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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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Euro, erfreute sich aber besonders in gutbürgerlichen Kreisen immer größerer Beliebtheit, so dass man davon ausgehen konnte, dass die Bestattungsindustrie demnächst eine Preiserhöhung vornehmen würde. Es war wie mit den Wohnungen in der Stadt: Konträr jeglichen Einkommensspiegels wurde hier alles immer teurer. Das Leben genau wie der Tod.
    Der Mandel hatte ein Fernglas dabei, das er mal vom ADAC als Geschenk für eine Kundenanwerbung bekommen hatte. Der Kunde war ich gewesen, als ich noch meinen alten Toyota fuhr. Der Jahresbeitrag zahlte sich total aus, so oft, wie mir die Batterie damals verreckt ist. Mit dem ADAC -Fernglas legte sich der Mandel unweit der norwegischen Holzkirche, die das Epizentrum des riesigen Friedhofs bildete, hinter einen Grabstein. Die kleine Trauergemeinde hatte sich schon versammelt, und für den Mandel war jetzt maßgebend, wer sich da alles blicken ließ.
    Das eigentliche Begräbnis war offenbar schon vorüber, und jetzt standen in einem kleinen Halbkreis folgende Personen um eine etwas magere Birke herum: die Veronika Malleck, schwarze Bluse, schwarzer Rock, dunkle Haare wegen des Films und Baskenmütze, links neben ihr der Kai Bartels und der Schredder, rechts davon der Holger Edelstein, der einen Arm um die Malleck gelegt hatte. Alle Männer in schwarzen Anzügen. Der Kai Bartels und der Schredder verdeckten allerdings noch jemanden, und der Mandel robbte ein paar Zentimeter seitwärts, um einen besseren Blickwinkel zu bekommen. Und da schau einer an: Ein Mann im Rollstuhl saß vor dem Schredder, den Kopf gesenkt. Er hatte graues, längeres Haar, oben schon eine Platte und trug eine Hornbrille. Der Mandel war in der Entourage vom Tilmann genug bewandert, um den Danny zu identifizieren, der angeblich im Krankenhaus lag wegen der schweren Nierenkolik. Nierenkolik , ich hab das ja mal nachgeschlagen, weil ich es auch nur vom Hörensagen kannte. Man hat einen Stein im Harnleiter oder so ähnlich und dann eine Entzündung. Wenn man jetzt nicht rechtzeitig eine Zertrümmerung dieses Steins vornimmt, kann das an die Nieren gehen, also sprichwörtlich, und am Ende ist man dann ein Fall für die Matratzengruft und kann ganz sicher keine Band mehr managen, wenn man vor jedem Toilettenbesuch Todesangst hat. Woher das kommt, man weiß es nicht genau. Ein Freund von mir aus Österreich hat sich mal den Hoden verknotet, also von innen. Weiß auch kein Mensch, wie so was passiert, aber ich hol ihn ab zu einer Party, und er kriecht schmerzverkrümmt in seinem Wohnzimmer umher. Ich hab ihn zum Arzt gefahren, die haben ihn sofort operiert, aber er wollte mir lange nicht erzählen, was los mit ihm gewesen war. Ist ja auch unangenehm zuzugeben, dass man einen Knoten im Hoden hat.
    Aber jetzt bin ich abgeschweift, weil es mich beschäftigt, dass man im Leben jederzeit unvorbereitet von medizinischen Bosheiten überfallen werden kann. Im Alltag verstecken sich heimtückisch Krankheit und Tod. Man kann von Glück reden, wenn man es, so wie ich, heil in seine Dreißiger schafft.
    Das war natürlich für den Mandel interessant, dass der Danny auf der Beerdigung war, weil jetzt konnte man nicht mehr sagen, ach, der Danny, der liegt im Krankenhaus, mit dem brauchst du gar nicht zu reden. Solange der Mann aus dem Haus konnte, war er wohl auch ansprechbar, und es war naiv von uns gewesen, uns vom Urbaniak so abspeisen zu lassen, von wegen der Danny schon halbtot. Der Danny rieb sich immer wieder mit der Hand über seinen halbkahlen Kopf, während die anderen stillstanden. Dem Mandel fiel zudem auf, dass zirka fünfzig Meter links von der Gruppe eine Frau mit Sonnenbrille stand, die das Szenario ähnlich wie der Mandel aus sicherer Entfernung beobachtete, zumindest hatte sie sich die letzten zwei Minuten nicht von der Stelle gerührt. Sie war eher schmal und trug ein schwarzes Hemd und eine schwarze Hose. Der Mandel hatte sie vorher schon gesehen, aber für eine Friedhofspassantin gehalten. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie nicht passierte, sondern zuschaute. In die Beerdigungsgesellschaft kam jetzt Bewegung. Wenn es eine Andacht gegeben hatte, dann war sie jetzt vorbei. Die Frau mit Sonnenbrille drehte sich weg und ging in die andere Richtung. Der Mandel beschloss, ihr zu folgen, aber es kam ihm etwas dazwischen.
    »Schickes Fernglas«, sagte der Mordkommissar Winter hinter dem Mandel, und der Mandel hätte fast seine Zunge verschluckt, die er während des Observierens im Mund herumgerollt hatte.
    »Ah,

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