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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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zu.
    »Ich habe keine Angst vor einem Kampf, Mr. McGill.«
    »Das sollten Sie aber.«
    »Verraten Sie mir was.«
    »Was denn?«
    »Die Person, mit der Sie hierhergekommen sind, war sie weiß?«
    »Es war eine schwarze Frau«, sagte ich. »Ehrlich gesagt erinnern Sie mich in vielerlei Hinsicht an sie.«
    »Was ist mit ihr geschehen?«
    »Sie wurde ermordet.« Eine Faser meines Zwerchfells zuckte.
    »Haben Sie sie geliebt?«
    »Nicht genug.«
    »Ich habe schwarze Männer aufgegeben«, sagte Antoinette, als wäre das irgendwie ein logischer Gesprächsanschluss.
    »Mögen Sie uns nicht?«
    »Nein, das ist es nicht. Ich finde schwarze Männer unendlich attraktiv und interessant. Aber sie führen mich zurück an einen Ort, den ich nicht noch einmal besuchen möchte.«
    »Vielleicht unten in Alabama«, sagte ich. »In NewYork bringen wir Sie vielleicht bis in die Zeit der Romantik.«
    »Ich werde darüber nachdenken, was Sie gesagt haben … über den Raubüberfall. Ich schau mir die Sache noch mal ein bisschen genauer an und melde mich, wenn ich feststelle, dass Sie die Wahrheit sagen.«

44
    Zwei Blocks von unserer Wohnung entfernt meldete sich mein Handy mit einem strengen Ton.
    »Hallo?«, sagte ich, als würde ich den Anrufer nicht kennen.
    »Ich habe heute über dich in der Zeitung gelesen.«
    »Wir kriegen alle unsere fünfzehn Minuten«, erwiderte ich.
    »Das ist okay, wenn es nicht die letzten fünfzehn Minuten deines Lebens sind.«
    »Sie waren aus Osteuropa«, erzählte ich Hush, »und sie meinten es verdammt ernst.«
    »Willst du, dass ich in der Sache was unternehme?«
    »Ich komme vielleicht darauf zurück.«
    Die Wohnung war dunkel und still, als ich nach Hause kam. Das einzige Licht schimmerte durch die offene Tür und die drei Schusslöcher in der Wand von Shellys Zimmer. Sie schlief, neben sich auf dem Bett ein Taschenbuch. Ich machte das Licht aus und kehrte in den Flur zurück. Dann bemerkte ich den blassen Schimmer, der aus dem kleinen Zimmer zur Straße drang.
    Tatyana lag in einer Ecke des Sofas zusammengerollt und las einen fetten Wälzer. Als ich hereinkam, blickte sie leicht verschlafen auf.
    »Was liest du?«, fragte ich.
    Sie hielt das Buch so, dass ich den Titel auf dem Umschlag lesen konnte: Historische Aspekte der Globalisierung .
    »Okay, angebissen. Wie lange gibt es die Globalisierung?«
    »Seit es Flüsse gibt und Menschen, die am einen oder anderen Ufer leben«, sagte sie und offenbarte eine Seele, die viel älter war, als das Mädchen wirkte.
    »Auf wessen Seite bist du, Tatyana?«
    Das Lächeln, das meine Frage provozierte, war ein klarer Beleg dafür, warum ich mir berechtigte Sorgen um Dimitris Herz machte, sowohl ganz real als auch metaphysisch.
    »Er ist gekommen, als ich in Schwierigkeiten steckte«, sagte sie. »Dafür hat er alles aufgebraucht, was er besaß, und er hat mir nie Vorwürfe gemacht, dass ich bin, wer ich bin. Das hat er einmal hier getan und dann noch einmal, als ich weggegangen war.«
    Ich setzte mich neben sie auf das Sofa.
    »Du weißt, dass ich Menschen nicht be- oder verurteile, richtig?«, sagte ich.
    »Wie sollten Sie auch?«
    »Leute wie wir kommen nicht oft dazu zu sagen, was wir denken. Dafür ist das, was wir wissen, zu anstößig.«
    »Das ist wahr.« Sie klappte das Buch zu.
    »Wenn ich dir also sagen würde, dass es wahrscheinlich einige Männer gegeben hat, die gekommen sind und dich gerettet haben, wäre das keine Lüge, oder?«
    »Ich habe immer einen starken Mann gesucht wie Sie oder den Sohn Ihrer Frau – Twill. Eine Frau braucht einen starken Mann – habe ich geglaubt.«
    »Und jetzt?«, fragte ich.
    »Dimitri liebt mich.«
    »Ja.«
    »Bevor ich ihn kennen gelernt habe, dachte ich, Liebe ist wie Geld oder sogar selbst eine Währung. Ich geb dir, du gibst mir. Doch dann habe ich D verlassen, und er ist trotzdem gekommen. Er war nicht stark und nicht reich genug, aber er war da. Er sah so albern aus in seiner Cargo-Hose und seinem weißen T-Shirt, dass ich beinahe gelacht hätte, als ich ihn gesehen habe. Es war, als würde man einen albernen Zauberer aus einem Kinderbuch sehen.«
    »Und was bedeutet das für meinen Sohn?«
    »Ich werde bleiben, bis der Zauber weg ist.«
    Mein summendes Handy unterstrich die harte Wahrheit.
    »Entschuldige«, sagte ich und stand auf. Ich war müde, sehr müde.
    »Hallo?«, sagte ich im Flur, der zum Foyer unserer großen Vorkriegswohnung führte.
    »Haben Sie Harry oder meine Tochter gefunden, Mr. McGill?«,

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