gut, weil mein Bruder ja weg ist und ich versuch sie zu trösten. Da braucht sie es nicht auch noch, dass sie sich um mich sorgen muss.
     
     
    15.10.1999
     
    Er hat mich heute im Laden besucht!!! Erst meldet er sich eine Woche lang gar nicht, dass ich schon voll am Rumheulen bin und dann steht er mit all seinem Charme bei uns im Laden, sagt meiner Mum brav hallo, sucht sich ein Geschenk aus, grinst mich so verschmitzt an, dann geht er wieder. Eine Stunde später kommt eine SMS, ob ich später zu ihm komm!
    5 unbeantwortete SMS, 10 Tage ohne Nachricht und dann einfach so ist er wieder da und all mein Kummer ist vergessen. Die drei Stunden im Laden sind irgendwie auch noch rum gegangen. Ich hatte, glaub ich, ein Dauergrinsen im Gesicht. Mum findet ihn auch gut, ich glaub sie ist froh, dass ich mal von den kleinen Jungs weg bin. Jetzt muss ich mich fertig machen!!! Jippiieehh!!
     
     
    04.11.1999
     
    Keine Nachricht von ihm und ich sitz hier in meiner neuen Wohnung. Bin schon dreimal bei seiner Arbeit vorbei gefahren aus lauter Verzweiflung, aber reingehen trau ich mich nicht. Gestern bin ich abends um elf zu seinem Haus gefahren, weil ich sehen wollte, ob er da ist. Er war da.
    Bei meinem Handy hab ich diese Funktion „Sendebericht“ eingestellt, das hat mir Christina gezeigt. Da bekomme ich immer eine Nachricht, wenn er das Handy anmacht und meine SMS dann auch tatsächlich bei ihm ankommt. Jetzt weiß ich auch, dass er sein Handy eben nicht immer anhat, was mich dann beruhigt, wenn ich ihm eine Nachricht gesendet habe und keine Antwort bekomme. Ein paar Stunden später krieg ich dann die Nachricht, „Nachricht erhalten“, dann weiß ich, jetzt hat er sein Handy an. Ich mag zur Zeit gar nicht weggehen, weil ich eh immer nur nach Thomas Ausschau halt und ich immer Angst habe, er könnte sich melden und ich wär nicht bereit.
    Also sitz ich hier rum und jetzt, wo ich mich vor niemandem mehr verstecken muss, hab ich zweimal am Abend einen Fressanfall.
    Einen mach ich gleich nach der Arbeit, weil ich ja bis dahin nichts ess. Dann hab ich nachmittags so einen Hunger. Wobei das kein wirklicher Hunger ist, eher so einen Drang, wie wenn man seit Stunden keine mehr geraucht hat und dann echt eine will! Nur dreimal schlimmer. Das heißt, ich sag Mum tschüss, renn in den Supermarkt und dann wird eingekauft. 40 Mark gehen da locker drauf, schließlich ist meine größte Angst, das Essen könnte nicht ausreichen.
    Dann kauf ich mir beim Bäcker zwei Laugenbrötchen, die ess ich dann schon mal in der Straßenbahn, die sind die Grundlage, falls nicht alles rausgeht, dann ist das Unterste wenigstens nichts gar so Fettiges.
    Dann lauf ich wie ferngesteuert zu meiner Wohnung - da darf mich dann auch echt keiner mehr aufhalten. Ich hab wie so einen Tunnelblick, kein Rechts oder Links, ich muss dann einfach in die Wohnung und loslegen.
    Zurzeit ess ich dann 8 Brötchen mit Camembert oder Gouda, danach eine Packung Fischstäbchen, die sind dann immer fertig, bis ich die Brötchen gegessen habe. Und dann als letztes, weil am Fettigsten kommen noch mal 4 oder 5 Aufbackbrötchen mit Nutella. Gott ich liebe Nutella. Zum Schluss mach ich dann das Nutella-Glas so leer oder ess 3 Tafeln Schokolade.
    Sobald ich dasitze, mit dem vorbereiteten Essen vor mir, den Fernseher an und ein Rätselheft bereit, kommt die Entspannung. Das Gefühl, alles ist gut, die Vorfreude auf das leckere Essen und der Genuss. Manchmal ess ich eineinhalb Stunden in aller Ruhe, bis ich dann so vollgefressen bin, dass ich ausschaue wie im achten Monat schwanger. Aber ich schaff es doch jedesmal bis zur Toilette und je voller ich bin, desto leichter kommt auch alles wieder raus. Ich kann auch kotzen, ohne mir den Finger in den Hals zu stecken, aber da kommt weniger raus als mit Finger. An guten Tagen dauert es vielleicht sechs, sieben Mal würgen, dann ist alles raus. Das merk ich daran, dass eigentlich nur noch Galle hochkommt. Dann trink ich Leitungswasser und erst wenn das auch klar wieder rauskommt ohne irgendeinen Rest vom Essen, geb ich mich zufrieden.
    Nutella ist schwierig zu kotzen, ist sehr zäh, daher ist in letzter Zeit leider auch öfter mal was drin geblieben. Also arbeite ich wieder mit Abführmitteln, irgendwie rede ich mir ein, wenn`s schon drin bleibt, kommt`s dann damit wenigstens

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