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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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Jahre
    Die ganzen Tränen und die Wut
    Wenn ich hier fertig bin, ich schwöre
    Mach ich alles wieder gut
    »Den kenn ich gar nicht«, sagte der Mandel. »Wie heißt der? Und wo hast du den gefunden?«
    »Der liegt in dem Ordner ›Demos Lauthals ‹«, sagte der Dieter.
    »Der ist aber nicht auf Lauthals .«
    »Ach so«, sagte der Dieter, als wäre das seine Schuld.
    »Aber leider auch nicht neu. Das ist die gleiche Produktion wie bei den Songs vom Lauthals -Album . Und das ist hundertprozentig der Schredder, der da so reinholzt«, sagte der Mandel.
    »Aber super, dass er einen Song an Adriana, unsere geheimnisvolle Unbekannte, schreibt, oder?«, sagte der Dieter mit vielsagendem Mystery-Blick.
    »Bringt uns kein Stück weiter. Ich fahr jetzt zum Danny«, sagte der Mandel.
    »Ich komm mit«, sagte der Dieter.
    Nachdem der Mandel und sein Bruder in die Klinik zum Danny Friedemann gefahren waren, rief ich den Sascha an und bat ihn, noch mal vorbeizukommen. Jetzt war der Sascha aber noch in irgendeiner Firma und löschte auf Geheiß des Chefs einem Mitarbeiter die gesamten MP 3 s von der Festplatte und stand erst später zu meiner Verfügung. So setzte ich mich an den Computer vom Tilmann und durchsuchte ihn erneut. Aber diesmal nicht nach Musik. Im Überordner Fotos fand ich einen mit der Bezeichnung »Alt« und darin offenbar eingescannte Bilder aus dem Berufs- und Privatleben vom Tilmann in den Achtzigern und Neunzigern: der Tilmann mit der Band im Proberaum, vermutlich noch in Everswinkel, der Tilmann mit der Band auf irgendwelchen Provinz-Open-Airs, der Tilmann besoffen in irgendeiner Bar. Der Schredder nackt hinter seinem Schlagzeug liegend, der Schredder schlafend auf einem Sofa, der Schredder mit langen Haaren auf einem Schlagzeug herumhauend, das damals noch aus nur vier Teilen bestand, nicht wie heute aus dreißig. Der Schredder und der Tilmann, die beide ein kleines Mädchen in die Höhe heben. Auf dem nächsten Bild dann wieder der Schredder mit dem Mädchen auf dem Arm und daneben Anna Münster, seine Ex-Frau. Die kannte man aus diversen Beziehungsfilmen im Öffentlich-Rechtlichen. Das Mädchen war dann vermutlich die gemeinsame Tochter. Auf dem nächsten Bild wieder das kleine Mädchen, der Tilmann und der Schredder. Überhaupt oft der Schredder, der Bartels und der Kretschmann so gut wie nie. Dann natürlich der Tilmann selbst mit zig verschiedenen Weibern mit furchtbaren Frisuren, wie es sie in den Neunzigern gab. Dauerwellen, so weit das Auge reichte. Rote Hennafarben, blaue Strähnen, pinke Kurzhaarfrisuren, diverse schlecht gekleidete Winona-Ryder-Epigonen – mein Gott, ja, wir wollten alle eine Freundin wie Winona damals – und immer wieder wasserstoffverunstaltete Rockblondinen mit hautengen Hosen, das zeitlose Classic Groupie. Auf den nächsten drei Fotos dann die Ex-Frau vom Schredder alleine. Eine hagere, aber nicht unattraktive Brünette, die der Aristokratie entsprungen schien, im Vergleich zu den ganzen Fingernägelbiestern und Haarlackfurien von den Fotos vorher. Ich klickte mich noch durch ein paar zeitgemäßere Aufnahmen und hätte fast den Ordner »V« übersehen. Darin befanden sich diverse Bilder von der Malleck, offenbar kurz nachdem der Tilmann sie kennengelernt hatte. Ich erinnerte mich an die Frisur von der Malleck im Video zu »Ewiges Leben«, und das war genau die Frisur. Es waren keine anrüchigen Fotos, noch nicht mal nackt war die Malleck, aber sie waren eindeutig mit den Augen der Liebe geschossen. Du lernst jemand kennen, bist verliebt wie ein Wahnsinniger, und die ersten Stunden und Tage kannst du dein Glück kaum fassen, dass so eine unglaubliche Person jetzt mit dir das Bett teilt, mit dir frühstückt, Fernsehen schaut und mit dir abends an der Bar noch einen Schnaps trinkt, bevor ihr zum Sex nach Hause geht. Dass die Person sich in deiner Wohnung, deinem Leben niedergelassen hat. Das willst du festhalten, das musst du festhalten, weil du nicht weißt, wie lange das gutgeht. Als Frischverliebter ist die Verlustangst ja noch enorm. Und dann nimmst du die Kamera, und weil du verrückt vor Begeisterung bist, entstehen Fotos von ihr auf deinem Bett, in deiner Küche, auf deiner Straße, die wie Postkarten aussehen, so perfekt. Wie man sie nie wieder hinbekommen wird, egal, wie viele Jahre die andere Person bei dir bleibt. Genauso, wie man nie wieder diesen sexuellen Enthusiasmus vom Anfang hat. Bei dem man gar nicht mehr aufhören kann, sich gegenseitig kaputtzuficken.
    Und

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