Mandels Buero
schritt ich mit der Malleck durch den Park, ein Café war ihr dieses Mal zu öffentlich. Sie trug ein weißes, enges T-Shirt und eine blaue, hautenge, aber vermutlich dehnbare Jeans, die in ihren Stiefeln steckte, wie man das jetzt so hatte. Ihr Haar hatte sie irgendwie kunstvoll geflochten, es erinnerte mich an Gwyneth Paltrows Frisur in einem Kostümfilm – Name vergessen. Schade, dass sie eine dieser großen Sonnenbrillen trug, so musste ich auf das Augenfreibad verzichten. Und ja, schlimm, wie hingerissen ich von dieser Frau war.
Wir liefen durch eine Allee, die Bäume waren ziemlich schnell grün geworden in den letzten Tagen, aber die Äste hingen weit in die Allee hinein, so, als wären sie noch müde von dem langen Winter. Im Gehen erzählte ich ihr gegen den Willen vom Mandel erst von der Brünetten aus dem Sägewerk und dann noch brühwarm die Geschichte mit dem Soloalbum und dem Urbaniak.
»Ach, das ist doch zum Kotzen. Da seid ihr einen Abend mit dem Leo unterwegs, und schon hat er die erste Schlampe im Schlepptau. Das ist doch peinlich.«
»Ich war ja gar nicht dabei, ich weiß ja nicht, ob da mehr war als nur Poussieren. Tut mir leid«, ruderte ich zurück.
»Ach, klar war da mehr, ich kenn doch meinen Mann.«
Die Malleck schaute danach eine Weile beim Gehen stur auf den Boden, bevor sie wieder mit dem Reden anfing. Das mit dem Soloalbum wisse sie sowieso, und von den Geschäften zwischen dem Urbaniak und dem Leo wolle sie eigentlich gar nichts mehr hören.
»Das weiß doch jeder, dass der Leo nicht mit Geld umgehen kann. Ganz sicher hat der seinen Vorschuss schon verkokst oder sonst was damit gemacht. Er hat sich auch grade ein paar Tausend Euro von mir geliehen. Ich verdiene das erste Mal wirklich viel Geld in meinem Leben mit der Deininger-Produktion, da tun mir ein paar Tausend nicht weh. Ich hab auch heute Morgen nochmal mit dem Leo geredet, also versucht zu reden. Ob er nicht aufhören will mit der Dauerbedröhnung und seinen Weibergeschichten. Ob es ohnehin nicht sinnvoller wäre, getrennte Wege zu gehen. Mir ist ja auch nicht so ganz wohl bei der Vorstellung, ihn mit einer Observation zu hintergehen. Aber keine Sorge, ihr behaltet euren Auftrag. Weil der Leo will auch nicht wahrhaben, dass das nicht ewig so weitergehen kann. Der nimmt einen dann in den Arm und sagt, dass es längst keine anderen mehr gibt, dass er mich liebt und braucht, wie er das noch nie in seinem Leben getan hat, und in dem Moment musst du das glauben. Jeder glaubt dem Leo doch seine Herzlichkeit, das ist ja das Problem. Weil er im Prinzip auch ein herzlicher Mensch ist. Der Mann ist ja durchdrungen von Liebe, dass es fast schon unheimlich ist. Aber vor allem von der Liebe zu sich selbst. Habt ihr ein Foto von ihm und der Brünetten aus dem Sägewerk?«
»Nein, leider nicht, der Max wollte sich nicht gleich am ersten Abend aus der Deckung wagen.«
»Hmm. Vielleicht besser.«
»Hast du eine Zigarette?«, fragte die Malleck, und ich gab ihr eine. »Ich bin eigentlich Nichtraucher«, sagte sie, und Tränen liefen unter ihrer großen Sonnenbrille hervor. »Ich weiß doch auch gar nicht mehr, was ich da tue. Ich hätte euch überhaupt nicht beauftragen sollen. Aber es ist so demütigend: Da geht der Max nur einmal mit dem Leo aus, und schon hat der die erste Nutte dabei. Es ist so demütigend. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch mehr wissen will.«
Beim letzten Satz lief sie weg. Ich war zunächst so verdutzt, dass ich ihr nicht folgte. Stand nur da und atmete ihr Parfüm ein, das in der Luft hängengeblieben war, wo sie eben noch stand.
Du musst dich zusammenreißen, Sigi. Du kannst dich doch nicht so dermaßen in diese Frau hineinsteigern. Das gibt nur wieder Ärger, wie immer, wenn du dich so in eine hineinsteigerst. Ich ging den Weg weiter, der Malleck hinterher, an der Abzweigung links, und da saß sie dann auf einer Parkbank, die Füße angezogen, rauchend, trotzig wie ein Schulmädchen.
»Äh, soll ich gehen?«, fragte ich. »Wir können ja ein andermal reden.«
»Nein, setz dich. Ich bin einfach nur überdreht. Der ganze Druck mit dem Film. Und Leo. Und überhaupt ist das eine komische Zeit. Es passiert so viel und so schnell. Manchmal hat man das Gefühl, man kommt nicht mehr hinterher.«
»Versteh ich«, sagte ich und dachte an den Wust an Unterlagen von der IHK , den ich noch durchlesen musste. Und an den Mandel, der sich da schön aus der Affäre zog bei der Ermittlerausbildung, und dass es deshalb
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