Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
anzugreifen. Ich leerte mein Glas. Katrina griff hinter sich über das Sofa hinweg und präsentierte eine neue Flasche Cognac, aus der sie mein Glas nachfüllte.
»Ich habe Liebe gesucht«, sagte sie und starrte mit ihren saphirblauen Augen in meine dunkelbraunen.
Zu sagen, ich hätte eine beginnende Erektion gespürt,wäre eine grobe Untertreibung gewesen. Diese biologische Reaktion war schockierend für mich, aber nicht für Katrina. Sie blickte auf das Zelt meiner Hose, rutschte ein Stück näher heran und legte ihre Hand darauf.
»Ich hab dich da geküsst«, sagte sie. »Ich hab deinen Namen geschrien.«
Ihr Griff wurde fester, und ich dachte daran, ihre Hand wegzustoßen. Stattdessen trank ich noch einen Schluck. Katrinas Hand wanderte zu meinem Bauchnabel hoch und wieder nach unten.
»Willst du so kommen?«, flüsterte sie. »Wie ein Teenager bei einem Date mit einem Mädchen, das jeden ranlässt.«
»Hmmmmmmm.«
»Oder soll ich dir zeigen, was ich mit meinen Liebhabern gemacht habe? Willst du mich gleich hier auf der Couch nehmen?« Ihre Stimme wurde kräftiger. »Willst du auf die Knie gehen und die Pussy lecken?«
»Was …?«, fragte ich.
»Was hast du gesagt?«, fragte sie zurück. Sie beugte sich über mich und gab mir einen feuchten Kuss.
»Was hast du gemacht?«, fragte ich. »Mit ihnen.«
Ich wusste es bereits. Einer ihrer Ex-Freunde hatte einen Detektiv engagiert, um Fotos von ihr und ihrem neuen Mann zu machen. Der abgewiesene Lover schickte mir die Fotos und erwartete, dass ich Rache üben würde. Stattdessen drohte ich ihm und packte die Bilder in meinen Safe.
Aber zu hören, wie sie es mir erzählte, war besser als alle Fotos. Dass sie mich in Position brachte und meine Männlichkeit ermutigte, war genau das, was ich in diesem Moment brauchte.
Ich glaube nicht, dass Katrina mir helfen wollte. Sie war einfach wütend auf das Leben und rächte sich an der Welt, indem sie mich verführte. Es ergab keinen Sinn, aber ich dachte ja auch gar nicht …
»Sollte ich nicht ein Kondom benutzen?«, erinnerte ich mich, irgendwann gefragt zu haben.
»Das brauche ich nicht mehr«, flüsterte sie mir ins Ohr.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, sah ich die leere Cognacflasche auf dem Nachttisch. Die nackte Katrina lag halb über, halb unter der Decke auf dem Rücken und schnarchte. Die Erektion vom Abend zuvor erwachte wieder, doch diesmal war ich nüchtern genug, sie zu ignorieren.
Ich sprang aus dem Bett und verließ das Zimmer, mit einem Handtuch um die Hüften für den Fall, dass eins unserer Kinder in der Nacht zurückgekommen war.
Eine weitere kalte Dusche, dann war ich aus der Tür und auf der Straße. Ich fühlte mich wie ein jüngerer Mann mit Kater. Mein Schwanz wartete auf einen beliebigen Vorwand, während meine Gedanken ohne Sinn und Verstand von hier nach dort schweiften.
Ich ging in einen schmierigen Imbiss in der 71 st Street und bestellte gebratene Schweinerippchen und ein Omelette mit amerikanischem Käse und Knoblauch. Zusammen mit den Bratkartoffeln, dem hellen Toast und der Traubenmarmelade führte das meinem Organismus genug Gift zu, um meine tobenden Hormone wieder zu beruhigen, geweckt von einer Frau, die, wie ich jetzt begriff, von ihrem Lebenswandel überwältigt war.
27
Beim Gehen konnte ich am besten nachdenken, obwohl ich mich manchmal fragte, ob ich mit den Scheuklappen einer Büroparzelle um mich herum nicht besser dran gewesen wäre, vor mir ein Monitor mit einem Solitaire-Spiel – und ich hätte nur die nächste Karte und die Frage im Sinn, ob der Boss unvermutet vorbeikommen würde.
Ich hatte kein schlechtes Gewissen, nicht direkt. Ich empfand eher eine Art Unbehagen, mit meiner Frau geschlafen zu haben, weil mich meine Ex-Freundin gerade gebeten hatte zurückzukommen. Das ganze Problem kam mir belanglos vor, ja, sogar kindisch. Aber ich wusste, dass die Beunruhigung über eine betrunkene Orgie mit meiner Frau eigentlich nur eine Art Denkschutz war, um die von mir verursachten Morde auszublenden. Stumpy Brown, Bingo Haman, vielleicht weitere – und da würde garantiert noch mehr kommen.
Während ich zusammen mit Künstlern, Geschäftsmännern und -frauen und Obdachlosen die 10 th Avenue entlanglief, versuchte ich, mir diesen Schreibtischjob auszumalen. Wenn es das Schlimmste wäre, was mir im Leben passieren könnte, dass ich gefeuert wurde, weil ich ein Hänger war, ersetzt von einem besser ausgebildeten Hindu aus Mumbai, würde ich mich glücklich
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