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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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diese Fotos, Augen der Liebe, keine Frage. Die Malleck in einer Jeans, barfuß, im BH , mit dem Pfefferstreuer in der Hand. In der Küche. Die Malleck von hinten, vor der offenen Kühlschranktür. Und mein Favorit: die Malleck in Unterwäsche und einem schwarzen Rollkragenpullover die Hand vors Gesicht haltend auf dem zerwühlten Bett. Wie eine französische Schauspielerin in den siebziger Jahren. Auch nicht schlecht: die Malleck und der Tilmann als Spiegelung in einem Schaufenster, sich selbst fotografierend, Arm in Arm. Schwarz-Weiß wie auf einer Postkarte aus Paris. Dann ein paar Nahaufnahmen von der Malleck: ungeschminkt lachend. Alles aus dem Weg strahlend mit diesem Lachen. Die Augen der Liebe mit den Augen der Liebe fotografiert. Das nahm mich schon ein wenig mit, geb ich zu. Egal, was aus dem Tilmann und der Malleck im Laufe der Jahre geworden war, das ist mal eine Einheit gewesen. Und jetzt alles in Trümmern. Die schiere Wucht der Zeit, die alles umgeworfen hat, gegen die sich niemand wehren kann. Noch nicht einmal so ein Postkartenpaar wie die Malleck und der Tilmann. Das Gefühl, das auf den Fotos wie eine Andeutung von Ewigkeit wirkt, hat vermutlich nur ein Jahr gedauert. Aber gerade diese Schwere, das Gewicht einer tragischen Liebe, das begeisterte mich. Weil es erst durch den Zerfall und letztlich die gegenseitige Zerstörung zu so einer Dramatik und Bedeutung, zu so einem Gewicht gekommen ist. Seien wir ehrlich: Wären die beiden heute noch am Leben und glücklich verheiratet, diese Fotos würden uns langweilen, hätten keine Bedeutung. Erst dieses fundamentale Scheitern einer Beziehung, diese Komplettüberholung der Biografien, machte sie interessant.

Vierzehn

    Die Mandels parkten direkt am monströsen Bettenturm. Für den Mandel war er genauso ein Wahrzeichen der Stadt wie der Fernsehturm. Gut, das ist vielleicht übertrieben, aber der Mandel war schon einmal in der Klinik gelegen, und da hat sich der Turm bei ihm eingeprägt. Obwohl der Anlass auch kein schöner war, wie so oft, wenn man Zeit in einem Krankenhaus verbringt. Der Mandel hatte damals einen kleinen Zusammenbruch erlitten, das darf man ja eigentlich nicht erzählen, weil für den Mandel ist so etwas ein Eingeständnis, dass er die Dinge nicht immer im Griff hatte.
    Es war ungefähr ein Jahr nachdem ich mit dem Mandel in die Stadt gekommen war. Wir sind ja fast gleichzeitig umgezogen. Ich war gerade mit Germanistik fertig, der Mandel hat natürlich schon längst gearbeitet, weil Studienabbrecher. Er war aber auch schon während des Studiums bei der Tageszeitung in der Oberpfalz tätig gewesen. Und dann ist er hierher gekommen, weil sie ihn beim Rock’n’Roll Express genommen hatten, jetzt weiß ich es wieder. Ich hatte das erste Staatsexamen so leidlich bestanden und bin einfach so mit, ohne eine Idee, ohne einen Arbeitgeber, weil ich den Mandel von der Uni kannte und er mich überredet hatte, mit ihm wegzuziehen, er würde mir schon helfen mit der Berufstätigkeit. Das war wahrscheinlich anfangs nur so dahingesagt, aber am Ende war ich durch ihn tatsächlich beim Express sein Kollege geworden. Sein Online-Kollege. Ohne den Mandel wäre ich vielleicht bei den Prominenten-News auf der Startseite eines E-Mail-Providers gelandet. Also nicht als Prominenter, als Redakteur.
    Den Mandel hatte ich damals beim Studieren über einen gemeinsamen Bekannten kennengelernt. Wir hatten uns an der Theke vom Ginsberg in eine Diskussion über die besten Lead-Gitarristen im Metal der Achtziger verstrickt. Damals hegte ich noch großes Interesse an Musik und spielte selbst Gitarre in einer Indie-Band, die aber nicht der Rede wert war. Der Mandel und ich hatten uns eigentlich relativ früh darauf geeinigt, in eine andere Bar zu gehen und nach Weibern Ausschau zu halten. Weil im Ginsberg nahm man ein Guinness und einen Paddy und vielleicht noch einen, wenn der Typ mit der Gitarre erträglich war, aber sobald angetrunken genug, wechselte man in die Acht oder probierte sein Glück im Gloria. Der Mandel kannte den Türsteher vom Gloria, das traf sich gut, weil im Gloria waren mit Abstand die schärfsten Weiber der ganzen Oberpfalz, und ich war schon ein paarmal an der Tür gescheitert, geb ich ehrlich zu.
    Und trotzdem haben wir das Ginsberg nicht mehr verlassen an dem Abend. Nicht, dass wir nicht betrunken und spitz gewesen wären, aber wir berauschten uns irgendwie aneinander, das kann man im Nachhinein schwer beschreiben. Für mich war der Mandel eine

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