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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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die hat dem Mandel nicht gutgetan. Der Mandel ist ja im Prinzip eine empfindsame Seele und nicht so robust, wie er gerne tut. Und die Pillen und der Gin, die ganzen Konzerte und die vielen Leute, die ganze Musik und der Trubel, die haben den Mandel irgendwann fast verrückt werden lassen. Er redet heute noch ungern darüber, aber er war an den Sonntagnachmittagen zu Hause im Bett gelegen, in seinem seit Monaten spärlich eingerichteten Zimmer, und hat sich nicht vom Fleck gerührt. Er lag dann einfach nur auf seiner Matratze in seinem kahlen Zimmer und hoffte, dass die Paranoia weggeht. Mir hat er nie etwas gesagt, ich dachte, er schläft oder ist überhaupt nicht zu Hause.
    Der Mandel war jetzt nie der Mörderaufreißer gewesen, aber wenn du so viel unterwegs bist auf Konzerten und Veranstaltungen, da geht schon immer was. Aber er hat es bis heute nicht geschafft, sich auf jemand dauerhaft einzulassen. Von der Gugu mal abgesehen, aber das kann man ja auch nicht Beziehung im klassischen Sinne nennen, dieses Theater. Und das hat ihn zusätzlich geschwächt, diese Eskapaden mit den merkwürdigen Weibern, die man am Ende mehr kurios als erotisch nennen musste. Ich denke da nur an Lorna, die blutige Bestie, wie ich sie nannte. Weil sie nur gekommen ist, wenn sie dem Mandel den Rücken blutig kratzen konnte. Aber egal. Eines Tages hat der Mandel eingesehen, dass die Sonntagsdepressionen kein Dauerzustand sein konnten, und ist in die Klinik gegangen. Er war vor der Notaufnahme gestanden und hat zu der Frau am Empfang gesagt, er brauche einfach eine Weile seine Ruhe. Die haben ihn dann nach einer Untersuchung eine Woche im psychiatrischen Flügel aufbewahrt, und danach hat der Mandel sich tatsächlich eingebremst mit den Pillen und den Depressionen. Nur die vielen Konzerte und der Gin, die blieben. Aber immerhin ist er vom Gordon’s auf Beefeater umgestiegen.
    »Du wartest im Auto«, sagte der Mandel zum Dieter.
    »Ich lauf ein bisschen rum«, sagte der Dieter.
    Der Mandel ging über die Raucherterrasse zur Anmeldung, fragte nach Danny Friedemann und bekam eine Zimmernummer im neunten Stock in der Neurologie. Das hätte den Mandel eigentlich wundern sollen, weil Nierenkolik und Neurologie, das gehört eigentlich nicht zusammen, aber an medizinischen Fachbegriffen war der Mandel so interessiert wie ich an Ergebnissen der Zweiten Bundesliga. Zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus.
    Im Treppenhaus und in den Gängen war es sehr ruhig an diesem Tag. Dieses allgegenwärtige, stille Weiß in einem Krankenhaus, diese Zwangsruhe ist für viele beklemmend. Nicht für den Mandel. Ich glaube, er war ganz in seinem Element, als er durch die weißen Gänge vom neunten Stock wandelte. Er klopfte schließlich an einer Tür und öffnete sie dann, ohne eine Antwort abzuwarten. Der Mandel stand jetzt in einem Zweibettzimmer vor einem alten Mann, der kaum zu atmen schien und an diverse Schläuche angeschlossen war. Der Mandel schaute den Mann an, und der Mann schaute den Mandel an. Und lächelte.
    »Alter Ganove«, röchelte der unbekannte Mann und lächelte weiter. Merkwürdig, dass ein Erfolgsmanager wie der Danny sich das Zimmer mit einem Halbtoten teilt, dachte der Mandel.
    Die beiden Betten waren durch einen dieser fahrbaren Vorhänge getrennt, und der Mandel ging die paar Schritte in die andere Hälfte des Raums hinüber. Es roch nach Schnaps. In dem anderen Bett lag der Danny, Kopfhörer auf, in der Hand eine Zeitung. Die Hand mit der Zeitung wackelte, als würde sie dem Rhythmus der Musik im Kopfhörer folgen, und der Mandel dachte, er könnte so unmöglich Zeitung lesen. Der Mund vom Danny öffnete und schloss sich, ohne dass er zunächst etwas sagte. Doch dann sah er den Mandel und setzte ungelenk den Kopfhörer ab.
    »Mandel. Das hat ja gedauert«, sagte der Danny und bewegte dabei den Mund mehr, als er sollte.
    »Servus, Danny«, sagte der Mandel.
    »Pah«, sagte der Danny.
    »Bitte?«
    »Mandel, du kannst dem Urbaniak ausrichten, dass ihm der Leo ein richtiges Kuckucksei ins Nest gelegt hat.«
    »Bitte was ins Nest?«, fragte der Mandel.
    »Bist du der Bluthund vom Urbaniak oder nicht? Oder am Ende der von der Malleck, der Schlampe? Der Leo hat gesagt: Der Mandel ist ein Guter. Aber der Leo war ein gutmütiger Idiot«, lachte der Danny, nicht süffisant, eher hysterisch im Ansatz. Aber vielleicht hat das nur so ausgesehen, wegen der unkoordinierten Mundbewegungen.
    »Mein Gott, was für ein naiver Mensch«, sagte der Danny

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