Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
Vom Netzwerk:
war sein
Verfolger gerade am Fuß der Treppe angekommen. Walter stürzte sich auf die
andere Seite und rannte blitzschnell auf der gegenüberliegenden Treppe wieder
in den Park hinunter. Dann lief er quer über die breite Promenade zu deren
Westrand und tauchte unter einige Büsche, die an der niedrigen Steinmauer
wuchsen.
    Keine Schritte. Der Sprinter war oben auf der Straße, und der
Schwerfällige war stehengeblieben.
    Der Schwerfällige hat zwar gesehen, daß sich etwas quer über die
Promenade bewegte, ist aber nicht sicher, was oder wo, dachte Walter. Der
Sprinter ist gerade dabei, es herauszufinden, und ist schon wieder auf dem
Rückweg.
    Sie können dich nicht sehen, redete er sich immer wieder ein. Keine
Panik, kein Grund zur Sorge, sie können dich nicht sehen. Du mußt versuchen,
daran zu denken.
    Sie sind aber dabei, das Problem zu lösen, dachte er. Die Jungs sind
gut. Durchtrainiert, und sie haben keine Eile. Jeder geht vorsichtig nach
Westen, wobei sie ein sich verbreiterndes »V« bilden, bis sie dich in der Falle
haben. Dann werden sie sich an den beiden Enden des »V« aufeinander zubewegen,
bis einer von ihnen dich entdeckt.
    Sie bewegen sich behutsam und halten den Kopf gesenkt für den Fall,
daß du bewaffnet bist. Sie selbst halten ihre Waffen schußbereit. Und dir läuft
die Zeit davon. Der Raum wird auch immer knapper, das ist alles, was mir
bleibt, und ich wünsche zutiefst, ich hätte mehr Zeit in diesem nicht unschönen
Park zugebracht, dann wären mir meine Möglichkeiten bekannt. Dann würde ich
wissen, was sich auf der anderen Seite dieser Mauer befindet, die gleich mein
einziger Schutz sein wird.
    Walter streckte die linke Hand nach oben und tastete an der Mauer
entlang. Sie war an dieser Stelle nur rund neunzig Zentimeter hoch. Er stopfte
das Päckchen in den Hosenbund und versuchte, in einer flüssigen Bewegung
aufzustehen, doch die Zweige zerrten an ihm, und der Busch raschelte. Er wußte,
daß sie es gehört und vielleicht sogar gesehen hatten. Jetzt blieb ihm sogar
noch weniger Zeit, als er sich flach auf die Mauerkrone legte. Er warf das
rechte Bein hinüber, tastete an den Steinen nach einem Halt für die Füße, fand
eine Stelle und stellte den Fuß darauf, als er das linke Bein nachzog und die
Bewegung wiederholte. Die Steine waren eisig kalt und schlüpfrig. Er zwang
sich, erst die eine und dann die andere Hand von der Mauerkrone zu nehmen und
an deren Seite auch für die Hände einen Halt zu finden. Und da hockte er, als
die Jungs näher kamen, und klammerte sich an die eisige Felsmauer. Seine Hände
zitterten vor Anstrengung, und seine Finger brannten vor Kälte. Eine wirklich
lächerliche Stellung, als der Schwerfällige als erster die Stelle erreichte
und langsam, ja fast träge den Kopf über die Mauerkrone hob, um zu sehen, was
er sehen konnte.
    Sie blickten einander eine Sekunde lang an, dieser namenlose Killer
und Walter, und wechselten einen törichten Blick, bevor Walter mit der Hand den
Halt verlor, sich mit den Füßen abstieß und hoffte, daß es nicht allzuweit bis
zur Erde war.
    Es waren nur rund viereinhalb Meter, doch es waren viereinhalb Meter
senkrechter Dunkelheit, die ihm das Leben retteten, als er auf der rechten
Spielhälfte des darunterliegenden Softball-Felds landete. Er schaffte es,
seinen Sturz fast völlig mit den Füßen abzufedern. Es fiel ihm noch rechtzeitig
ein, sich zur Seite zu wälzen, obwohl sein linker Knöchel von da an beim Tennis
seine Schwachstelle sein würde. Er machte eine Rolle rückwärts und landete mit
einem würdelosen Plumpsen. Feuer brannte ihm im Rücken, als ihm die Luft aus
den Lungen gepreßt wurde. So lag er hilflos eine ganze Ewigkeit da, wie ihm
schien, bis er endlich davonkriechen konnte.
    Die Jungs hatten keine Lust gehabt, in die Dunkelheit zu springen. Sie
standen oben auf der Mauerkrone und versuchten ihn zu entdecken, konnten es
aber nicht. Unten kroch Walter am Fuß der Mauer weiter und erhob sich dann zu
einer Art kauerndem Gang wie bei einem Prä-Hominiden und arbeitete sich langsam
downtown vor, bis er einen Tunnel fand, der vom Westside Highway wieder auf den
Riverside Drive führte.
    Er hörte, wie hinter ihm einer der Männer klatschend auf dem harten
Boden landete, und konnte nur annehmen, daß der zweite oben parallel zu ihnen
zu laufen versuchte. Wenn er es schaffen konnte, in den Tunnel zu kommen, bevor
sein Verfolger ihn einholte oder der andere einen Schußwinkel fand, würden sie
ihn vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher