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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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»Du solltest es wissen.«
    Ihre grauen Augen füllten sich mit Tränen. »Himmel,
Walter, du hast doch nicht...?“
    »Sie getötet?« fragte er. Er schüttelte den Kopf.
»Aber danke für die Frage.“
    »Es tut mir leid.«
    »Himmel, das sollte es nicht«, sagte er. »Ich würde sagen, angesichts
der Umstände war das eine durchaus vernünftige Frage.«
    »Könntest du bitte mit diesen Sticheleien aufhören?«
    »Nein, ich glaube nicht, daß ich das kann.«
    »Die Beherrschung verlieren...«
    Er gluckste. »Das definitiv nicht.«
    »Es ist die Art, wie du Menschen bestrafst.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Verdammt, ich hatte einen Grund für das, was ich getan habe!«
    »Das weiß ich!« rief er
zurück. »Ich aber auch!“
    »Meinen kenne ich«, sagte sie. »Was ist deiner?“
    »Ich...«
    »Was?« fragte sie. »Sag's mir. Sag's mir. Was ist dein 260
    Grund, Walter? Was läßt dich weitermachen? Was sorgt dafür, daß du
immer mit blitzblank geputzten Schuhen und ordentlich gebundener Krawatte
rumläufst und dieses fröhliche, überlegene Lächeln im Gesicht hast? Was ist
das Geheimnis? Wie sieht der Traum aus? Was läßt dich nachts schreien?«
    Du, dachte er. Du tust das.
    »Keine Antwort?«
    »Theo wartet unten auf dich«, sagte er.
    »Du denkst wirklich an alles, Walter«, sagte sie. »Du arrangierst
sogar meine Fahrt mit der Contessa. Was passiert dann, Walter? Werde ich
plötzlich krank, und dann kommt der Arzt nicht?«
    »Ich finde, du solltest bei ihr bleiben, bis...«
    »Bis sie kommen und mich holen?« fragte sie. »Wer wird es sein? Die
Cops? Das FBI? Keneallys Schläger?«
    »Anne...«
    »Du?«
    »Anne...«
    »Je ne regrette rien«, sagte sie. »Anders als du, teurer
Walter, kenne ich meine Gründe. Ich weiß, was ein Mensch in dieser Welt tut.«
    »Ich weiß.«
    Als sie in der Tür stand, sagte sie: »Nein, das weißt du nicht. Du
hältst dir nur die Nase zu, schnürst deine Schuhe und marschierst los.«
    »Vielleicht ist es das, was ein Mann tut.«
    »Ein Angestellter.«
    Der gute Angestellte.
    Sie warf sich den Schal mit einer bewußt theatralischen Gebärde um den
Hals und sagte: »Nun, Rick, wenigstens werden wir immer Paris haben.«
    »Je t'aime«, sagte er.
    Doch da war sie schon aus der Tür.
    McGuire schlief natürlich nicht. Er war auf, dampfte geradezu vor
Dexedrine und zeigte sich tatsächlich kaum überrascht, als er die Tür
aufmachte und einen zerzausten, zerkratzten und gequälten Walter Withers dort
stehen sah.
    »Hartes Spiel, Mann«, sagte McGuire. »Ich bin erledigt.«
    Walter schüttelte den Kopf. »Ich habe auf einen Sieg Baltimores mit
fünf Punkten oder mehr gesetzt.«
    »Sie haben gegen die eigene Mannschaft gewettet?!«
    »Sie glauben an Poesie«, sagte Walter. »Ich glaube an Trap Blocks.«
    »Mann, du lieber Himmel.«
    »Damit sind Sie bei Martino vom Haken.«
    McGuire stand mitten im Zimmer, schüttelte den Kopf und kratzte sich
das Haar. »Gott im Himmel, Mann.«
    »Tun Sie mir einen Gefallen?« fragte Walter.
    »Jeden.«
    Walter zog die braune Papiertüte aus seinem Mantel und reichte sie
McGuire.
    »Bewahren Sie das hier nur ein paar Tage für mich auf«, sagte Walter.
»Ich werde es wieder abholen.«
    McGuire machte eine Sekunde ein zweifelndes Gesicht, schüttelte den
Kopf und sagte: »Wenn das Pot ist, Mann...«
    McGuire nahm das Päckchen an sich, die Tonbänder von Senator Joseph
Keneallys Rendezvous mit der armen toten Marta Marlund, schwedischem Starlet
und sowjetischer Spionin, die Tonbänder, die Marta Anne gegeben hatte und Anne
Alicia, und stopfte sie unter seine Matratze.
    Dann musterte er Walter mehrere Sekunden lang und sagte wieder: »Sie
wetten gegen Ihre eigene Mannschaft?«
     
    Als er in jener Nacht träumte, entglitt Anne seinem Griff und stürzte
vom Felsen in das schwarze Wasser. Doch in diesem neuen Traum befand er sich
nicht auf der Klippe darüber, sondern unten auf dem Felsen mit ihr. Er wachte
auf, als sich die nächste Woge erhob und auf ihn zustürzte.
     
    But Not For Me
    Montag, 29. Dezember 1958
     
    Pünktlich um sieben Uhr kam Walter im Büro an.
    »Guten Morgen, Mr. Withers«, sagte Mallon.
    »Das wünsche ich Ihnen auch, Mr. Mallon.«
    Der Portier gab Walter seinen Kaffee und den Kopenhagener und
bemerkte: »Sie sehen heute ein wenig müde aus, Mr. Withers. Eine harte Nacht?«
    »Das könnte man sagen«, gab Walter zurück.
    »Eine Schande mit den Giants.«
    »Haben Sie das Spiel gesehen?«
    Mallon schüttelte den Kopf. »Nur im Fernsehen.

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