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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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meinem
Lieutenant ins Büro gerufen. Er weist mich an, Marlund als klaren
Selbstmordfall abzuhaken. Und ich sage so etwas wie >Nicht so schnell,
Lieutenant<, worauf er so etwas sagt wie >schneller<. Also gehe ich
wieder an meinen Schreibtisch und bin ein wenig verstört, weil ich mich frage,
was die verdammte Eile soll, und dann trinke ich eine Tasse Tee und schlage die
Zeitung auf und sehe Sie. Ich gehe los, besorge mir das Negativ, und jetzt
fange ich allmählich an zu verstehen, weshalb die Sache so eilig ist. Sie haben
mich reingelegt, Walter.«
    »Tut mir leid.«
    Zaif schüttelte den Kopf.
    »Warum antworten Sie heute morgen so einsilbig, Walter?«
    »War nicht beabsichtigt«, erwiderte Walter, weil er nicht anders
konnte.
    »Wie kommt es also, daß sie mit Joe Keneally und/oder Madeleine
Keneally bekumpelt sind?«
    »Meine Mutter kennt Madeleines Mutter«, sagte Walter. »Ich vermute,
daß sie am Telefon geplaudert haben und daß Mrs. Keneally sagte, Madeleine
werde für kurze Zeit in New York sein, und da muß meine Mutter gesagt haben,
daß sie mal ihren Sohn Walter besuchen soll, und ich nehme an, daß Madeleine
mich zu ihrer Weihnachtsparty eingeladen hat, damit ihre Mutter nicht weiter an
ihr herumnörgelt.«
    Weil ich mir vorstellen kann, daß du ohnehin schon alles über die
Party im Plaza weißt, dachte Walter. Er fuhr fort: »Und so habe ich Madeleine
und Senator Keneally ebenfalls einen Abend eingeladen, um ihre Einladung zu
erwidern, damit sich meine Mutter nicht wegen meiner schlechten Manieren
schämt.«
    »Ihre Mutter kennt Madeleine Keneallys Mutter«, sagte Zaif.
    »Sie sind zusammen zur Schule gegangen.“
    »In welche Schule?“
    »Ethel Walker.«
    Zaif sagte: »Jetzt passen Sie mal auf, meine Mutter
kennt die Mutter von Jerry Lewis.“
    »Wirklich?«
    »Aber ich bin ihm noch nie begegnet«, sagte Zaif.
»Wie schade.«
    »Das ist schon in Ordnung. Ich glaube nicht mal, daß er komisch ist.«
    »Die Franzosen lieben ihn«, fühlte Walter vor.
    »Die essen auch Schnecken«, erwiderte Zaif. »Entscheidend ist aber
folgendes: Ich glaube nicht, daß selbst Jerry Lewis mit ein paar Anrufen die
Untersuchung eines unerwarteten Todesfalls unterdrücken könnte.«
    »Wer weiß, vielleicht in Frankreich...«, sagte
Walter.
    Zaif sah aufrichtig zornig aus, als er sagte: »Aber mich bedrängt man,
Marlunds Tod als Selbstmord abzuhaken.«
    Er starrte Walter an, bis dieser sagte: »Mir rückt deswegen niemand
auf den Pelz, Detective.«
    »Aber Senator Keneally macht uns die Hölle heiß.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Dazu gehört nicht viel Phantasie«, sagte Zaif. »Joe Keneally
schüttelt seine hübschen roten Locken, und jeder Ire bei der Polizei macht sich
in die Hosen. Nun, ich bin kein Sohn der alten Scholle von drüben und marschiere
am St. Paddys Day auch in keiner Parade mit.«
    »Ja, darauf haben Sie schon hingewiesen«, erwiderte Walter.
    Zaif nickte mit dem Kopf, schob sich dann die Brille auf die Nase und
sagte: »Sie haben Marta Marlund nie gevögelt.«
    »Zum letzten Mal...«
    »Weil Sie homosexuell sind.«
    Walter hob ungläubig eine Augenbraue.
    »Als ich in Ihrer Wohnung war, habe ich ein Zündholzbriefchen aus dem
Good Night gefunden«, erklärte Zaif, »und gestern habe ich mich ein wenig
umgehört. Der Doorman dort kannte Sie gut.«
    Es gibt einen Gott, dachte Walter, und die Vergeltung kommt schnell.
    Zaif fuhr fort: »Sie sind am Sonnabend in der Hälfte aller
Schwulenkneipen Manhattans gesehen worden.«
    »Nur in der Hälfte? Der Tag kam mir aber länger vor.«
    »Folglich glaube ich nicht, daß Sie der Marlund mit Ihrem Lümmel auch
nur nahe gekommen sind«, fuhr Zaif fort. »Ich glaube, daß Sie für Joe Keneally
nur den Doppelgänger gespielt haben.«
    »Sie haben eine überreizte sexuelle Phantasie«, entgegnete Walter.
    Zaif stand auf, beugte sich über den Schreibtisch und sagte: »Also
scheiß auf Senator Keneally, scheiß auf meinen Lieutenant und scheiß auf Sie.«
    »Da haben Sie aber einen arbeitsreichen Tag vor sich, Detective«, gab
Walter zurück.
    Zaif drehte sich um und ging hinaus.
    Walter überlegte sich, was für Folgen das alles haben konnte, als die
Gegensprechanlage summte und er ins Büro von Forbes jr. bestellt wurde. Draußen
im Flur stieß er mit Jack Griffin zusammen.
    »Himmel, Walter«, stöhnte Griffin.
    »Könnten Sie sich etwas näher erklären, Jack?«
    Griffins Kaninchengesicht sah fast verweint aus, als er jammerte: »Es
ist so schrecklich, das

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