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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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fragte Zella Grisham.
    »Ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass ich die Namen der Leute habe, die Ihr Baby adoptiert haben.«
    »Ich möchte sie sehen.«
    »Das weiß ich. Aber nach dem Gesetz haben Sie kein Recht dazu, deshalb muss ich mit den Leuten reden, bevor ich Sie zusammenbringe.«
    »Dann reden Sie mit ihnen.«
    »Erst mal muss ich zusehen, dass Rutgers Sie in Ruhe lässt und die Bullen mich.«
    »Die sind mir egal.«
    »Mir zu Ihrem Glück nicht. Aber wo ich Sie gerade am Apparat habe, können Sie mir etwas sagen?«
    »Was denn?«
    »Was für eine Frau war Ihre Ex-Freundin Minnie Lesser?«
    »Ich möchte nicht über sie sprechen«, sagte Zella.
    »Sie wollen, dass ich Harry finde, und dann binden Sie mir die Hände?«
    »Was hat sie denn mit ihm zu tun?«
    »Keiner von beiden hat beim Prozess gegen Sie ausgesagt. Damit stecken die beiden in mehr als einer Hinsicht unter einer Decke.«
    »Sie war bloß ein Mädchen wie ich«, sagte Zella. »Nichts Besonderes.«
    »Was hat sie beruflich gemacht?«
    »Sie war Sekretärin.«
    »Was für eine Sekretärin?«
    »Ich weiß nicht mehr. Sie hat in einem Büro in Midtown gearbeitet. Davor war sie bei einer Zeitarbeitsfirma. So haben wir uns kennen gelernt. Sie hat als Vertretung in der gleichen Anwaltskanzlei gearbeitet wie ich. Ich hab sie mit Harry bekannt gemacht. Wir waren einmal abends zu dritt essen.«
    »War sie korrupt?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Kam sie Ihnen vor wie die Frauen aus dem Gefängnis? Würde sie zum Beispiel ihren Arbeitgeber bestehlen?«
    »Sie und mein Freund haben mich betrogen.«
    Ich hörte ein tiefes Murmeln im Hintergrund.
    »Einen Moment bitte«, sagte Zella.
    Kurz darauf meldete sich eine Männerstimme.
    » LT «, sagte Johnny Nightly.
    »Hey, Johnny«, sagte ich und sah auf die Uhr. Es war schon nach zwei. Das sagte mir mehr als alle männliche Prahlerei.
    »Was ist bei dir los gewesen?«, fragte er.
    Ich erzählte es ihm.
    »Ist das ein anderer Fall?«, fragte er.
    »Nein. Das hat direkt mit Rutgers zu tun. Du solltest die Zelte abbrechen und sie an irgendeinen Ort bringen, von dem ich noch nie gehört habe.«
    »So schlimm?«
    »Die haben die Tür zu meiner Wohnung aufgebrochen, Mann. So nahe war ich dem Tod noch nie.«
    Tatyana saß anmutig und hinreißend auf dem Sofa neben ihrem großen Buch. Sie wirkte nachdenklich und ernst.
    »Sag mir etwas, Tatyana.«
    »Ja, Leonid?«
    Ich stutzte, leicht perplex, meinen Vornamen aus ihrem Mund zu hören.
    »Du hast eben gesagt ›der Sohn meiner Frau‹«, begann ich neu. »Was hast du damit gemeint?«
    »Es ist offensichtlich, dass Dimitri Ihr einziges, wie sagt man, Ihr einziges leibliches Kind in diesem Haus ist.«
    Kein Außenstehender hatte je zuvor mit mir darüber gesprochen. Ein Leben lang hatte ich meinen Kindern erklärt, dass sie meine seien. Wenn man eine Lüge lebt, glaubt man irgendwann, man hätte alle für dumm verkauft, aber vielleicht, dachte ich, war ich der einzige Dumme.
    Tatyana stand auf und küsste mich auf die Wange.
    »Gute Nacht«, sagte sie.
    Ich sah ihr nach und hatte das Gefühl, dass vielleicht doch alles gut werden würde, für sie und auch für Dimitri.
    Als ich wieder ins Foyer kam, war Tatyana verschwunden, und man konnte Katrinas Schnarchen im gesamten unteren Bereich unserer Wohnung hören. Ich nahm an, dass sie sich im Schlaf umgedreht hatte und nun noch schwerer atmete. Anstatt mich zu ihr zu legen, holte ich mir einen Stuhl in den Flur, döste abwechselnd an die Wand gelehnt oder hielt im Stehen Wache.

45
    Um zehn vor fünf am frühen Morgen war es eher Schlafen als Wachen. Die Uhrzeit wusste ich, weil ich sie vom Display meines Handys ablas, als ich dranging.
    »Leonid«, sagte der Anrufer, als ich, zu müde, auch nur Hallo zu sagen, grunzte.
    »Breland?«
    »Was zum Teufel geht da vor?«
    »Bist du in Sicherheit?«
    »Ja, ja, bin ich. Aber ich bin früh aufgestanden und habe meinen Auftragsdienst angerufen. Ich hatte eine Nachricht von Shelby Mycroft.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Das weißt du nicht mal?«
    »Ich hab keine Lust auf Quizspielchen, Mann. Sag entweder was oder leg verdammt noch mal auf.«
    »Kent ist verhaftet worden.«
    »Was wirft man ihm vor?«
    »Verschwörung, Mord, Bandenkriminalität und ein Dutzend andere Straftaten.«
    »Und was hab ich damit zu tun?«
    »Der leitende Beamte bei der Festnahme war Carson Kitteridge.«
    »Oh.«
    »Also frag ich dich noch mal – was geht da vor?«
    »Ich … ich weiß nicht genau. Ich hab nicht

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