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Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Titel: Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Federlein
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eben so, wie ich fühle, und dann heißt es, das ist aber die Krankheit, die aus dir spricht! Aber wer oder was bin ich dann? Wahrscheinlich ist diese furchtbare Leere, die ich zwischendurch empfinde und die mir solche Angst macht, dass ich sie mit Fressen und Kotzen und allerlei anderen komischen Dingen wegmache, genau das, was übrig bleibt. Das ist das Nichts, das ich bin.
    Ich kann echt nicht mehr. Warum kann ich nicht einfach Krebs haben oder irgendeine andere Krankheit, einen Beinbruch, einen Herzinfarkt, ich kaufe alles! Nur das kann man operieren, heilen, mit Medikamenten weg kriegen. Aber bei mir? Mir schwirrt der Kopf und ich weiß nur, dass Sucht etwas ist, was dich dein Leben lang begleitet, du immer auf der Hut sein musst, weil Depressionen jederzeit wieder zuschlagen können. Die vollständige Heilung gibt es nicht wirklich, der Weg hinaus ist schwer und dauert Jahre. Niemand kann dir sagen, ob es sich lohnt. Was ist das für ein Leben, wo du ständig jederzeit aufpassen musst, was du denkst, was du ißt, ob du deine Sucht verlagerst auf die Beziehung oder auf andere Substanzen, ob du gerade richtig oder süchtig handelst...
    Ich bin grad echt fertig...
    Jetzt bin ich seit drei Monaten hier und stecke im selben tiefen Sumpf wie davor. Aber da hatte ich wenigstens noch die Hoffnung, dass mir diese Klinik helfen könnte...
    Ich geh jetzt mal an die frische Luft...
     
     
    12.06.2000
     
    Ich bin wieder zurück!
    Und es gibt einiges zu erzählen.
    An dem Tag bin ich ein bisschen spazieren gegangen, aber das hat auch nicht viel geholfen. Dann bin ich runter in die Teeküche und hab Musik gehört. Ich hab an Thomas gedacht, an all meine komischen Beziehungen, an meine nicht vorhandene Zukunft und mir ging`s immer schlechter. Ich war so fertig, dann hab ich mich gefragt, was ich tun würde, wenn mir jemand jetzt 1 Million schenken würde. Und ich hatte keine Antwort. Weil es nichts gab, auf das ich Lust gehabt hätte. Absolut nichts ist mir eingefallen, außer, dass ich so oder so in dieser Haut stecke und kein Geld der Welt könnte mich da rausholen.
    Das hat mich entsetzt und dann kam das Lied Supergirl von Rayman und ich hab angefangen zu heulen und konnte nicht mehr aufhören. Ich hab mich so rein gedreht, da ging echt nix mehr. Ich hab`s irgendwie geschafft, zum Schwesternzimmer zu gehen, um mir Hilfe zu holen. Aber da saßen noch drei andere, die den Samstags-Blues hatten und ich musste warten. Nach 10 Minuten hab ich`s nicht mehr ausgehalten und bin ins Zimmer... da hab ich mich ans Fenster gesetzt und hab nach unten geschaut, zweiter Stock, ich wusste nicht, ob es reichen würde... ich hab das Fenster aufgemacht und war auf einmal wieder völlig ruhig.
    Ich hab nach unten geschaut, mir vorgestellt, wie es wohl sein würde, ob ich was spüren würde und hatte nur die eine Sorge, dass ich es vielleicht überleben könnte. Zum Glück kam genau in diesem Moment meine Emma ins Zimmer, sie wollte gerade einkaufen gehen. Sie hat sofort gecheckt was los ist, hat mich da runter geholt und zu den Schwestern gebracht. Da saß ich nun, der Therapeut hat mich gefragt was los ist und ob ich meiner Meinung nach wieder klarkomme... nein, hab ich gesagt, wenn ich jetzt aufs Zimmer gehe dann weiß ich nicht, was ich tun werde, zumindest so ehrlich war ich. Ich glaube ganz tief drinnen wollte ich nicht sterben, aber ich wusste einfach nicht und weiß es ehrlich gesagt jetzt auch noch nicht, wie ich weiterleben sollte.
    Da hat er telefoniert und 15 Minuten später war der Krankenwagen da. Diesmal war ich diejenige, die abgeholt wurde. Und ich war froh. Ich wollte einfach nur noch alles abgeben. Ich hatte keine Kraft mehr, selber für mich zu sorgen. Sollten doch Andere bestimmen, was mit mir passieren sollte, ich hatte keine Ahnung mehr, wo oben und unten war.
    Sie haben mich dann in den Krankenwagen gesetzt, einer ist hinten bei mir geblieben und hat mir auf der Fahrt gut zugeredet - ehrlich, ich habe keine Ahnung mehr, was er gesagt hat. Ich habe nur genickt und zum Fenster rausgeschaut. Und dann waren wir da, bei der Psychiatrie, in der geschlossenen Abteilung.
    Sie haben mich durchsucht, ich musste alles abgeben, sogar meine Kopfhörer, damit könnte man sich auch verletzen haben sie gesagt. Ich hatte ein Bett in einem Zweibettzimmer, die Fenster vergittert, über der Terrasse waren Zäune, alles gesichert wie in einem Gefängnis. Es war wie im Film, Plastikgeschirr und Besteck, die Türen verschlossen,

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