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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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grün getönten Fenstern und Blick über den East River bis Queens. Es gab nur eine Tür. Meiner Erfahrung nach teilten die Reichen gar nichts – nicht einmal den Flur in einer besseren Mietskaserne.
    Twill suchte noch nach einer Klingel, als die überdimensionierte, hellgrüne Tür nach innen aufschwang. Dahinter stand eine Frau, die ein praktisches schwarzes Kleid trug, nur von einem schmalen weißen Kragen aus sittsamer Spitze verziert. Sie war Mitte vierzig, attraktiv und hatte dieselbe Hautfarbe wie Velvet Reyes. Wir waren exakt gleich groß. Wie üblich freute mich das.
    »Mr. McGill?«, fragte sie mit dem Hauch eines puertoricanischen Akzents.
    Ich nickte.
    »Kommen Sie rein«, sagte sie, ohne zu lächeln. »Folgen Sie mir.«
    Das runde Foyer hatte einen Durchmesser von circa sechs Metern und war drei Stockwerke hoch, ohne Treppe oder Verzierung, an der Decke befand sich ein kuppelartiges Oberlicht. Mit dieser schlichten Geste sagte der Architekt, dass die Natur jedes menschliche Bemühen übertrumpfte, den Eingangsbereich eines Familiendomizils zu weihen.
    Wir folgten dem Hausmädchen in einen Raum, dessen Decke nur knapp sieben Meter hoch war. Beherrscht wurde die Kammer von der dunklen Metallskulptur zweier Ringer, die mit allergrößter Wahrscheinlichkeit von Rodin war. Dieser Raum war fensterlos und hatte kohlegraue Wände. Die einzigen Lichtquellen waren gelbe Spots, die die Glanzpunkte der ausgestellten Skulptur beleuchteten. Mir selbst überlassen hätte ich angesichts dieser Erhabenheit gut eine Stunde vertrödeln können, doch unsere Führerin drängte weiter.
    Wir kamen in ein tiefer liegendes Wohnzimmer samt Glaswand mit Blick über einen gepflegten Garten, der seinerseits den Blick über den Fluss freigab. Der Raum war groß und kubisch mit vier identischen blauen Sofas, die sich um einen Couchtisch – eine Massivglasplatte auf vier glänzenden goldenen Kugeln – gegenüberstanden. In die dicke Kristallplatte eingelassen war ein fünfzehn mal zwanzig Zentimeter großes, blaues Gemälde eines Schwarzen, der auf einem bizarres Blasinstrument spielte. Er saß auf einem Stuhl in einem schrägen Zimmer. In der Ecke lehnte traurig ein Besen. Das war ein unbekannter Picasso.
    »Nehmen Sie Platz«, sagte die Frau. »Die Mycrofts kommen gleich.«
    Wir setzten uns nebeneinander auf das Sofa mit dem Rücken zum Fluss. Ich beugte mich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie, während Twill sich zurücklehnte. Trotz oder vielleicht auch wegen meines Klassenbewusstseins war ich beeindruckt von dem Ölgemälde im Glas. In dieses Monument des Wohlstands war eine Menge gutes Geld geflossen.
    »Hallo«, sagte ein Mann mit einem modulierten Tenor.
    Er war (natürlich) groß und athletisch. Seine sommersprossige Haut war braun gebrannt, nicht aus Eitelkeit, sondern weil er Sport im Freien trieb. Er trug eine Khakihose und ein hellgrünes Baumwollhemd. Seine Füße steckten in Mokassins aus rotbraunem Leder, und sein Haar war onyx- und silberfarben in Abgrenzung zum ordinären melierten Grau.
    Hinter Shelby Mycroft betrat eine große weiße Frau den Raum. Sie war etwa fünfundvierzig Jahre alt, zehn Jahre jünger als er, und wirkte noch jünger – Ergebnis von Schönheitsoperationen und teuren Spa-Behandlungen. Ihr Haar tendierte ins Blonde, und die Metallkugel, die an einer unglaublich dünnen Kette um ihren Hals hing, war aus Platin, nicht aus Silber. Ihr Kleid war von einem schimmernden Grau und reichte bis zur Mitte ihrer Wade. An ihre Augenfarbe erinnere ich mich nicht. Das lag wahrscheinlich daran, dass unsere Blicke sich selten trafen.
    Twill und ich standen beide auf.
    »Ich bin Mr. Shelby Mycroft«, sagte der Mann und streckte die Hand aus. »Das ist meine Frau, Mrs. Sylvia Mycroft.«
    Damit waren die Grenzen gezogen. Ich lächelte über diese möglicherweise unbewusste Klassenstrategie und gab dem Mann die Hand. Twill nickte, und wir setzten uns beide wieder. Die Mycrofts ließen sich auf dem Sofa zu unserer Rechten nieder und lächelten reserviert.
    »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, fragte Sylvia.
    »Wasser«, sagte ich.
    »Für mich nichts, danke«, fügte Twill hinzu.
    Sie stand auf, verließ kurz den Raum und kehrte zurück, bevor ihr Mann zur Sache kam.
    »Wir hatten erwartet, dass Sie alleine kommen, Mr. McGill«, sagte Shelby Mycroft, ein unaufrichtiges Lächeln zart auf die Lippen geätzt.
    »Nachdem Breland mir das Problem erläutert hat, habe ich meinen Partner Mathers

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