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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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Malleck zum jetzigen Zeitpunkt hätte ungestört ausgehen können. Vor dem Poschardt stand Henry, ein Türsteher, Securitymensch und Butler in Personalunion. Der Henry geleitet im Zweifelsfall die Gäste noch zu ihren Taxis, und wehe, der Henry sieht einen Fotografen, dann kann der Henry unwirsch werden, wie man öfter im Fernsehen sieht. Nur noch die nassforschen Billigblattschreiber aus der Provinz waren dumm genug, vor dem Poschardt herumzulungern. Aber nur so lange, bis der Henry mit ihnen ins Gespräch kam. Der Henry trug einen teuren Anzug mit einer Fliege und im Gesicht eine Schlange. Eine Tätowierung, die sich von der Stirn die Backen und den Hals hinunterwand. Das ist dann die Tätowierung, wo selbst jemand wie ich sagen würde: Die bereust du irgendwann.
    Der Henry verabschiedete die Malleck mit Küsschen, Küsschen, und dem Mandel rieb er zum Abschied den Rücken, als wär der Mandel jeden Abend im Poschardt. Der Mandel spannte einen Regenschirm über sich und der Malleck auf, und die Malleck zog ihre Baskenmütze tief ins Gesicht. Der Mandel schloss der Malleck die Tür zum Fahrschulauto auf, und sie stiegen beide ein. Sie sahen mich nicht. Ich hörte, wie der Mandel sagte: »Vorsicht mit den Pedalen auf deiner Seite, weil das ist das Fahrschulauto von meinem Bruder.« Die Malleck lachte und sagte etwas wie »Spaßbremse«. Ich weiß nicht, ob sie merkte, was für ein gutes Wortspiel das war. Dann fuhren sie weg. In Zeitlupe. Ich roch das Benzin. Ich winkte mir ein Taxi her und sagte den Satz, den ich schon immer einmal zu einem Taxifahrer sagen wollte:
    »Folgen Sie dem Wagen da vorne.«
    Der Taxifahrer war vermutlich ein Türke, dichtes graues Haar und einen schwarzen Riesenschnauzbart. Ich mag Türken sehr gerne und bin dafür, dass wir Deutschen uns vollständig vermischen, das kann dem Essen hierzulande nur guttun.
    »So etwas mache ich nicht. Steigen Sie bitte aus«, sagte der Taxifahrer in ultrakorrektem Hochdeutsch.
    »Okay, okay, vergessen Sie, was ich gesagt habe. Fahren Sie mich zum Chamissoplatz. Bitte.«
    Es war eine Fifty-fifty-Chance, weil der Mandel hätte die Malleck auch nach Hause fahren oder sonst wo absetzen können, aber ich lag richtig, und der Taxifahrer ist dann doch zufällig dem gelben Audi A8 bis zum Chamissoplatz nachgefahren und hat mich dort rausgelassen. Ich wartete eine Weile im Dunkel der unbeleuchteten Grünflächen vom Chamissoplatz, dann schloss ich die untere Haustür auf. Ich hatte noch den Schlüssel wegen dem Stromableser, als der Mandel letztes Jahr bei dem Festival in Barcelona gewesen war. Leise ging ich die Stockwerke bis zur Wohnung hinauf und wartete vor der Tür, horchte, was sich drinnen abspielte. Da waren Stimmen, aber die Stimmungslage war nicht zu ermitteln. Erotisch, geschäftlich, ausgelassen, es hätte alles sein können wegen der schlechten Akustik.
    Dann drangen dumpfe Schläge aus der Wohnung. Eine weibliche Stimme schrie: »Ah!« Ich schloss leise die Tür auf. Mittendrin hörte ich wieder ein »Ah«, vielleicht sogar ein »Au«, und auch noch kurz hintereinander. Jetzt muss man wissen, dass die Wohnung vom Mandel einen ziemlich langen Gang hat. Manche finden das schick, ich finde, es ist die reinste Verschwendung von Quadratmetern. Aus so einem Gang hätte man locker noch ein Zimmer herausbekommen. Ich vermutete den Mandel und die Malleck ursprünglich im Schlafzimmer, aber nachdem ich in der Wohnung war, hörte ich sofort, dass sich jemand in der Wohnküche ganz am Ende des Gangs aufhielt. Die Tür war wie immer offen, und ich blieb im Türrahmen stehen und blickte auf ein verstörendes Szenario.
    Die Malleck saß auf einem Stuhl, hatte ihren Rock hochgezogen, aber vermutlich nur wegen der Bequemlichkeit. Umringt war sie von den Mandelbrüdern und Gläsern mit einer transparenten Flüssigkeit, die mir nach Beefeater-Tonic aussah. Man merkte auf den ersten Blick, dass die Stimmung ans Ausgelassene grenzte, und bevor jemand Notiz von mir nahm, rief die Malleck aus vollem Hals: »Mau!«
    »Nein, jetzt hättest du Mau -Mau sagen müssen«, sagte der Dieter, und der Mandel lachte, wie ich ihn selten lachen gesehen habe. Man merkt aber immer, wenn plötzlich jemand im Raum steht, deshalb unterbrachen die drei ihr Kartenspiel und schauten mich entgeistert an.
    »Sigi«, sagte die Malleck. »Das ist ja nett.«
    »Servus, Sigi. Setz dich her, sind wir mehr«, sagte der Dieter.
    »Du bist mir nicht nachgefahren, oder? Mit einem Taxi?«, fragte der

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