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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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bereit, ins Büro zu gehen. Bei Forbes
und Forbes wurde er erst zu einer zivilisierten Zeit erwartet, nämlich um neun,
aber trotzdem hatte er es sich zur Gewohnheit gemacht, schon um sieben dort zu
sein.
    Wenn du der Neue bist, hatte ihm sein Vater gesagt, brauchst
du zu Anfang zwei Stunden mehr am Tag, um ein Gefühl für den Job zu bekommen.
Wenn du länger bleibst, gibst du dir den Anschein, als wärst du entweder ein
Streber oder wolltest dich einschmeicheln. Am besten ist es, morgens früh zu
kommen. Du erledigst deine Arbeit, und alle anderen glauben, du wärst nur ein
paar Minuten vor ihnen erschienen.
    So war es in seinen acht Monaten bei Forbes und Forbes zu Walters
Ritual geworden, die Stunden zwischen sieben und neun dazu zu nutzen, unerledigte
Papiere vom Schreibtisch zu bekommen. Außerdem lag ihm die Howard-Akte auf der
Seele.
    »Papierkram ist mein Leben«, erklärte er Anne, als er an diesem Morgen
aus der Dusche kam. Anne hatte sich die Decke bis zur Nase hochgezogen und
starrte ihn an.
    »Wie langweilig«, erwiderte sie.
    »Nicht wirklich«, entgegnete Walter und nahm ein frisches weißes
Buttondown-Hemd von dem Stummen Diener. »Wie deine Beatnik-Kumpel vielleicht
sagen würden, hat Papierkram was.«
    »Schlafen hat auch was«, sagte sie und zog sich die Decke über den
Kopf.
    Er zog sich wie gewohnt schwarze Socken an und ein paar wollene
Gabardinehosen und sagte: »Du arbeitest nachts.«
    »Das tust du auch«, kicherte sie unter der Decke. »Und zwar hart.«
    Und dann spiele ich auch noch bis zum frühen Morgen, dachte er.
    Er nahm eine rot-grün gestreifte Weihnachtskrawatte aus dem Regal,
knotete sie, entfernte dann die Schuhspanner aus Zedernholz aus seinen
schwarzen ungarischen Schuhen, setzte sich auf die Bettkante und zog sich die
Schuhe mit einem Schuhlöffel an. Er stand auf, bürstete die Schultern eines
grauen Wolljacketts ab und zwängte sich hinein.
    »Der perfekte leitende Angestellte«, sagte sie und riskierte einen
Blick über die Decke. »Der Mann im grauen Anzug.«
    »Darauf bin ich stolz«, entgegnete er. Er beugte sich vor, um sie zu
küssen, und sagte: »Bis heute abend.«
    »Bis dann«, murmelte sie.
    Er wußte, daß sie nach ein paar Sekunden schon wieder schlafen würde.
    Er zog sich seinen schwarzen Wollmantel an, einen roten Schal, setzte
seinen grauen weichen Filzhut auf, ging aus der Wohnung im ersten Stock
hinunter und trat auf die 36. Straße. Er
kaufte sich eine Notausgabe der New York Times — die
Auslieferung wurde gerade bestreikt -, und da es kalt und er müde war, hielt er
für die schnelle Fahrt zum Rockefeller Center Nummer eins auf der Second Avenue
ein Taxi an. Während der Fahrt überflog er das nur aus zwei Seiten bestehende
Blatt und war froh zu sehen, daß Brooks Atkinson A Party eine
hymnische Rezension gewidmet hatte, nämlich wegen »des Stils, des Geschmacks,
der Maßstäbe und der Manieren«. Das waren Tugenden der Alten Welt, die immer
mehr in Vergessenheit gerieten, die Walter jedoch von Herzen schätzte.
    Ich, mein verstorbener Vater und die Dinosaurier, dachte Walter, als
das Taxi vor dem Rockefeller Center hielt.
    Sogar der Weihnachtsbaum sieht kalt und verschlafen aus, dachte
Walter, als er den Fahrer bezahlte, auf die Rockefeller Plaza trat und auf sein
Gebäude zuging.
    »Sie kommen aber früh, Mr. Withers«, sagte der Portier. Er war ein
älterer, rotgesichtiger Ire, der dies jeden Tag sagte, seit Walter bei Forbes
und Forbes angefangen hatte. Tatsächlich sah Walter jeden Tag eine Reihe von
Malions, da der älteste des Clans es im Lauf der Jahre geschafft hatte, seine
drei strammen Söhne ebenfalls in dem Bauwerk unterzubringen. So war die
Mannschaft unten in der Halle allgemein unter dem Namen »Mallon und die
Mallonettes« bekannt. Mallon reichte Walter einen dampfenden Kaffeebecher und
einen in eine Papierserviette eingewickelten Kopenhagener.
    »Oder ich gehe spät, Mr. Mallon«, erwiderte Walter, wie es das Ritual
verlangte. Er überreichte ihm eine Weihnachtskarte. »Mit den besten Wünschen
zum Fest.«
    Mallon riskierte einen Blick auf den Zehndollarschein, der in der
Doppelkarte steckte, und sagte: »Für Sie auch, Mr. Withers. Große Pläne für
morgen?«
    »Will nur schnell mal nach Greenwich, um die Familie zu besuchen. Und
Sie?«
    »Die Enkelkinder.«
    »Nun ja, Weihnachten ist für Kinder da«, sagte Walter. »Sind Sie schon
dagewesen, um sich den Baum anzusehen?«
    »Jedes Jahr, seit sie klein waren. Sie werden so schnell

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