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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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natürlich. Zusammen machen diese
Aufgabenbereiche sechsundachtzig Prozent unserer Einnahmen aus.«
    Forbes und Forbes war eine Fabrik für Personalüberwachung. Die
Lebensgeschichten anderer Menschen wurden hier verarbeitet und anschließend mit
einem von drei Etiketten versehen wieder ausgespien: ein grünes Fähnchen für
»sauber«, ein gelbes Fähnchen für »fraglich« und ein rotes für »Alarm«.
    »Hier sollte es ein schwarzes Fähnchen sein«, hatte Dietz zu Walter
gesagt, »der arme Kerl ist nämlich tot.«
    Walter erfuhr auch, daß die Agentur von den meisten ihrer
Unternehmenskunden fallweise bezahlt wurde, nämlich pro Bewerber, und nicht
nach Stunden. Folglich war es für die »Rentabilität« wichtig (Forbes' jr.
Lieblingswort), daß die Maschine schnell und reibungslos lief.
     
    »Es funktioniert so«, sagte Forbes jr., der seine Pfeife mit
zusammengepreßten Kiefern festhielt, »die Akten gehen erst an >Aufnahme und
Zuteilung< - das macht der alte Charlie DeWitt —, wo sie mit >normale<
oder besondere Aufmerksamkeit< klassifiziert und dann einem Detektiv
zugeteilt werden. Die Besonderen haben einen blauen Aufkleber auf dem
Aktendeckel. Ein besonderer Fall liegt immer dann vor, wenn leitende
Angestellte eingestellt oder befördert werden oder es sich um Personen handelt,
die zu den vertraulichen Informationen oder Geheimnissen des jeweiligen
Unternehmens Zugang haben werden.
    Wir müssen die normale Bewerbung billiger abwickeln, als es ihre
eigenen Personalabteilungen könnten. Machen Sie sich also wegen dieser Sachen
nicht verrückt. Prüfen Sie nur die Adresse, rufen Sie beim letzten Arbeitgeber
und vielleicht noch bei ein oder zwei Referenzen an. Wenn der Bewerber dumm
genug ist, einen Strafregistereintrag zuzugeben, prüfen Sie ihn nach.
Diebstahl, Drogen oder Sexualdelikte bekommen ein rotes Fähnchen.
    Es liegt auf der Hand, daß die besonderen Fälle auch besondere
Aufmerksamkeit erhalten. Diese Überprüfungen stellen wir bei den Kunden
stundenweise in Rechnung, also seien Sie gründlich. Ein bißchen Beinarbeit kann
nicht schaden. Überprüfen Sie die Finanzen. Wenn die fragliche Person über
ihre Verhältnisse lebt, möchten wir wissen, woher das Geld kommt. Prüfen Sie
die politische Einstellung und die private Lebensführung. Keine Kommunisten,
keine Homos. Unsere Kunden wollen wissen, wem sie die Schlüssel zum Waschraum
für leitende Angestellte geben, falls Sie wissen, was ich meine.
    Wenn Sie mit einer Überprüfung fertig sind, versehen Sie sie mit einem
Farbcode. Bei den normalen Bewerbern genügt das. Die besonderen Fälle erfordern
einen zusätzlichen Bericht, besonders dann, wenn Sie ihn mit einem roten Fähnchen
versehen wollen.
     
    Büroboten gehen zweimal am Tag herum — um zehn und um drei —, um die
fertiggestellten Akten aus Ihrem Ausgangskorb zu holen. Nur so kommen Ihre
Akten wieder ins System. Übergeben Sie sie also nicht persönlich. Kommen Sie
auch nicht zu mir, um darüber zu diskutieren oder so, denn dann geht die
Rentabilität zum Teufel. Schreiben Sie einfach gute Berichte und füttern Sie
die Maschine damit.«
    An diesem Morgen des Heiligen Abends tippte Walter zwei besondere
Berichte über harmlose künftige leitende Angestellte, deren Lebensführung den
anerkannten Maßstäben farbloser Konformität entsprachen, und legte sie in den
Ausgangskorb. Inzwischen war es fast neun. Er zündete sich eine Zigarette an,
als er aus dem Fenster blickte und sah, wie in 16 C das Licht
anging. Er winkte hinüber, fügte ein mit dem Mund geformtes »Fröhliche
Weihnachten« hinzu und machte sich dann über den Aktenstapel im Eingangskorb
her.
    Dort lagen vier neue Akten, die DeWitts »Fledermäuse« von der
Nachtschicht hingelegt hatten.
    »Wieso >Fledermäuse    »Weil sie nachts herumfliegen und Scheiße auf dich fallen lassen«,
hatte Dietz erklärt.
    Die erste Akte war eine normale Bewerbung für einen Vorarbeiter-Job in
einem Kunststoff-Unternehmen. Walter rief die Hauswirtin an und fand heraus,
daß der Mann seine Miete pünktlich zahlte und weder schwer trank noch seine
Frau verprügelte. Dann rief er die erste Referenz an. Wie sich herausstellte,
war es der Football-Coach des Bewerbers von der High School. Walter entschuldigte
sich, weil er ihn weckte, und erfuhr, daß der Bewerber Teamgeist besaß und ein
erstklassiger Abwehrspieler war. Walter beendete das Gespräch mit einer
Plauderei über das Spiel der Giants gegen die Colts am

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