Mandys Verlangen
bereits verlassen.
Langsam ließ Leonie sich auf dem nächstbesten Stuhl fallen und starrte fassungslos vor sich hin. Was hatte sie getan? Wie hatte sie nur so dumm sein können?
Irgendwo im Haus rumorte es. Es hörte sich an, als würde jemand schwere Gegenstände hin und her tragen. Erst jetzt ging Leonie die ganze Bedeutung von Nicks Worten auf. Sie sprang hoch und hastete die wenigen Stufen in den ersten Stock hinauf.
Nicholas war gerade dabei, seine Koffer zu packen. Leonie lief in sein Schlafzimmer und hielt ihn am Ärmel seines Anzugs fest.
»Verzeih mir!«, rief sie in höchster Not. »Es stimmt nicht, was ich gerade gesagt habe. Ich war nur so wütend darüber, dass du mir misstraust, dass ich die Fassung verloren habe. Natürlich liebe ich dich. Es gibt keinen anderen. Bitte glaube mir!«
Nicholas hielt in seiner Tätigkeit inne und drehte sich um.
»Für wie blöd hältst du mich eigentlich?« Seine Stimme klang beunruhigend gefasst. »Glaubst du, ich hätte nicht längst bemerkt, dass du mich hintergehst? Dieser Carlo oder wie er heißen mag ist doch schon länger Thema. Ich hatte allerdings bis eben gehofft, dass er nur ein kleiner Flirt ist, wie ihn Frauen eben ab und zu haben. Aber deine Reaktion und diese Abrechnung sprechen dagegen. Und ich habe wirklich keine Lust, einen Rivalen mit meinem Geld zu finanzieren.«
»Aber das tust du doch gar nicht«, versuchte Leonie, sich herauszureden. »Okay, ich habe wirklich ein bisschen viel ausgegeben. Aber das mache ich wieder gut.«
»Ach, und wie?«, erkundigte Nick sich spöttisch. »Etwa im Bett? Danke, deine Qualitäten reichen nicht aus, mich über den Verlust von mehr als dreißigtausend Dollar hinwegzutrösten. Oder willst du etwa arbeiten gehen und mir deine Schulden in lebenslänglichen Raten zurückzahlen?« Er lachte voller Bitterkeit. »Danke, das möchte ich nicht. Weil ich nämlich nicht mein ganzes Leben lang jeden Monat aufs Neue an meinen größten Irrtum erinnert werden möchte. Also lassen wir es dabei. Du ziehst aus und verschwindest aus meinem Leben.«
Nick ließ den Kofferdeckel zufallen, und die Schlösser schnappten zu. Dann hob er das Gepäckstück auf, nahm einige Papiere aus dem Safe im Wohnzimmer und verließ den Raum. An der Haustür blieb er noch einmal stehen und wandte sich zu Leonie um, die ihm gefolgt war.
»Meine Kreditkarte.« Fordernd streckte er die linke Hand aus.
Leonie erstarrte. Aber dann lief sie doch davon, um das Gewünschte zu holen. Wütend reichte sie Nick das Plastikkärtchen.
»Fahr zur Hölle!«, schrie sie ihm unbeherrscht hinterher, als er ins Freie hinaustrat.
Nick tat, als habe er es nicht gehört.
3. Kapitel
Mandolyn fuhr vom Dalton-House aus sofort nach Denver, um Clemens Sufforth vom Swedish Medical Center abzuholen. Die Fahrt von Summersprings in die Hauptstadt dauerte über den Highway ungefähr eine Stunde und gab Mandy Gelegenheit, sich auf das Treffen mit ihrem Verlobten einzustimmen.
Seit drei Jahren arbeitete Clem am Swedish Medical als Oberarzt der Gynäkologischen Station. Er war ein ehrgeiziger und, so vermutete Mandy heimlich, wahrscheinlich nicht überaus einfühlsamer Mann, der eher seine Karriere im Auge hatte als das psychische Wohlergehen seiner Patientinnen. Aber er war ein guter, sogar ein sehr guter Arzt, vor allem auf dem Gebiet der ungewollten Sterilität und künstlichen Befruchtung. Er plante, in ein paar Jahren eine eigene Praxis zu eröffnen und sich dann nur noch diesem Fachgebiet zu widmen.
Mandy zweifelte keine Sekunde daran, dass er seinen Weg machen würde. Clem war der ideale Ehemann, treu, zuverlässig und verantwortungsbewusst. Für seine Familie würde er sich zerreißen. Trotzdem beschlich sie immer öfter der Verdacht, dass sie sich an seiner Seite langsam zu Tode langweilen könnte. Das war auch der Grund dafür, weshalb sie sich immer noch nicht für einen bestimmten Hochzeitstermin entschieden hatte.
Clemens seinerseits machte zwar hin und wieder einen halbherzigen Vorstoß in Richtung Traualtar, doch Mandy war es bisher jedes Mal gelungen, ihn mit dem Argument, dass sie noch warten sollten, bis er seine Praxis eingerichtet hatte, von dieser Idee abzubringen.
Er gehörte nicht zu den Männern, die einen Ballon mieten, um über dem Haus seiner Angebeteten tausend rote Rosen abzuwerfen. Clem gehörte zu den bodenständigen Typen, die von Altersvorsorge, Sicherheit und Ordnung redeten und weder romantisch noch fantasievoll genug waren, sich
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