Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
Vom Netzwerk:
Haustür aufging und der Mandel vorsichtig mit dem halben Körper herausschielte.
    »Niemand weit und breit!«, rief ich ihm zu, und er wagte sich vollständig auf die Straße. Vorsichtig betrachtete er die weiße Plastiktüte. Der Mandel legte sich auf den Boden und horchte vielleicht an der Tüte, so genau konnte man das aus dem fünften Stock nicht beurteilen. Jetzt kniete er vor der Tüte und bog vorsichtig ihre Ränder zurück. Und dann hat es mich doch sehr gewundert, was der Mandel als Nächstes gemacht hat. Weil jeder andere, der gesehen hätte, was in der Tüte war, wäre auf der Stelle weggelaufen oder hätte die Tüte ganz schnell wieder zugemacht. Der Mandel hat aber den Kopf vom Holger Edelstein an dessen Ohren aus der Tüte gezogen und ihn sich aufmerksam angeschaut. Selbst von hier oben konnte ich erkennen, dass der Kopf ein wenig aufgequollen war. Und blasser als zuletzt.
    »Die sind ja wahnsinnig, die Typen«, hat er dann zu uns hochgerufen, und die Malleck hat mich gefragt, was der Mandel da in der Hand hat. Ich denke heute noch, da wollte der Mandel uns zeigen, wie hartgesotten er ist, denn dass das taktlos ist, der Malleck den Kopf ihres Ex-Liebhabers unter die Nase zu halten, auch wenn fünf Stockwerke dazwischenliegen, das hätte er sich denken können. Als der Dieter und ich die Malleck förmlich vom Fenster wegrissen, war es schon zu spät, denn sie hat sofort auf das Bett vom Mandel gekotzt.

Achtzehn

    »Aha. Ihr Auto ist ausgebrannt. Das sagen Sie mir jetzt«, sagte der Kommissar Winter und kam dem Mandel dabei unangenehm nahe.
    »Die Kollegen haben’s doch aufgenommen. Tauscht ihr euch nicht aus?«, sagte der Mandel, und ich wäre nicht so patzig gegenüber dem Winter gewesen. Der Winter hatte sicher langsam auch die Schnauze voll davon, dass er uns jeden zweiten Tag zu sich in die Keithstraße bestellen musste.
    »Wo hatten die denn den Kopf vom Edelstein her?«, fragte ich dazwischen, um vom Mandel seiner Patzigkeit abzulenken.
    »Halten Sie den Mund, wenn Sie nicht gefragt werden, Herr Singer.«
    »Okay, okay«, sagte ich.
    »Und woher werden die den Kopf schon haben, Sie Amateur. Pathologie sagt Ihnen was? Schon mal einen Krimi im Fernsehen gesehen, der Herr Detektiv?«
    »Ja, ist ja gut«, sagte ich.
    »Nichts ist gut. Ich hab zwei zerstückelte Leichen am Hals und keinen stichhaltigen Beweis, um beide in Verbindung zu bringen.«
    »Gibt es keine Videoüberwachung in der Pathologie?«, fragte der Mandel.
    »Gibt es den Weihnachtsmann?«, fragte der Winter zurück.
    »Kommt auf den Kulturkreis an«, sagte der Mandel.
    »Das Schlimme ist, Herr Mandel, dass ich einer Null wie Ihnen am Ende noch Personenschutz gewähren muss. Wegen Ihrer nichtsnutzigen Schnüfflerei darf der Steuerzahler Ihnen ein Hotelzimmer in Bernau spendieren.«
    »Lieber nicht. Da ist doch diese Mülldeponie«, sagte der Mandel.
    Im Büro am Nordufer sagte der Mandel, er habe jetzt keine Lust mehr auf den Fall. Gut, ich auch nicht, sagte ich. Der Mandel rief daraufhin den Urbaniak an und erzählte ihm von dem toten Kopf vom Edelstein. Das reichte dem Urbaniak als Argument, warum der Mandel nicht mehr die verlorenen Songs vom Tilmann suchen wollte. Er versprach uns eine Aufwandsentschädigung. Das sei nur fair, wenn man Leichenköpfe zugeschickt bekomme, sagte der Mandel. Er legte auf und setzte sich an seinen Computer. Er hörte ein Lied von dem aktuellen DEMO -Album, und er hörte es zu meiner Unbill laut. Der Tilmann sang:
    An die See, komm her mein Blut
    Komm her mein Fleisch, denn das Wetter ist gut
    Es regnet Tränen tagelang
    Ich brauch dich mehr, als ich sagen kann
    »Das ist ja grausig. Wie heißt denn das?«, fragte ich den Mandel.
    »Ich find das nicht so schlecht«, sagte der Mandel
    »Aber der Text ist grausig.«
    »›Entfernte Verwandte‹«, sagte der Mandel.
    »Häh?«
    »So heißt das Lied.«
    »Ah.«
    Eine Weile sagte niemand von uns beiden etwas. Eine ziemlich lange Weile.
    »Sperren wir zu?«, fragte ich den Mandel nach dieser langen Weile.
    »Für heute oder überhaupt?«, fragte der Mandel.
    »Überhaupt«, sagte ich.
    »Okay«, sagte der Mandel.
    »Schade, dass das jetzt so gekommen ist«, sagte ich.
    »Hmm«, machte der Mandel und starrte auf seinen Monitor.
    »Weil ich meine, das fing so gut an mit der Malleck bei uns im Büro.«
    »Sigi, lass es«, sagte der Mandel.
    »Ich geh heim. Wir können ja morgen ein bisschen aufräumen«, sagte ich.
    »Ciao«, sagte der Mandel und drehte die Musik

Weitere Kostenlose Bücher