Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mandys Verlangen

Mandys Verlangen

Titel: Mandys Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie C.
Vom Netzwerk:
momentan eins zu hundert standen.
    Mandy wunderte sich immer wieder darüber, wie emotionslos Clem und seine Kollegen über solche Schicksale sprachen. Als bestünde der Mensch nur aus Muskeln, Fleisch und Organen, die man, wie bei einem Auto, austauschen, reparieren oder einfach verschrotten konnte. Die Seele, die Persönlichkeit, die hinter der Krankengeschichte stand, schienen diese Leute gar nicht zu sehen.
    Andererseits mussten sich die Ärzte eine gewisse »Hornhaut« anschaffen, um ihren Beruf ausüben zu können. Clem und seine Kollegen wären längst seelische Wracks, wenn sie das private Schicksal jedes Patienten an sich herangelassen hätten.
    Das Four Roses war um diese Zeit gut besucht, aber der Oberkellner erinnerte sich an das fürstliche Trinkgeld, das Robert Miles zu geben pflegte, und führte das Quartett an einen Tisch am Fenster, von dem aus man das Restaurant überblicken konnte, ohne selbst auf dem Präsentierteller zu sein.
    Mandy gefiel die Atmosphäre in dem Lokal. Im Four Roses herrschte eine Mischung aus elegantem Chic und anheimelnder Wohlfühlatmosphäre. Blumen, vor allem hohe Staudengewächse, Palmen und natürlich Rosen, beherrschten das Bild. Sie dienten zum einen als Dekoration, zum anderen als Sichtschutz und Raumteiler. Winzige Lämpchen funkelten zwischen den Blättern, auf den Tischen standen Petroleumlampen, die allerdings mit Glühbirnen ausgestattet waren.
    An den Wänden hingen uralte Schlittschuhe und Skier sowie diverse antike landwirtschaftliche Geräte wie Holzrechen, Dreschflegel oder Rahmlöffel, die der Besitzer des Restaurants im Laufe der Jahre eigenhändig zusammengetragen hatte.
    Mandy begann, sich augenblicklich zu entspannen, als sie auf einem der altmodischen, gepolsterten Stühle mit hoher Lehne Platz nahm und sich über die hübsche Tischdekoration freute, um die sich die Chefin selbst kümmerte.
    Während des Aperitifs drehte sich das Gespräch immer noch um den Schädelbruch (ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Einblutungen in den linken Hirnlappen und den Hippocampus), wandte sich bei der Vorspeise, einem exzellenten Eisbergsalat mit frischen Shrimps und Lachs in pikantem Dressing, aber dem allgemeinen Krankenhaustratsch zu. Mandy lauschte amüsiert den teilweise urkomischen Schilderungen des ganz alltäglichen Wahnsinns, wie es ihn wohl in jedem Krankenhaus oder größeren Betrieb gab.
    Als Carla das Thema wieder auf rein fachliche Dinge lenkte, verflog die heitere Stimmung. Beim Hauptgang diskutierten die Ärzte angeregt die Frage, ob die Spezies Mensch demnächst vom Aussterben bedroht war oder nicht. Clemens, der sich hier auf vertrautem Terrain bewegte, erging sich ausgiebig über eine Studie, nach der weltweit die Beweglichkeit und Lebensfähigkeit von Spermien abgenommen und Deformationen zugenommen hätten.
    Mandys Gedanken drifteten ab, beschäftigten sich mit eigenen Problemen, deren Lösung ihr selbst überlassen blieb.
    Müßig wanderten ihre Blicke durch das voll besetzte Restaurant. An der Bar saß ein Pärchen, das sich verliebt in die Augen sah. Es schien die Welt um sich herum vergessen zu haben. Die Gläser der beiden standen unberührt auf dem Tresen, eine Hand des jungen Mannes lag auf dem Oberschenkel der Frau und arbeitete sich langsam nach oben.
    Das ältere Paar an der Tür unterhielt sich hingegen angeregt miteinander. Es herrschte eine Vertrautheit zwischen ihnen, wie sie nur nach jahrelangem Zusammenleben entsteht. Mandy überlegte, wie Clem und sie wohl in zwanzig Jahren miteinander umgehen würden. Würden auch sie so zufrieden wirken, vertraut und innig, oder würden sie einander nichts mehr zu sagen haben und sich nebeneinander langweilen?
    Plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Unwillkürlich richtete sie sich auf, ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Gebannt starrte sie auf die Tür, durch die gerade ein hochgewachsener Mann trat.
    Eine auffällige Erscheinung, die nicht nur Mandolyns Aufmerksamkeit erregte. Mindestens die Hälfte der anwesenden Frauen hatte sich bei seinem Eintritt umgedreht. In ihren Augen lag ein sehnsüchtiger Glanz, der gewiss nicht dem wohl bestückten Büfett galt oder dem Kellner, der den Mann gerade an einen Tisch führte.
    Auch Mandy starrte ihn an. Etwas in ihrem Inneren zerriss, dann begann ihr Herz wie wild zu rasen, so als wollte es nach jahrelanger Gefangenschaft nun endlich befreit davongaloppieren.
    Nicholas Clayton!
    Der Name hallte wie ein Echo in Mandolyns Kopf

Weitere Kostenlose Bücher